Ja Mensch, das war ja nun gestern ein vollkommen überraschendes Neujahrs-Geschenk, oder?

Der Hamburger SV hat Johannes Spors als Leiter der Scouting-Abteilung und Kaderplaner verpflichtet. Der 35-Jährige, der seit Anfang Dezember 2015 beim Ligakonkurrenten RB Leipzig aktiv ist, wird zum 1. Februar 2018 seine Tätigkeiten beim Bundesliga-Dino aufnehmen und erhält dort einen Vertrag bis zum 30. Juni 2021. „Johannes genießt in der Branche einen hervorragenden Ruf. Er hat bei seinen bisherigen Stationen nachgewiesen, dass er im Bereich des Scoutings einer der Top-Leute der Bundesliga ist. Deshalb freuen wir uns, dass wir ihn für die Aufgabe beim HSV begeistern konnten“, zeigt sich Sportchef Jens Todt zufrieden mit der Verpflichtung. Dieser freut sich ebenfalls auf die zukünftige Zusammenarbeit und erklärt: „Es ist eine reizvolle Aufgabe, das HSV-Scouting nachhaltig auszubauen und eine langfristige Kaderplanung zu implementieren. Davon haben mich nicht zuletzt intensive Gespräche mit Jens Todt überzeugt. Der HSV ist ein großer Club. Ich freue mich darauf, ab Februar ein Teil davon zu sein und mit meinen neuen Kollegen anzupacken.“

Der geneigte rosa Hüpfer jubiliert spontan, ich habe irgendwo sogar den Begriff „Godfather of scouting“ gelesen, mit großer Wahrscheinlichkeit von jemandem, der den Namen Spors bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe noch nie gehört hatte. Womit wir schon bei einem anderen Thema sind. Was schätzt ihr, wie viele Anhänger wussten bis vor 2 Monaten, dass der Name des HSV-Chef-Scouts Benjamin Schmedes lautete? 2%? 5% Nun aber fliegt der Name Spors durch den Orbit und alle Probleme scheinen wie weggewischt. Denn: Der Mann kommt von RB Leipzig, aber da war doch was, gell? Wurde gegen genau diesen Verein nicht noch vor Kurzem eine Demonstration einberufen und eigentlich basiert der Erfolg dieses Vereins doch auf – wie hieß es noch?

Brause-Kohle aus Österreich, Verstoß gegen das Financial Fairplay, Aushebelung der gängigen Regeln, Zahlung von überhöhten Transfersummen oder anders ausgedrückt: Fieser Plastik-Klub, der niemals in der Bundesliga spielen dürfte, weil er ja „keine Tradition“ habe.

Nun denn, wir kennen ja alle unsere Pappenheimer, denn nichts ist so hinfällig wie die Prinzipien von gestern, denn kaum verkündet der HSV die Verpflichtung des Mannes, verfügen die roten Bullen aus dem Osten der Republik über ein Wahnsinns-Scouting und über die beste Nachwuchsarbeit des Planeten, so schnell kann das gehen. Und auch die Tatsache, dass Herr Spors in Leipzig noch einen Vertrag für weitere 3 1/2 Jahre hatte, stört in Hamburg plötzlich niemanden mehr, denn sowas stört bekanntlich nur dann, wenn ein HSV-Angestellter den Verein darüber informiert, dass er den Volkspark um jeden Preis verlassen will, obwohl er erst ein halbes Jahr zuvor einen langfristigen Kontrakt unterzeichnet hatte. Dann ist diese Figur natürlich DER Judas schlechthin und gehört mindestens gefoltert. Großartig, wie die Hüpfer jedesmal wieder die Weltmeisterschaft der Doppel-Moral für sich entscheiden können.

Ich bin ehrlich, ich kannte den Namen Spors bis gestern nicht, aber mich interessieren die Scouts anderer Vereine auch nicht wirklich. Trotzdem habe ich auf der Stelle Bauchschmerzen bzw. schwere Bedenken bei der Sache und ich erläutere gern die Gründe. Zuerst einmal dieser vollkommen verschissene, abgenutzte Satz „Der HSV ist ein großer Verein“. Nein, Herr Spors, ist er nicht. War er vielleicht mal in den 80er Jahren, heute ist der HSV nahezu insolventer klub auf dem direkten Weg in die 2. Liga. Warum sie nun unbedingt und trotz langfristigem Vertrag einen Champions League-Teilnehmer verlassen und bei einem Absteiger anheuern müssen, wird wohl ihr Geheimnis bleiben, ich für meinen Teil kann auf Sprüche wie „Möchte Teil des Projekts sein“ und „Mich reizt die Aufgabe“ getrost verzichten. Wie jeder andere Mensch arbeiten sie für Geld. Punkt.

Aber weiter im Text, denn nun wurde bekannt, dass der Mann auch als sogenannter Kaderplaner fungieren soll und meine spontane Frage lautet: Wozu braucht der HSV eigentlich noch einen Tod? Die Transfers entscheiden Kühne und Struth, die Verhandlungen macht Bruchlandung und Scouten tut am 01.02.2018 Herr Spors. Apropos Kühne – was soll eigentlich dieser ganze Stuss bloß? Jeder, der sich mit dem Verein beschäftigt, weiß, dass Kühne (und Struth) allein entscheiden, wer kommt und wer nicht kommt und er weiß auch, dass der HSV mittlerweile so pleite ist, dass er ohne Kühne nicht mal einen Spieler aus der Oberliga verpflichten kann. Da könnte Spors scouten bis die Augen bluten, es ist und bleibt am Ende des Tages irrelevant. Aber dafür hat man endlich den nächsten Großverdiener an Bord, wenn ich bedenke, dass der Torwarttrainer-Koordinator € 145.000 und ein leitender Angestellter im Campus schlappe € 375.00 abgreift. Egal, man hat’s ja.

Aber Moment mal, das Ganze macht doch Sinn, denn nun wird bekannt, dass sich die Herren Spors, Gisdol und Peters aus gemeinsamen Hoffenheimer Zeiten kennen und – Schwupps – bildet sich die Achse des Blödsinns. Denn jeder weiß: Der Vertrag von Latschen-Bernie Peters wurde nur deshalb verlängert, weil man in Zeiten der Dauer-Katastrophen irgendeine positive Nachricht generieren musste und mit Hilfe des Boulevards aus einem Menschen-verachtenden Autisten den „HSV-Juwelier“ bastelte. Und Gustav Gansdol sitzt auf dem heißesten Schleudersitz der Liga, weil er mittlerweile einen Punkteschnitt repräsentiert, der schlechter ist als der vom geschassten Bruno Labbadia. Aber Gisela kann ja nichts passieren, denn sein Ober-Boss heißt ja bekanntlich Bruchhagen und der ist dafür bekannt, dass er an seinen Trainern festhält bis weit über die Schmerzgrenze hinaus.

Wir reden hier übrigens vom gleichen Bruchhagen, der für Sparsamkeit bekannt war und nur Geld ausgab, welches er zuvor erwirtschaftet hatte. Von dem Bruchhagen, der Investoren-Heuschrecken wie Kühne hasste wie der Teufel das Weihwasser und der lieber nackt mit einer brennenden Fackel in der Hand durch eine Böller-Fabrik gelaufen wäre, als auch nur ein freundliches Wort über die Abschaffung der 50+1-Regel zu verlieren. Also wir reden über einen Mann mit Prinzipien, der zu seinem Wort steht.

I’m just kidding.

Kommen wir zum Ende. Der HSV kauft (bei einem Vertrag von 3 1/2 Jahren wird der HSV bezahlt haben müssen) einen Scout, für den Geld bisher keine Rolle spielen musste. Von einem Verein, der angeblich nur deshalb erfolgreich war, weil er mit der Kohle um sich werfen konnte. Ein Mann, der einen langfristigen Vertrag bricht und der nun mit zwei äußerst umstrittenen Funktions-Trägern eine Sieger-Achse bilden soll. Und einem Mann, der über einen Monat vor seinem Amtsantritt einem Dönerblog ein Interview gibt, welches ihm noch um die Ohren fliegen wird. Ich mache diese Blogsache nun schon lange genug, um zu begreifen, wie die Dinge laufen. Derartige Interviews werden normalerweise nicht vor dem ersten Arbeitstag gegeben, sie werden grundsätzlich mit dem Verein abgesprochen und die erste Stellungnahme des neuen Mitarbeiters findet grundsätzlich in den Vereins-eigenen Medien (HSV.de) statt. Spors nun musste bei Münchhausen labern, was weder der HSV noch die BILD besonders witzig finden wird, aber – nur weiter so, Hoffnungsträger 🙂