Wenn ich ehrlich bin, stehe ich immer noch unter dem Eindruck der Bilder von der Mitgliederversammlung, die man im TV „bewundern“ konnte. Das war kein Wahlkampf, das war weder sachliche Diskussion noch inhaltliche Auseinandersetzung, das war zum Teil blinder Hass. Hass innerhalb eines Vereins, mehr muss man zum HSV 2018 nicht mehr sagen. Wer dachte, dass nach der Ausgliederung im Jahr 2014 die meisten Kapuzenpullover-Träger zum SC Falke abgewandert wären, sah sich übelst getäuscht. Wer auf der anderen Seite dachte, dass die üblichen HSVPlus/Hoffmann-Jubelperser dazugelernt hätten, wurde ebenfalls enttäuscht. Stattdessen wurde auf der seine Seite ein Freudenfeuer angezündet („So sehen Sieger aus“), während der siegreiche Kandidat unter dem Schutz von Sicherheitskräften zur Presse geführt wurde.

Um es zusammen zu fassen: Der HSV hat an diesem Nachmittag in der Kuppel als Verein exakt das bestätigt, was die Mannschaft seit Jahren auf dem Feld abliefert und was die Funktionäre im Volkspark treiben. Dieser HSV ist peinlich! Mir sagte jemand, der sich dort aufhielt, dass er ein äußerst schlechtes Gefühl hatte, dort anwesend zu sein. Komische Blicke, offene Aggression. Ein anderes Mitglied schickte mir während der Abstimmung eine WhatsApp-Nachricht mit dem Inhalt: „Gleich hauen sie sich in die Fresse“. Und das soll euer Verein sein? Und ihr wollt von eurer Mannschaft Leistung einfordern, wenn ihr euch selbst gegenseitig an die Kehle geht? Wie behindert seid ihr eigentlich?

Zurück zum Wahlausgang, den ein sichtlich angefasster Bernd Hoffmann anschließend kommentieren musste. Von Freude über einen äußerst knappen Wahlausgang war nichts zu spüren, stattdessen merkte man dem neuen e.V.-Präsidenten an, dass ihm der offen gezeigte Hass deutlich an die Nieren gegangen war.

Eigentlich ist das doch erstaunlich, oder? Da dachte man, dass durch die Ausgliederung die vorhandenen Gräben dafür gesorgt hätten, dass die eine Seite des Grabens verschwunden sei und nun zeigt sich, dass dieser Verein zerrissener denn je ist. Und bei aller Liebe, ich sehe absolut keine Chance, diese zwei Parteien zueinander zu führen. Wobei man eigentlich fragen sollte, was jetzt eigentlich verlogener ist. Diejenigen, die den Hoffmann-Sieg frenetisch feierten und damit ein Hoch auf die Mitglieder-Mitbestimmung sangen, waren exakt die Gleichen, die vor 4 Jahren bejubelten, dass die AG ausgegliedert und den Mitgliedern das Recht auf Mitbestimmung entzogen wurde. Aber – um sein Ziel zu erreichen, scheint wirklich absolut jedes Mittel Recht zu sein. Mich kotzen diese verlogenen Gestalten jedenfalls an.

Und jetzt? Was denken die Leute, was jetzt passiert? Ach ja, jetzt wird ja bekanntlich die „Treppe von oben nach unten gefegt“ und „feucht durchgewischt“. Und wie soll das gehen? Der Verein hat keinen Cent für einen neuen Spieler, soll aber plötzlich Abfindungen in Millionenhöhe aufbringen? Und selbst wenn man sich von Bruchhagen, Todt und Wettstein (dringend notwendig) trennen sollte, glaubt denn irgendjemand, dass die Mannschaft dann plötzlich gewinnt? Und wer soll es dann machen? Die letzten Jahre haben doch eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass der HSV eben nicht mehr in der Lage ist, Spitzenpersonal zu bekommen, weder in den Büros noch auf dem Platz.

So weit denkt aber der Jubelperser nicht, der ist mal wieder berauscht. Und er spielt in Gedanken die Namen Schmadtke und Co. durch und wundert sich dann, wenn auch unter diesen Personen nichts besser wird.

Hoffmann möchte Vorsitzender des Aufsichtsrats werden, das ist bekannt. Zum Vorsitzenden können ihn aber nur die anderen 5 Mitglieder des AR wählen, Ausgang offen. Möchte Hoffmann den Aufsichtsrat umbesetzen, muss der dem Beirat Gründe und Vorschläge unterbreiten, Ausgang offen. Bis dahin ist Bernd Hoffmann einer von 6 im Aufsichtsrat und dann wird da überhaupt nichts durchgewischt. Im Übrigen wäre es ohnehin Blödsinn, zu diesem Zeitpunkt irgendwelche populistischen Personal-Entscheidungen zu treffen, so lange man nicht weiß, in welcher Liga man in der nächsten Saison spielt. Dann wäre da noch die Frage der Lizenz für die 2. Liga, die alles andere als gesichert ist. Und so weiter und so weiter.

Wer nun denkt, und die Medien haben natürlich nichts besseres zu tun als erneut 242 Personen ins Spiel zu bringen und zu spekulieren, dass sich ab übermorgen die Katastrophen-Situation des HSV in Luft auslöst, Bernd Hoffmann übers Wasser geht und Bobby Wood einen Doppelpack am nächsten schnürt, wird bitter enttäuscht werden. Und genau an dieser Stelle beginnt das Dilemma für den neuen Präsidenten, mit dessen Wahl Erwartungen verknüpft wurden, die völlig unrealistisch und unerfüllbar sind.

Und ich werde seltsamerweise ins Jahr 2014 zurückversetzt, an einen warmen Tag im Frühling. Ich glaube, es war der 25. Mai, aber ich mag mich irren. Auch damals dachten (wir) alle, dass nun alles gut werden würde. Wie haben wir uns doch getäuscht.