Fußballspielen ist ihre Sache nicht so wirklich, dafür gibt es wohl keinen Verein, in dem die Sprücheklopfer trotz jahrelanger Minusleistung derart auf die Sahne hauen wie beim HSV. Berechtigte Kritik wird per Handstreich weggewischt, Experten, die in der Art des HSV, Fußball „spielen“ zu wollen, schlicht und ergreifend keinen Fußball erkennen können, werden bepöbelt oder als Vollpfosten dargestellt. Diese überaus arrogante Einstellung macht nicht nur extrem unsympathisch, sie zeigt auch eines der nächsten Probleme des Vereins auf – offenbar merken sie gar nicht, was für einen unzeitgemäße Scheiße sie dort Woche für Woche auf den Rasen zaubern. Nun denn, wer nicht hören will, muss fühlen.

Das einzige Heimspiel, welches in dieser Saison ausverkauft war, war das Match gegen Bayern, für das man früher 250.000 Karten hätte absetzen können. Dortmund – nicht ausverkauft. Leipzig – nicht ausverkauft. Gegen Wolfsburg waren es ca. 45.000 Zuschauer. An einem Samstag um 15.30 Uhr, für das Spiel gegen Frankfurt werden es noch einmal weniger werden. Warum? Nun, weil offensichtlich immer weniger Fußball-Zuschauer sich dieses wöchentliche Gewürge zu Mondpreisen antun wollen. Es hat sich rumgesprochen, dass das, was der HSV im Volkspark bietet, nicht einmal mehr die Kriterien für Magerkost erfüllt, insofern bleibt man lieber zuhause. Im Moment sind es nur ein paar Tausend, aber die Tendenz stimmt.

Dies alles ist den hochbezahlten Herren jedoch „scheiß-egal“, um mal im Terminus des Kapitäns zu bleiben. Beständig sieht man gute bis sehr gute Spiele, der Spottchef labert dummes Zeug von wegen „smarter Transfers“, der Vorstandsvorsitzende lebt ohnehin in seiner eigenen Welt, wenn er meint, der HSV hätte kein Ausgaben-  sondern eine Einnahmeproblem.

Die Laune am Morgen nach dem 0:0 war auf dem Tiefpunkt. In HSV-Trainer Markus Gisdol brodelte es, Abwehrmann Kyriakos Papadopoulos ging auch verbal in die Defensive („Wir als HSV spielen lieber so und holen die Punkte – als schönen Fußball abzuliefern, gelobt zu werden und mit einer Niederlage nach Hause zu fahren“), und der sonst so höfliche Gotoku Sakai benutzte gar Wörter, von denen man nicht dachte, dass er sie überhaupt kennen würde: „Es ist mir scheißegal, ob jemand unsere Art von Fußball kritisiert.“

Nun kann man ja grundsätzlich sagen, dass die Schönheit eines Matches bis zu einem gewissen Grad Auslegungssache ist, aber eine Aussage wie „Wir spielen lieber so, dass die Zuschauer an Augenkrebs erkranken und holen einen Punkt, anstatt das wir ansehnlich kicken und mit leeren Händen nach Hause gehen“, die wirkt eben nur noch bei rosa-gekleideten Glaubenskriegern, nicht aber bei zahlenden Zuschauern, die mehr für ihr Geld sehen wollen als Langholz im Oberliga-Style. Weil – dann kann man auch zum Oberligaverein seines Vertrauens gehen, kommt deutlich günstiger. Der Zweck heiligt nämlich immer nur über einen gewissen Zeitraum die Mittel, irgendwann reicht es. Und es ist ungleich schwerer, diese Leute zurück zu gewinnen.

Tatsache ist nun mal leider – dieser HSV hat sich unter Gisdol nicht um einen Zentimeter entwickelt, da können die Hüpfer auch labern, was sie wollen.

Bilanz der Trainer:

Bruno Labbadia

49 Spiele – 16 Siege, 11 Unentschieden, 22 Niederlagen – Tore 57:68 – Punkte: 59 – Punkteschnitt: 1,20

Markus Gisdol

48 Spiele – 16 Siege, 10 Unentschieden, 22 Niederlagen – Tore 52:76 – Punkte: 58 – Punkteschnitt: 1,21

„Sind denn alle schon im Urlaub?“, fragte Trainer Gisdol am Sonntag, als er grinsend durc

h den Bauch des Volksparkstadions spazierte. „Wenn wir verlieren, sind 20 Kamerateams da. Und heute nur zwei?!?“ Gisdol gluckste wie ein Schuljunge nach einem geglückten Bubenstreich. „Stellt euch mal vor, wir hätten gewonnen. Dann wäre wahrscheinlich nur noch eine Kamera hier.“ (Abendblatt)

Ja Mensch, Gustav Gansdol, das ist wirklich zum Glucksen. Problem ist nur: Ironie ist was für Gewinner und ihr Team war der Verlierer des Wochenendes. Das aber interessiert im Volkspark keinen, mit Brechreiz-erregender Arroganz möchte man Kritik und Kritiker abbügeln. Und dann wundern sich diese Pfeifen, wenn sie vom Rest der Welt gehasst werden. Ne große Fresse kriegt man automatisch dann um die Ohren, wenn’s nicht läuft, fragen sie mal bei Herrn Watzke nach. Anyway, in der letzten Saison holte der HSV in der Rückserie insgesamt 25 Punkte und entging in der 88. Minute der Relegation. Aber irgendwann, liebe Arroganzler, ist das Glück auch mal aufgebraucht.

39.000 Kar­ten waren am Mon­tag ver­kauft. Viel­leicht wer­den es noch 40.000 Zu­schau­er – oder auch ein paar mehr. Am Ende wird es aber einer der schlech­tes­ten Be­su­che in der Ge­schich­te der neuen Arena. We­ni­ger Zu­schau­er kamen zu­letzt am 27. Ok­to­ber 2004 (37.967), beim 4:0 über Frei­burg. (BILD)

Ob­wohl be­reits fast alle Top-Spie­le (neben Dort­mund auch Bay­ern, Bre­men, Leip­zig) ge­lau­fen sind, hat der HSV ak­tu­ell den mie­ses­ten Schnitt seit über einem Jahr­zehnt. In der Rück­se­rie droht der noch wei­ter zu fal­len.