Nein, keine Panik, dafür ist meine Profilneurose nicht ausgeprägt genug. Aber tatsächlich habe ich mich gestern Abend gefragt:

„Warum möchte eigentlich irgendjemand freiwillig Aufsichtsrat beim HSV werden? Was kann man dabei gewinnen?“

Sein wir doch mal ehrlich, nach der Ausgliederung 2014 und der Gründung der HSV Fußball AG konnte ich das ja noch irgendwie verstehen. Man konnte Teil von etwas Besonderem werden, man hatte die Chance, einem Neubeginn seinen Stempel aufzudrücken und maßgeblich an der Schaffung von etwas Einzigartigen beteiligt zu sein. Man konnte als Aufsichtsratsmitglied 2014 seinen Namen mit der Auferstehung des Dinos verbinden, deshalb konnte ich die Leute damals verstehen. Aber heute ist der Lack nicht nur ab, im Gegenteil. Der „neue“ Aufsichtsrat hat den sogenannten „Rat der Ahnungslosen“ einfach nur ersetzt und zwar in all seiner Inkompetenz, Uneinigkeit und Versagens-Qualität. Und bitte, soll mir doch niemand erzählen, „es dringt nichts mehr nach draußen“, das ist doch Mumpitz. Auch ohne identifizierten Maulwurf wurde der Presse nach wie vor alles gesteckt, was irgendwie von Relevanz war.

Warum also möchte man heute, im Herbst 2017, in dieses Skandal-umwitterte Gremium einziehen? Ist es wirklich nur die blanke Eitelkeit oder die Hoffnung, als „HSV-Aufsichtsrat“ im privaten Rahmen partizipieren zu können? Immerhin schreibt das Abendblatt gestern:

Aus dem alten Gremium definitiv nicht mehr dabei sein wird Klitschko-Manager Bernd Bönte, auch Unternehmer Dieter Becken dürfte kaum eine Chance haben. Unklar ist noch, ob Meier weiterhin Wirtschaftsmanager Felix Goed­hart dabeihaben will. Neue Kandidaten sickerten dagegen noch nicht durch: Die kolportierten Ex-Präsidenten Jürgen Hunke und Ronny Wulff haben keine Chance, im Gegensatz zum HEK-Vorsitzenden Jens Luther, mit dem sich Meier beschäftigt hat.

Wiederum der Beweis dafür, dass alles rauskommt, denn woher sonst wüsste der geschätzte Shy Killer von diesen Personalien? Dennoch bleibt die Frage: Was möchte denn dieser Herr Luther eigentlich in diesem Rat? Ist seine Profil-Geilheit so ausgeprägt, dass er unbedingt diesem Gremium angehören möchte, obwohl er weiß, dass er spätestens ein halbes Jahr später als einer der Versager gebrandmarkt wird? Braucht ein solcher Mann unbedingt diesen „Titel“, obwohl seine Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Rat gegen Null tendieren? Denn, machen wir uns doch nichts vor, dieses sogenannte Kontrollgremium ist ein zahnloser Tiger.

Erinnern wir uns kurz an den Beginn der letzten Transferperiode. Aus dem Aufsichtsrat kam die Ansage, dass man sich nicht weiter verschulden wollte, dass man auf die Unterstützung durch Herrn Kühne verzichten wolle (Also ungefähr der gleiche Käse, den Bruchhagen zur Zeit wieder absondert). Man wolle zuerst einmal verkaufen, bevor man erneut groß shoppen gehen wollte. Diese Nummer hielt ungefähr 3 Wochen, dann übernahmen Kühne und die BILD das Geschehen. Ein geknalltes Interview hier, eine BILD-Kampagne dort und schon war aus dem Sparprogramm des AR ein erneutes Transferminus von knapp € 13 Mio. geworden. Dahin waren die großen Sprüche und die noch größeren Ziele.

Wer also bestimmt beim HSV, was wie kontrolliert wird? Kühne und BILD oder die sechs Vögel im Rat?

Bauen wir doch mal ein Szenario. Angenommen, ich würde im Aufsichtsrat sitzen und meine Meinung zu Neu-Verschuldung, Jugend und Förderung ist einigermaßen klar. Dann gibt es eine Abstimmung und meine Stimme entscheidet, dass der HSV nicht erneut auf die „Unterstützung“ durch Herrn Kühne zurückgreifen wird. In der Folge steigt der HSV ab und die Lizenz könnte nur durch eine erneute Bürgschaft Kühnes gewährleistet werden. Kühne ist aber mittlerweile so verärgert über die (u.a.) von mir getroffenen Entscheidung, dass er nein sagt. Ergo wäre ich verantwortlich für die Insolvenz des Vereins und ich gehe jede Wette ein, dass es keine Woche dauern würde und mein Name würde in der BILD stehen.

„Dieser Rat killte den HSV“

Möchte das jemand? Möchte Herr Luther das? Sicher nicht. Insofern kann sich ein jeder ausmalen, wie es mit den gestalterischen Möglichkeiten im Aufsichtsrat bestellt ist. Im Grunde sitzt man dort und „entscheidet“ das, was Herr Kühne will, nicht mehr und nicht weniger. Dies haben die Ereignisse im Sommer 2017 eindeutig gezeigt. Also nochmal die Frage: Warum will irgendjemand in ein Gremium, in dem man nichts zu gewinnen aber reichlich zu verlieren hat, wenn man denn zu seinen Überzeugungen steht?