Was bitte war das denn gestern für eine Freakshow dort im Presseraum des Volksparkstadions? Da sitzen diese vier Gestalten und geben am Tag nach der Gisdol-Entlassung ein Bild des Jammers ab. Pressesprecher Till Müller sieht wie immer aus, als hätte er gerade geweint. Der Vorstandsvorsitzende Bruchhagen kommt rüber wie Gonzo, der sich in der Muppets Show verlaufen hat. Neu-Retter Hollerbach machte den Eindruck, als hätte er noch gar nicht richtig verstanden, wo er eigentlich ist und Spottchef Todt versuchte sich verzweifelt als Macher, der aber mal so alles im Griff hat und rund um die Uhr ackert wie ein Pferd zu positionieren. Ehrlich, etwas so Unwürdiges habe ich selbst beim HSV noch nicht erleben müssen. Dann noch dieses selbstgefällige Grinsen nach jedem unnötigen Wortbeitrag, sich auf dem Sessel zurücklehnen und Beifalls-heischend in die Runde blicken – der Typ ist sowas von daneben.

Nun ist er also da, der Holler mit der Raute und – wie ist die Stimmung? Nach dem, was ich mitbekommen, würde ich sagen: Unverändert. Ich spüre nichts von wegen Rettungsmission oder Aufbruch, nichts von wegen positive Energie oder „jetzt-erst-recht“. Vielmehr habe ich den Eindruck, als bereiten sich alle, Verein und Fans, auf die zweite Liga vor und zwar rechtzeitig. Damit will ich gar keine Stimmung gegen Metzger Hollerbach machen, der Mann wird das liefern was er kann. Ich meine vielmehr die ausgelaugte Atmosphäre in und um den Verein. Die Menschen sind leer und das Gefühl, dass dieses Elend doch bitte endlich ein Ende haben soll, hat sich durch die Verpflichtung des arbeitslosen Würzburgers, der zuletzt von einem Zweitliga-Absteiger gefeuert wurde, nicht verändert.

Wie auch? Man wechselt die Pferde im Galopp, tauscht einen trainingsfaulen Selbstvermarkter gegen einen bodenständigen Arbeiter und dann meint man, Papadopoulos und Mavraj könnten plötzlich kontrollierte Pässe spielen, Kostic könnte plötzlich flanken und Hahn würde nicht mehr über die eigenen Füße fallen? Glaubt irgendwer, dass nach der Verpflichtung Hollerbachs sowas wie ein Ruck durch durch diese Bundesliga-untaugliche Truppe geht? Bullshit, die Meisten beschäftigen sich doch bereits jetzt mit dem Gedanken, wo sie in der nächsten Saison ähnlich viel abgreifen können wie in Hamburg.

Todt: „Wir hatten immer wieder sporadisch Kontakt, weil ich seine Entwicklung mit Würzburg sehr beeindruckend fand und immer Ausschau nach interessanten Trainern halte“ (Quelle: Abendblatt)

Yepp, der Jensi ist ein echter Macher mit dem Ohr am Puls des Leistungssports. Zwar sieht er mittlerweile aus wie eine Stuhlprobe, aber er ist sowas von im Thema, das ist kaum zu ertragen. Mal gucken, ob er vielleicht im Winter noch so eine Rakete wie Wim Thoelke findet. Einzigartig übrigens mal wieder (wie bei jeder Trainer-Vorstellung), die Auftritte der Heuchel-Presse. So versucht sich jeder Schleimscheißer beim neuen Übungsleiter rechtzeitig zu positionieren, diejenigen, die „Holler“ duzen dürfen, sind jetzt besonders stolz.

Vor 13 Stunden

Genau, Kicker-Wolff, das war ein Wahnsinns-Auftritt. Wir reden hier übrigens vom gleichen Sebastian Wolff, der immer behauptet hatte, dass Didi „einen Plan hätte“ und der Gisdol für einen echten Entwicklungstrainer gehalten hatte. Und sowas schreibt für den Kicker und die dünn-angerührten Fans glauben den Scheißdreck.

So traurig, wie es ist, aber die Einzigen (außer Spiegel und Zeit), die die Eier haben, die Wahrheit beim HSV zu beschreiben, sind Journalisten aus dem Süden der Republik. So schreibt die Süddeutsche einen großartigen Artikel, der die Zustände in Hamburg auf den Punkt bringt.

Markus Gisdol wird seine Entlassung beim HSV nicht persönlich nehmen. Er kennt die Gesetze des Fußball-Geschäfts. Er kennt mittlerweile auch den HSV. Er weiß, dass dort kaum einer die Kraft zum Querdenken besitzt. Sechs Spiele ohne Sieg, Heimniederlage gegen den Tabellenletzten, Platz 17 – was kann man da machen? Den Trainer feuern, klar. Eine Alternative habe es nicht gegeben, hat Vorstandschef Heribert Bruchhagen gesagt. Eine neue Idee, eine andere Lösung als die nächstliegende, war keine Option. Typisch HSV. (Quelle: Süddeutsche)

So ist das. Immer schön weiter fuhrwerken, bloß nichts ändern. Wenn es wieder einmal nicht auszuhalten ist, den Trainer feuern und abfinden und den nächsten Insolvenz-Verwalter engagieren.

Vielleicht gelingt sogar wieder eine Last-Minute-Rettung wie so oft in den vergangenen Jahren. Und dann? Weiterwursteln, bis der nächste Feuerwehrmann kommt? Längst stellt sich beim HSV die Frage, ob der erste Abstieg seiner Bundesliga-Historie nicht sogar heilsam sein könnte. (Quelle: Süddeutsch)

Mein Reden. Aber dafür bräuchte man an der Spitze keinen Rentner, der auf seine alten Tage nochmal ein wenig abgreifen möchte, dafür bräuchte man jemanden mit Eier. Jemand, der unpopuläre Maßnahmen ergreift und notfalls auch gegen Presse und Kühne durchsetzt. So aber jemand wird man in diesem Verein nicht hochkommen lassen und deshalb muss dieser Klub endlich crashen.

Drei Fast-Abstiege in vier Jahren haben nicht dazu geführt, dass Querdenker die Trägheit des stolzen HSV-Kosmos aufbrechen. Es braucht wohl doch einen echten Niederschlag. Sonst werden die eingesessenen Strippenzieher dieses großen Vereins nie kapieren, dass guter Fußball mehr braucht als ein paar gut gefüllte Geldsäcke. (Quelle: Süddeutsche)

Auf den Punkt.

Aber jetzt wird „Holler“ erstmal die Zügel anziehen, damit man sieht, weshalb man ihn geholt hat. Problem wird nur sein, dass Spieler wie Papadopoluos, Ekdal und Wood ein gesteigertes Trainingsprogramm aufgrund ihrer körperlichen Situation gar nicht bewältigen können, also bleiben Hollerbach nur zwei Alternativen. Das Training voll durchziehen, mit allen Spieler, und dann riskieren, dass die Halbinvaliden teilweise wochenlang ausfallen. Oder wie bisher die Belastung steuern und riskieren, dass man den Ruf des eisenharten Schleifers ganz schnell loswird.

Meine Prognose: Es wird sich so gut wie gar nichts ändern, besonders auf dem Platz wird gestümpert wie bisher. Hollerbach hat bekanntlich auch einen Vertrag, der für die 2. Liga gültig ist. Sie werden wissen, warum. Und zur Not kommt nach „Holler“ dann der nächste rettende Rettungsretter.

P.S. Ich hatte gestern via Twitter eine kleine Umfrage gestartet, hier die Ergebnisse:

HSV-Arena‏
Also dann. Bernd Hollerbach ist in Hamburg, die Begeisterung hält sich sichtbar in Grenzen. Was meint ihr, rettet „Holler“ den #HSV?

19% Ja, auf jeden Fall

32% Nicht in diesem Leben

49% Ist mir inzwischen Latte