Ich kann mich gut an zahlreiche Kommentare erinnern, die jedesmal dann aufkamen, wenn sich Matthias Sammer öffentlich zu Wort meldete und zum HSV äußerte. „Der soll die Klappe halten, der hat den Verein verarscht“ oder „Der hat doch mit dem HSV nur gespielt und wollte immer nach München“. Jaja. Kaum jemand kam in den Zeiten nach dem Januar 2011 auf die Idee, dass es vielleicht nicht Sammer, sondern der Aufsichtsrat des HSV war, der die Nummer versaut hat. Diejenigen, die sich Sammers Version anhören möchte, werden hier schlauer.

https://video.eurosport.de/fussball/bundesliga/2017-2018/matthias-sammer-verrat-darum-platzte-mein-wechsel-zum-hsv_vid1072985/video.shtml#de-fb-sh

Wäre es nur Sammer, könnte man zweifeln, aber es ist eben nicht nur der ehemals rothaarige Sachse, der aus angeblich unerfindlichen Gründen dem Weltverein HSV abrupt den Rücken kehrte. Wir erinnern uns an die Tuchel-Affäre, als der damalige AR-Vorsitzende Gernandt stolz verkündete, man hätte alles von A bis Z  „durchdekliniert“ und wäre sich einig. Pustekuchen. Mit Hoogma ist das mehrmals passiert und ich möchte nicht wissen, wie oft sich der HSV bei fast sicheren Transfers vergaloppiert hat. Warum? Weil einige das Maul nicht halten können und sich mit vorab veröffentlichten Infos dick machen wollen. Aber es ist nicht nur das.

Dieser Verein leidet seit vielen Jahren an dem Defizit zweier Dinge.

Vertrauen und Zuverlässigkeit.

Das Problem des Vertrauens wirkt nach innen und nach außen, aber wie sollen eigentlich Vereins-fremde Personen dem Klub (ver)trauen, wenn es die eigenen Mitarbeiter nicht tun? Wenn man mehr damit beschäftigt ist, sich gegenseitig zu zerfleischen und den schwarzen Peter zuzuschieben, anstatt zu Vereinbarungen wie Stillschweigen zu stehen.

Das Problem der Zuverlässigkeit ist eine direkte Folge des ersten Problems und es ist nicht weniger dramatisch. Dieser Verein ist weder nach innen noch nach außen zuverlässig bzw. das einzig Zuverlässige an dem HSV ist seine Unzuverlässigkeit. Diesen Ruf des unberechenbaren Gebildes hat sich der Verein in vielen Jahren hart erarbeitet und es wird viele weitere Jahre dauern, den Ruf los zu werden, wenn man denn auf der Stelle beginnen würde. In Hamburg aber meint man, man müsste sich nur für viel Geld ein lächerliches Leitbild zusammen schustern lassen und dann läuft die Geschichte. Ein solches Leitbild muss man aber nicht nur schreiben (lassen), man muss es auch leben. Und vor allem muss man es vorleben.

Vorgelebt wird in diesen Tagen im Volkspark etwas ganz andere, nämlich der Akt der Selbstzerfleischung frei nach dem Motto: „Rette sich wer kann“ und „Nach mir die Sintflut“. Das nach außen transportierte Bild von einem geordneten Rückzug entspricht nicht im Mindesten dem, was dort zur Zeit bzw. schon seit Wochen abläuft. Das, was man mir berichtet, ist das Bild eines zerstörten Vereins, bei dem ein jeder nur noch versucht, so heil wie möglich aus der Sache rauszukommen und zwar ohne Ausnahme. Die Folgen dieser Zerfallserscheinung wird der HSV noch eine lange Zeit zu spüren bekommen, da bin ich mir sicher.

Nimmt man alles zusammen,

die wirtschaftliche Situation,

die personelle Situation,

das Bild, welches der Verein aktuell abgibt,

das ramponierte Image eines ehemals großen Vereins,

die sportlichen Aussichten,

die Perspektiven,

dann kann man nur zu einem Schluss kommen und der lautet: Diesem Verein ist nicht mehr zu helfen, in keiner Liga mehr. Dieser Verein ist über Jahre katastrophal geführt, systematisch ausgebeutet und vorsätzlich an die Wand gefahren worden. Jetzt ist er tot und es wäre einfacher, einen vollkommen neuen Klub mit System zu gründen, als aus der Asche des HSV etwas aufzubauen. Dies würde viele Jahre dauern und ob es am Ende gelingt, ist mehr als zweifelhaft.

R.I.P. HSV