Ach ja, ich kann mich noch so gut erinnern. Wie war das noch damals im September 2016?

„Ich habe schon gezuckt, aber vor Freude. Hamburg ist ein Brett, es ist ein wahnsinnig geiler Club. Wir müssen die Stimmungslage verändern, darauf habe ich totale Lust“ (Gisdol am 26.09.2016)

Ja, darauf hätte ich auch total Lust gehabt. Wenn man die „Stimmungslage“ verändert hätte, die Mannschaft entwickelt hätte, junge Leute eingebaut hätte und vor allem nicht ständig rum gejammert hätte. Denn was gestern noch „ein Brett“ war, ein „wahnsinnig geiler Club“, das ist heute eine beständige Zumutung.

„Die ersten acht Monate in Hamburg haben sich für mich wie eine unglaublich lange Zeit angefühlt, es gab so viele extreme Ereignisse, die passen normalerweise vielleicht in fünf Jahre“. Ich möchte das nicht noch mal erleben, bin aber auch froh über diese Erfahrung.“ (Gisdol im Kicker am 30.07.2017)

Ach, echt jetzt? Abstiegskampf ist anstrengend, wer hätte das gedacht.

„Es gab Situationen, die fast nicht auszuhalten waren, die ich als unzumutbar empfand. Jeder, der Extremsituationen kennt, der weiß, wie sehr die Lebensqualität darunter leidet. Ich habe sicher etwas über meine Belastbarkeit gelernt.“ (Gisdol im Kicker am 30.07.2017)

Und weil sie absolut nicht mehr auszuhalten waren, hat der Mann – schwupps – einfach mal seinen Vertrag verlängert. Wahrscheinlich, damit die Lebensqualität auch weiterhin leidet.

In der Folge dieses Gesprächs spricht der Mann mit der immer gleichen Frisur von der unfassbaren Erwartungshaltung in Hamburg und zum gefühlten 4.732 Mal frage ich mich, wovon der eigentlich labert? Welche Erwartungshaltung denn bitte? Die sogenannten Fans sind doch schon froh, wenn man nicht jeden Spieltag auf die Mütze kriegt und irgendwie der Abstieg vermieden wird. Oder meint er etwa die Erwartungshaltung durch die Medien, die den Verein wie ein zweites HSV.de durch die Saison begleiten? Sorry Herr Gisdol, aber in Hamburg existiert sowas wie eine realistische Erwartungshaltung schon seit Jahren nicht mehr.

Stattdessen bekommt Kühnes best buddy seine Wunschspieler auf dem Tablett (Mavraj, Papadopoulos, Hahn, Pollersbeck, Wood-Verlängerung), aber das Gejaule hält an. Warum wohl? Nun, wenn man immer wieder erklären kann, wie schwierig es in in Hamburg doch ist (trotz „Gönner“ und trotz Investitionen von knapp € 120 Mio. in 3 1/2 Jahren), hält man sich immer schön die Tür für die nächsten Misserfolge auf. Und die Mannschaft wird dies natürlich registrieren und denken: „Hey, von uns wird doch gar nichts erwartet. Ist doch alles so super-schwer hier, sagt doch sogar der Coach“

„Ich habe mich bewusst für Hamburg entschieden“, sagt Gisdol auf die Nachfrage zu den parallelen Verhandlungen mit Werder Bremen. „Die Strahlkraft von Hamburg und vom HSV speziell“ sei ein großer Faktor gewesen.

„Ich finde die Mannschaft unheimlich spannend“. (Gisdol im September 2016)

Werter Herr Gisdol, jedes Jahr beenden 25 angehende Fußball-Lehrer den Kurs an der Sporthochschule Köln, so wie sie es vor Jahren auch einmal getan haben. Ein schöne Spruch lautet: „Wem es in der Küche zu heiß ist, sollte nicht Koch werden“. Also tun sie endlich etwas für ihr Geld oder gehen sie und machen den Platz frei.