Je länger die laufende Saison dauert, umso deutlicher wird, dass sich das, was man zu Beginn der Spielzeit wie eine Art Erlösung empfunden hat, immer mehr als Boomerang erweisen wird. Ich meine damit die beiden Siege gegen Augsburg und Köln, die damit verbundene maximale Punkte-Ausbeute und die zeitweilige Tabellenführung. Immer deutlicher wird mit zunehmender Zeit, dass sich das Virus, welches diesen Verein seit so vielen Jahren lähmt, noch immer ausbreitet, der Name des Virus lautet „Selbstzufriedenheit“ und damit verbunden eine nicht vorhandene Leistungsbereitschaft. Ich erinnere gern an eine Pressekonferenz mit dem damaligen Trainer Bert van Marwijk, dem die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben steht.

Der Trainer ist ein anderer, das Problem ist das gleiche geblieben. Sobald sich so etwas wie ein zartes Pflänzchen Hoffnung bzw. Besserung breitmacht, verfällt nicht nur der gesamte Verein, sondern auch das komplette Umfeld inkl. Presse in einen kurzen Rausch, dem sich eine Lähmung und ein sofortiger Absturz anschließt. Plötzlich und wie von Zauberhand scheint man wieder der „große Verein“ zu sein, von dem eigentlich nur noch die Ü50er etwas wissen. Auf einmal ist man endlich wieder „auf einem guten Weg“ und warum sollte in Hamburg eigentlich nicht das möglich sein, was in Berlin oder in Hoffenheim möglich war? Ganz einfach, weil es nicht vorgelebt wird und weil sich absolut jeder im und um den Verein in seiner Komfortzone eingerichtet hat.

Wie bitte möchte man an den Leistungswillen der Mannschaft appellieren, wenn der Trainer nach dem nächsten verlorenen Grottenkick von einer guten bis sehr guten Leistung schwadroniert, die wohl nur er gesehen hat.

Wie bitte möchte man von den Spielern beständig gute Leistungen auf gehobenen Bundesliga-Niveau erwarten, wenn der Sportchef jeden Tag gefühlte 6 Interviews gibt, in denen er den Spielern gute Spiele attestiert, bei denen lediglich etwas Glück und maximal 2-5% gefehlt haben?

Wie bitte möchte man im Verein einen Leistungsgedanken implantieren, wenn sich der Vorstandsvorsitzende im Monats-Rhythmus über fiese Berichterstattung, die schlicht und ergreifend nicht existent ist,  echauffiert und beständig einen Respekt einfordert, der nicht angebracht ist?

Und wie möchte man einen leistungsfähigen Verein formen, wenn die Presse den Verein seit dem Abgang von Bernd Hoffmann mit Samthandschuhen anfasst und sich mehr als Vereins-Unterstützer denn als Beobachter und kritischer Begleiter empfindet?  

Nein, das kann und wird nicht funktionieren. Man verschafft sich gegenseitig ein Alibi am nächsten, damit man ungestört existieren und kassieren kann. Verträge werden aus den abenteuerlichsten Gründen (Bobby Wood hat bisher im gesamten Jahr 2017 exakt 2!!! Tore erzielt, bekam aber seinen Vertrag nicht verdoppelt, sondern verdreifacht!!!) verlängert, es werden Buddies eingestellt (Todt, Bruchhagen), aber niemand, der den Verein nach vorn bringt. Das Einfordern von dauerhafter Leistung kann nur jemand forcieren, der unbequem ist, vielleicht sogar nicht beliebt. Beim HSV aber liegen sich alle pausenlos in den Armen, mit Ausnahme natürlich, wenn der Trainer hinter dem Rücken seiner Vorgesetzten mit dem „Gönner“ zu paktieren versucht.

Bleibt also die Erkenntnis, dass die seichten Anfangs-Erfolge der Saison 2017/18 nicht nur die Mannschaft, sondern (wieder einmal) den gesamten Verein und das komplette Umfeld gelähmt und eingeschläfert haben und dieser Zustand kann weitaus gefährlicher sein, als die 2 Punkte aus 10 Spielen der vergangenen Saison. Denn diesmal ziert der Nordklub nicht beständig das Tabellen-Ende, sondern er dümpelt irgendwo um den Relegations-Platz herum, aus Sicht der Wohlfühler besteht also keine Gefahr, dann – anderen geht es ja noch schlechter. Aber erst dann, wenn es keinem mehr schlechter geht, gehen in Hamburg wieder die roten Lichter an und die Existenz-Angst beginnt. Da man eine Mannschaft aus Spieler gebaut hat, die immer erst dann bereit sind, an ihr Leistungs-Limit zu gehen, wenn es fast schon aussichtslos ist, wird es laufen wie immer.

Und ich bin zu 100% sicher, dass nach der gestrigen knappen Niederlage gegen die Bayern eine ungeheure Zufriedenheit durch den Volkspark weht. Schließlich konnte man erfolgreich die drohende Klatsche verhindern (sogar zu zehnt) und ist entsprechend auf einem guten Weg. Einen Dreck ist man, denn schon heute ist es völlig egal, ob man nun 0:1 oder 0:4 verloren hat, Null Punkte sind Null Punkte. In Hamburg aber, in der Stadt, wo sogar Niederlagen Siege sein können, wird man vor Glück kaum geschlafen haben.

Fazit: Noch immer lebt das Virus der Selbstzufriedenheit, weil es auch dauerhaft von allen Seiten gefüttert wird. Die Mannschaft und auch der Trainer sind weder in der Lage noch bereit, über die Schmerzgrenze zu gehen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Hunger nach Erfolg gibt es schon seit Jahren nicht mehr, warum auch? Schließlich sind ja auch mehr als 50.000 Schwachköpfe im Stadion, wenn es auf zur nächsten Rettungs-Mission geht. Und „von oben“, also von Seiten der Direktion und des Vorstandes werden Alibis fürs Versagen in Serie gefunden, um bloß die friedliche Friedhofsruhe nicht zu stören. Unterstützt von der Hofberichterstattung der Medien hat sich ein komplett sedierter Verein etabliert, den man nur mit einer Radikalkur wird wecken können. So ein Sanierer wird aber von den entscheidenden Gremien des Vereins niemals zugelassen, denn er könnte ja auf die Idee kommen, dem einen oder anderen Mit-Verdiener den Geldhahn zuzudrehen.

Dies war im Kleinen übrigens wunderbar zu beobachten, als Angestellte des Vereins, Männer wie van Marwijk, Arnesen oder auch Hoffmann versuchen wollten, diese Kruste aufzubrechen. Binnen kurzer Zeit wurde von bestimmten Kräften des Vereins mit Unterstützung der Medien eine Schmutz-Kampagne inszeniert (van Marwijk war plötzlich faul, Arnesen war zu teuer, Hoffmann war zu unberechenbar) und das Aufflackern erlosch.

Ende, aus, Mickey Mouse

Noch was. Ich kann diese Eigen-PR-Kacke bestimmter Herren einfach nicht mehr ertragen.

Dennis Diekmeier (28): „Das war ganz klar keine Rote Karte. Ich war der letzte Mann, ich hätte den Ball noch ablaufen können.“ Der Rechtsverteidiger deutet an, dass der HSV härter bestraft wurde als es bei Bayern der Fall gewesen wäre. Diekmeier: „Hummels oder Boateng hätten für die Szene keine Rote Karte gesehen.“

Diese Behauptung ist eine absolute Frechheit im Fan-Sprech-Style, die dringend bestraft gehört. Einzig und allein darauf ausgerichtet, seine Nähe zum Anhänger zu demonstrieren, der möglicherweise genauso verblödet ist und dem Image des „Dieki, einer von uns mit der Raute auf dem Arsch“ aufrecht zu halten. Dieser dämliche Vollpfosten.