Das ist der HSV, wie man ihn kennt: Der 12. Spieltag steht vor der Tür, der HSV „darf“ am Sonntag auf Schalke antreten und die Wahrscheinlichkeit, dass man sich zu Wochenbeginn auf einem der drei letzten Plätze wiederfindet, ist durchaus gegeben. Aber  – keinen scheint es zu interessieren. Naja, ist ja auch nur Fußball, das überlassen wir gern den Anderen. Denn dieser Verein ist viel zu sehr damit beschäftigt, sich intern zu zerfleischen, die zahllosen Würdenträger empfinden es als wichtiger, die Grenzen des Machbaren auszustecken, die eigene Machtposition zu sichern, Verbündete hinter sich zu vereinen. Der Klub selbst spielt, wie eigentlich immer in Hamburg, nur eine untergeordnete Rolle.

So kommt es auch nicht von ungefähr, dass sich in Zeiten der Unruhe die alten Fahrensmänner bemüssigt fühlen, ihren Senf und ihre Sicht der Dinge abzusondern und sie stoßen auf reges Interesse. Mal ganz nebenbei, der Aufschrei der Massen dröhnt im Ohr, nämlich immer dann, wenn sich jemand zu Wort meldet, der dies nach Auffassung der Wutbürger nicht darf, weil er sich in der Vergangenheit am Verein versündigt hatte. Jarchow spricht über die drohende DFL, Hunke spricht über Kühne, Ertel spricht über Emanzipation, Bandow spricht über die Lizenz. Im Grunde sagen sie fast alle die Wahrheit, aber das dürfen sie nicht. Nun stellte sich mir die Frage: Wer darf es denn eigentlich? Wer darf sich über den HSV 2017 äußern, ohne einen Shitstorm zu entfachen? Eigentlich darf das keiner, denn im Grunde hat der HSV nach dem Pokalsieg 1987 nichts anderes als Verlierer produziert.

Becker, Hunke, Wulf, Seeler, Hackmann, Mares, Hoffmann, Jarchow, Beiersdorfer. Diese Herren haben, unterschiedlich lange, diesen Verein geführt und der Einzige, der gerade eine Art Wiederauferstehung feiert, ist Bernd Hoffmann. Dabei ist Hoffmann derjenige, der noch am wenigsten sagt und bis vor wenigen Wochen wäre auch ihm jede kritische Äußerung untersagt worden. Aber mal ehrlich, keiner dieser Herren (Werner Hackmann und Rolf Mares sind  ja leider verstorben) hat sich aufgrund überragender Performance das Recht erworben, Kritik üben zu dürfen, so denkt jedenfalls der Pöbel. Von den zahllosen Mitglieder des Aufsichtsrats möchte ich gar nicht erst anfangen, denn auch die haben sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert.

Problem ist nur – irgendjemand muss sich ja äußern.

Kommen wir aber zurück zum Thema, dem Retter des HSV. Was ist eigentlich deutscher, als an die eine Person zu glauben, die es richten wird. Er (oder im Notfall auch sie), der/die den Durchblick hat und mit einem Genie- respektive Handstreich alle Probleme verschwinden und den Verein wie Phoenix aus der Asche auferstehen lässt. Er (oder sie), der/die den großen Plan hat, die einzigartige Idee, auf die noch keiner gekommen ist. Schade nur, dass es sowas nur im Kino, aber ganz sicher nicht im Volkspark gibt. Keine Person, auch Bernd Hoffmann nicht, könnte den HSV im Alleingang gesund machen, dazu bedarf es mehr. Es bedürfte z.B. neben einer willens- und entscheidungsstarken Persönlichkeit auch ein Gremium im Hintergrund, der eben dieser Person den Rücken freihält und mit allen Vollmachten ausstattet. Dies scheint bei einem HSV, in dem sogar in einem sechsköpfigen Aufsichtsrat mit 3 verschiedenen Stimmen gesprochen wird, mehr als unwahrscheinlich. Hinzu kommt, dass „der Retter“ in der Lage sein müsste, einen Klaus-Michael Kühne zu bändigen oder zumindest einzufangen. Dieser populistische Schwachsinn von wegen „von Kühne emanzipieren“ oder gar „alles ohne Kühne machen“ ist genauso unsinnig wie unmöglich.

Denn eines ist mal so sicher wie Weihnachten: Spätestens Mitte März, wenn die Lizenzunterlagen für die zweite Liga abgegeben werden müssen, sind die Herren wieder einmal gezwungen, bei Kühne auf der Matte zu stehen. Es sei denn, es fällt ihnen noch ein anderer Scherz ein, Gerüchte weise hört man, dass es Überlegungen geben soll, den bis 2021 laufenden Sportfive-Vertrag vorzeitig bis 2025 zu verlängern, um mittels eines Signing Fee die Kröten zusammen zu kratzen. Eine andere Möglichkeit wäre es, die Anteile der zu verkaufenden AG-Anteile von 24,9% auf 49,9% zu erhöhen, aber das geht nicht einfach. Hierzu eine Darstellung von Kerberos, die er mir vor einigen Tagen zukommen ließ:

Nach der Satzung des Vereins vom Mai 2016 dürfen grundsätzlich nach § 6 Abs. 1 („Der Verein ist Aktionär der HSV Fußball AG (vormals HSV Sport AG). Sein Anteil darf eine Beteiligung in Höhe der Hälfte aller Aktien zzgl. einer Aktie nicht unterschreiten.“) 49,9% der Anteile veräußert werden.

Diese Regelung wird jedoch einschränkend durch die Rechte der Mitglieder des Vereins in der Satzung des Vereins vom Mai 2016 ergänzt durch § 14 Abs 2 Ziffer h („Zustimmung zu Entscheidungen, durch die ein Gesellschafter der HSV Fußball AG allein oder mit einem anderen Unternehmen eine Beteiligung von 25 % oder mehr des Kapitals oder der Stimmrechte erhält oder durch die die Anteile oder Stimmrechte des HSV e.V. auf einen Anteil von 75 % oder darunter sinken, ebenso für die Beschlussfassung über eine entsprechende Kapitalerhöhung. Für diese Beschlüsse ist neben der Zustimmung der Mitgliederversammlung die Zustimmung der Mehrheit der Präsidiumsmitglieder des HSV e.V. in der Hauptversammlung der HSV Fußball AG notwendig“.).

Konsequenz: für eine weitere Veräußerung von Anteilen der AG über 24,9% hinaus bedarf es keiner Satzungsänderung des Vereins und somit keiner 3/4-Mehrheit der Mitglieder. Es bedarf jedoch der Zustimmung der Mitglieder mit einfacher Mehrheit als ein Mitgliederbeschluss des Vereins.

Bitte nicht mit meinen Ausführungen zur Situation bei einer mgl. Insolvenz verwechseln. Denn dann tritt der Vorbehalt des Zustimmungserfordernises der Vereinsmitglieder hinter die Insolvenzordnung zurück und Gläubiger können eben auch ohne einen Mitgliederbeschluss bis zu 49,9% der Aktien im Rahmen der Befriedigung ihrer Ansprüche einfordern – weil bei einen Grundkapital von € 3.5 Mio bereits auch per Satzung und Beschluss der Hauptversammlung der AG eine Kapitalerhöhung mit einem genehmigten Kapital von € 1.750.000 genehmigt wurde – und dies entspricht eben 33,33% der AG-Anteile. Dies aber eben NUR bei Insolvenz!

Bedenkt man nun, dass die Herren am Mittwoch die Kühne&Nagel-Zentrale (was für eine Ironie) ohne Ergebnis verlassen und sich (und die Entscheidungen) auf Anfang 2018 vertagt haben, zieht sich die Schlinge offenbar immer enger zu. Für Meier, der als Krisenmanager die denkbar schlechteste Figur abgibt. Für den gesamten Aufsichtsrat, denn der alte ist gescheitert und der neue bereits enteiert. Und für einen Verein, der sich auf direktem Weg Richtung Eisberg befindet. Diesen Kurs kann ein Retter allein nicht mehr umkehren, auch wenn er Hoffmann heißen würde. Dies würde nur Aussicht auf Erfolg haben, wenn endlich einmal alle Personen an einem Strick ziehen und die persönlichen Interessen hintenan stellen würden.

Also nie.

Am 17.11.2017 sage ich: Dieser Verein ist pleite. Die Herren müssen demnächst eine Steuernachzahlung in Höhe von knapp € 20 Mio. leisten und haben keine Ahnung, wie sie das machen sollen. Die Herren müssen 2019 (große) Teile der Fan-Anleihe in Höhe von  € 17,5 Mio. zurückzahlen und haben keine Rücklagen geschaffen. Die Herren müssen im März die Lizenz-Unterlagen für die 2. Liga einreichen und haben keine Ahnung, wie sie die Liquidität nachweisen sollen. Dies alles weiß Kühne! Wenn man dann aber bedenkt, dass all das bekannt war und diese Wahnsinnigen Spielern wie Papadopoulos und Wood Gehälter jenseits der € 4 Mio. pro Jahr bezahlen, für den blinden Griechen € 10 Mio. und für Hahn € 6 Mio. abgedrückt haben, gehören die nicht gefeuert, die gehören eingesperrt.

Übrigens: Wer die Satzung der HSV Fußball AG im Netz findet, kriegt nen Keks 😉 (Zur Erklärung: Dieses Satzung war gestern Abend bis ca. 22.00 Uhr im Netz nicht zu finden)