Viel Zeit hatte Heribert Bruchhagen am Dienstagmittag nicht. „Hat jemand Jens Todt gesehen?“, fragte der gehetzt wirkende HSV-Chef, als er um kurz vor 12 Uhr auf der Suche nach dem Sportchef durch den Bauch des Volksparkstadion eilte… (Abendblatt)

Als ich diese Zeilen am Mittwoch im Abendblatt las, brach ich dann endgültig zusammen. Zwei Tage vor dem Deadline Day sucht der Vorstandsvorsitzende, der nur Fragen beantwortet, die ihm „zustehen“ und der gern „unaufgeregte Briefe“ an die DFL schicken möchte, nach seinem Sportchef. Der Eindruck, der mir nicht erst seit dem 30.08.2017 kommt: Da weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut oder noch schlimmer – die linke Hand weiß nicht mal, wo die rechte ist. Wundern allerdings sollte man sich im Volkspark über nichts mehr.

Apropos „unaufgeregte Briefe“. So locker weggrinsen geht dann wohl doch nicht, denn die DFL möchte wohl scheinbar etwas genauer wissen, was es mit dem Einfluss des Herrn Kühne auf das operative Geschäft (Verboten durch 50+1) auf sich hat. Heribert hat das registriert und will nun mittels eines Rechtsgutachtens den Beweis antreten, dass KlauMi zwar viel redet, aber nichts bestimmt. Könnte eine Herkules-Aufgabe für den armen Rechtsgutachter werden, denn wie möchte man anhand irgendwelcher juristischer Kniffe das Gegenteil dessen beweisen, was die unmittelbar beteiligten Personen in die Mikrophone gehustet haben? Ich erinnere gern:

„Wir schlagen Herrn Kühne Spieler vor“. Frage: „Und wenn er die ablehnt“ „Dann kommen eben andere“ (Dietmar Beiersdorfer)

„Ich habe dem Verein zwar dafür kein Geld gegeben, aber ich habe ihm zu der Verlängerung geraten und gesagt, dass ich André Hahn nur finanziere, wenn ihr Wood haltet.“ (Klaus-Michael Kühne)

Eine hübsche Aufgabe für den beauftragten Juristen, zumal der Kicker in diesem Zusammenhang eindeutig titel:

Wood und Hahn: So macht Kühne Personalpolitk

(http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/startseite/704416/artikel_wood-und-hahn_so-macht-kuehne-personalpolitik.html)

Viel Spaß, denn besonders die Beweisführung dürfte spannend werden. Aber wahrscheinlich wird die Haus-Agentur KPMG mit dieser Geschichte beauftragt, die gleiche Agentur übrigens, die laut „Football Leaks“ eine Zweigstelle auf den British Virgin Islands unterhält, dem Ort, an dem so gut wie jede zweifelhafte Briefkastenfirma, die den Profis beim Steuerhinterziehen hilft, eine Niederlassung unterhält. Wie praktisch.

Aber, wie aufs Stichwort und als möchte der Mann unter Beweis stellen, dass er sehr wohl die Geschicke des Vereins leitet, ploppt gestern noch folgende Meldung hoch:

Schickte Kühne eine Wut-Mail an Gisdol?

Gerade hat sich die Lage um HSV-Investor Klaus-Michael Kühne („Die Luschen bleiben immer hier hängen“) wieder etwas beruhigt, da sorgt die nächste vermeintliche Enthüllung für Schlagzeilen. Wie die „Sport Bild“ erfahren haben will, soll der 80-Jährige nach dem Pokal-Aus in Osnabrück (1:3) eine Wut-Mail mit dem Betreff „Das Haus brennt lichterloh“ an Trainer Markus Gisdol geschrieben haben.

Der Coach, der ein gutes Verhältnis zu Kühne pflegt, soll umgehend geantwortet und zugleich eine Forderung gestellt haben. Dem Bericht zufolge soll Gisdol darin den Wunsch nach drei weiteren Neuzugängen geäußert haben: einen Links- und einen Innenverteidiger sowie einen Spielmacher, die nur mit der finanziellen Unterstützung des Milliardärs zu stemmen wären.

Unfassbar und doch so typisch HSV. Der Mann, der laut Vorstand keinerlei Einfluss nimmt, schickt Wut-Mails. Das ist im ersten Moment vielleicht sogar lustig, im zweiten jedoch offenbart es die tatsächlichen Verhältnisse innerhalb des Vereins, denn Kühne schickt nicht an Bruchhagen, Kühne schickt an Gisdol. Und Gisdol antwortet direkt, obwohl er erst vor Kurzem wegen seiner direkten Mailerei mit Kühne zum Rapport in den Vorstand berufen wurde. Was aber noch geiler ist: Eine Mail, die zwischen nur zwei Personen ausgetauscht wurde, findet ihren Weg in die Redaktion der Sportbild, wie konnte das denn passieren?

Transfer-Versagen, Wut-Mails, unauffindbare Sportchefs, übergangene Vorstandsvorsitzende, Korrespondenz-Leaks, Grabenkämpfe und und und. Was bin ich froh, dass im Gegensatz zu früher nichts mehr „nach außen dringt“ und dass alle an einem Strang ziehen 🙂 Jetzt fehlen nur noch zwei Niederlagen in Folge und die nächste Verletzung eines Stammspielers und der ganze Laden fliegt in die Luft.

Zum Schluss, das Letzte……

Haben Sie sich verzockt, Herr Todt? Die Antwort: „Nein, das haben wir nicht. Wir haben ein paar Optionen geprüft. Die waren wirtschaftlich aber nicht vertretbar. Wir lassen uns nicht von äußeren Erwartungen treiben und wollten nicht nur einen Spieler holen, um irgendetwas zu machen.“ Grundsätzlich ist der 47-Jährige mit den Sommertransfers zufrieden. Er sagt: „Wir haben unseren Kader verkleinert, gleichzeitig Mentalität und Qualität dazu bekommen.“ (Quelle: Mopo)

Wenn der Kauf eines Steifen Lidis wirtschaftlich nicht vertretbar ist, warum verhandelt man dann wochenlang und enteiert seinen einzigen Linksverteidiger? Ihr lasst euch nicht von „äußeren Erwartungen treiben? Ihr habt diese Erwartungen doch geweckt, du Voll-Schwätzer. Ihr habt den Kader verkleinert? Richtig. Ihr habt € 20 Mio. ausgegeben und ein Transferminus in Höhe von € 15 Mio. erwirtschaftet. Gleichzeitig habt ihr die Etatkosten gegenüber dem Vorjahr nochmal erhöht und wozu? Um den Kader zu verschlechtern und zu verkleinern. Aber dafür habt ihr ja jetzt die große „Mentalität“ im Kader. Mal gucken, wohin euch die Mentalität führt, wenn der Grieche wochenlang verletzt ausfällt und die Viererkette aus Diekmeier, Jung, van Drongelen und Sakai besteht. Ich freue mich drauf, ihr dämlichen Texter.

Es ist ein absoluter Wahnsinn, wie jetzt ein komplettes Versagen auf dem Transfermarkt (trotz Kühne-Kohle) wie vernünftiges Wirtschaften hingestellt werden soll.