Ich gebe zu, manchmal ist es schon frustrierend. Da bekommt man Telefonanrufe, erhält E-Mails oder WhatsApp-Mitteilungen und im Anschluss möchte man irgendwas aus dem Fenster werfen. Man hört von Berater-Honoraren für serbische Fußballer, die die Ablöse-Summen anderer Spieler übertreffen, man bekommt Hinweise, dass vieles (wenn nicht alles), was diese Herren dort im Volkspark veranstalten, ein einziges großes Lügengebilde darstellt. Und dann gibt es zum großen Glück noch sowas wie Football Leaks, den Spiegel und Leute wie Rafael Buschmann und plötzlich macht alles wieder einen Sinn. Gestern Abend, kurz vor Beginn des letzten Hinrunden-Spiels, platzte eine Bombe und sie stellt den vom Boulevard als „HSV-Sanierer“ gekürten Finanzvorstand Frank Wettstein wie einen komplett weltfremden Trottel dar.

Blumen und Anzüge: HSV griff offenbar zu kuriosen Sparmaßnahmen

Der finanziell angeschlagene Fußball-Bundesligist Hamburger SV hat offenbar recht ungewöhnliche Maßnahmen zum Sparen getroffen. Laut eines Papiers mit dem Titel „Kostensenkungsprogramm 2016“ aus dem Datensatz der Enthüllungsplattform Football Leaks, das dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vorliegt, sollten Blumengeschenke für Angestellte der Geschäftsstelle gestrichen und Klubanzüge für Geschäftsstellenmitarbeiter abgeschafft werden.

Außerdem sei überlegt worden, die Rasenheizung nicht unter voller Leistung laufen zu lassen. „Sollte ein starker Winter kommen, haben wir definitiv ein Riesen-Problem“, zitiert der Spiegel aus einem internen Kommentare zu dem Sparplan. Trotz aller Zwänge sollen die Hanseaten in der Saison 2016/17 über 52 Millionen Euro an Gehältern für ihre Mannschaft ausgegeben haben, am Ende landete der Klub auf Rang 14.

Der HSV schreibt seit Jahren Verluste. Das abgelaufene Geschäftsjahr wurde mit einem Minus von 13,4 Millionen Euro abgeschlossen. Dies geht aus dem Jahresabschlussbericht für 2016/17 hervor, den die Hamburger Mitte November veröffentlicht hatten. Die Verbindlichkeiten betragen 105,5 Millionen Euro, die erzielten Umsatzerlöse 122,1 Millionen Euro.

Unfassbar. Da fährt ein Verein seit Jahren beständig ein zweistelliges Millionenminus pro Saison ein, da werden Berater-Honorare in Millionenhöhe bezahlt, Abfindungen rausgeknallt, es werden diverse externe Agenturen für Dienstleistungen angeheuert, obwohl man den Apparat mit fast 300!!!! Mitarbeitern fährt. Da werden Spielern, die noch Verträge bis 2020 besitzen, diese Verträge ohne Not vorzeitig verlängern und die Bezüge teilweise verdreifacht und nun wollen diese Vollpfosten an Blumengebinden sparen??? Soll das eigentlich mittlerweile sowas wie Slapstick sein? Und die BILD nennt den dafür Verantwortlichen „SANIERER?“

Ich zitiere aus dem Spiegel:

Wettstein drängt auf eine neue Sparrunde. Ein Papier mit dem Titel „Kostensenkungsprogramm 2015“ entsteht. Auf mehreren Seiten werden Dutzende möglicher Sparmaßnahmen aufgelistet, die alle Abteilungen des Klubs betreffen, außer der Profiabteilung, und deren Für und Wider debattiert.  Es wird angedacht, die Rasenheizung herunterzufahren, um Energiekosten abzusenken. Das Risko: „Verschlechterung der Rasenqualität, sollte ein starker Winter kommen, haben wir definitiv ein Riesen-Problem. Die „Clubanzüge für Geschäftsstellen-Mitarbeiter“ sollen abgeschafft werden. Es wird erwogen, Teilnehmern an der HSV-Fußballschule nicht mehr zwei, sondern nur noch ein Trikot zu überlassen. „Das 2. Shirt könnte künftig komplett wegfallen, bzw. durch eine billige Regenjacke „made in China“ ersetzt werden.

Ein weiterer Vorschlag: Den „Deal“ mit einer Firma, die Weine und Sekt für die VIP-Logen im Volksparkstadion liefert, nicht zu verlängern. Folge: Kein Wein & Sekt = schlechtes Angebot im VIP-Bereich, höhere Unzufriedenheit + höhere Kündigungsrate. Hostessen sollen eingespart werden. Die pompöse HSV-Weihnachtsfeier landet auf der Liste. Künftig soll es nur noch eine „Low-budget-Variante“ geben. Mögliches Risiko: „Unmut der Mitarbeiterschaft“.    (Quelle: Spiegel) 

Das alles muss man sich eigentlich mehrfach durchlesen, um es zu glauben. Da labert der Vorstandsvorsitzende beständig davon, dass man sehr wohl ohne Kühne handlungsfähig wäre, dabei sieht man sich gezwungen, ein paar Club-Anzüge zu streichen? Und  wie läuft das dann? Am Tag, nach dem man die Club-Anzüge gestrichen hat, stellt Wettstein 20 neue Leute ein und der Vertrag von Gideon Jung wird ohne Not und zu verbesserten Bezügen vorzeitig verlängert? Habt ihr eigentlich noch alle Latten am Zaun??? Und es nicht ja nicht so, dass die Medien dies alles nicht gewusst oder zumindest vermutet hatten. Anstatt ihren Lesern jedoch die Wahrheit aufzutischen, erfinden sie als Steigbügelhalter irgendwelche fabelhaften Erfolgs-Gestalten, die es überhaupt nicht gibt.

Wie es um den „HSV-Sanierer“ Wettstein bestellt ist – siehe oben.

Der „HSV-Juwelier“ und „Erfolgsgarant“ Peters entsprang einer panikartigen PR-Aktion des Vereins, als man nach den beiden Auftaktsiegen gegen Augsburg und Köln sportlich nichts mehr auf die Reihe bekam, eine katastrophale Bilanz zu veröffentlichen hatte und im Anschluss irgendeine positive Nachricht produzieren musste. Folglich wurde der einzige Bereich gefunden, bei dem es nicht tiefschwarz aussah und der angeblich dafür Verantwortliche Peters wurde als Interview-Partner rumgereicht, von der Welt bis zur Bäckerblume. Mit Unterstützung des Boulevards wurde daraus der „HSV-Juwelier“ gekürt, der ungefähr so sehr Juwelier ist, wie Beiersdorfer ein Dukaten-Scheißer war, aber diese Legende hielt sich bekanntlich auch bis heute.

Was den großen Nachwuchs-Förderer Gisdol betrifft, muss man sich nur das gestrige Spiel in Gladbach angucken. Weder Arp noch Ito hätten bei Gustav Gansdol eine Chance erhalten, hätten sich nicht Müller, Kostic, Wood und Hahn verletzt. Ein Spieler wie Janjicic ist nach einem schlechten Spiel sofort wieder raus, Jatta existiert überhaupt nicht mehr.

Was zeigt uns diese Enthüllung von Football Leaks/Spiegel nun in Gänze? Sie zeigt, dass der HSV am Arsch ist, die Herren dort aber immer noch mit Millionen um sich werfen, während auf der anderen Seite Blumengebinde weggespart werden sollen. Sie zeigt, dass Bruchhagen lügt, wenn er über Kühne und Handlungsfähigkeit spricht. sie zeigt, wie krank die Verbindung Hamburger Medien –  Verein funktioniert. Und sie zeigt, wie die Mitglieder und Fans seit Jahren beschissen und betrogen werden.

Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, dieses:

Immer wieder betonen die HSV-Verantwortlichen, dass sich Investor Klaus-Michael Kühne nicht in sportliche Belange einmische. Doch nach dem unansehnlichen 0:0 in Freiburg vor zwei Wochen soll der Milliardär eine E-Mail an den Verein geschrieben haben – mit dem Vorschlag, im Winter einen neuen Spielmacher zu verpflichten. Das berichtet „Bild“. Eigentlich hatte Kühne ja ein weiteres finanzielles Engagement in Frage gestellt. Doch nun scheint er wieder bereit zu stehen. (Quelle: Mopo)

Ah ja, Herr Kühne „empfiehlt“ also. Der Mann, der sich niiiiiieeee in sportliche Belange und ins Tagesgeschäft einmischt, möchte doch gern eine Aktion „van der Vaart 3.0“ initiieren, ich breche zusammen.

Zum gestrigen Spiel: Wer mit einer 5-5-0-Taktik beginnt, hat nichts anderes verdient. Aber: Mit 15 Punkten aus 17 Spielen hat Gisdol nun genügend Argumente, um bei Kühne für neue Spieler zu werben. Und dreimal dürfen wir alle raten, wer dabei alles verdienen wird.

Steigt endlich ab!