Jetzt ging es dann doch plötzlich ganz schnell und jeder, der sich ein wenig Resthirn bewahrt hat stellt sich die Frage: Warum eigentlich? Warum jetzt diese hektische Betriebsamkeit, warum jetzt, mitten in der Woche, die panikartige Trennung von Heribert Bruchhagen, dem dann Chef-Intrigant Wettstein folgte, dessen erste Amtshandlung als Übergangs-Vorstandsvorsitzender es war, den Sportchef zu feuern, weil dies der Aufsichtsrat nicht konnte (Todt war kein Vorstandsmitglied und konnte entsprechend nicht vom AR entlassen werden). Passend zum Charakter des Herrn Wettstein natürlich dies:

„Die telefonisch überbrachte Entscheidung, die ohne Rücksprache mit Investor Klaus-Michael Kühne getroffen worden sei, habe der Sportchef mit Fassung getragen, sagte Wettstein“

Bei aller Wertschätzung oder nicht vorhandener Wertschätzung, aber die telefonische Kündigung eines Direktors ist ebenso unwürdig wie HSV-typisch und der Umstand, dass Frank W. nur wenige Minuten nach seiner „Ernennung“ aufgedreht wie ein Gockel durch die Geschäftsstelle rannte, spricht ebenfalls Bände. Hier denkt einer, er wäre am Ziel, wenn er sich dabei bloß nicht täuscht. Dabei ist nach Hoffmann’s erstem Kahlschlag eines deutlich: Wettstein ist noch da, weil einer bleiben musste. Wie hätte der HSV den Rest der Saison ohne Vorstand und ohne Sportchef arbeiten sollen? Oder hätte man sich vorzeitig vom Spielbetrieb abmelden sollen?

Ein typischer Wettstein durfte natürlich am Tag 1 des Umbruchs nicht fehlen:

„Wir sind weiterhin uneingeschränkt handlungsfähig.  Unser Schwerpunkt liegt in der Wahrnehmung von Chancen. Ich glaube, dass ich als Verbliebener im Vorstand den größtmöglichen Hintergrund habe, um zu beurteilen, was ideal sein könnte.Wir müssen die Ursachen identifizieren, die zu dieser Situation geführt haben…“

Frank Wettstein (Vorstand Finanzen)

Nun, Herr Wetzstein, das Problem ist, dass sie persönlich eine der Hauptursachen sind. Sie waren zuerst ein Teil des Vorstandes unter Beiersdorfer  und dann Teil des Vorstandes unter Bruchhagen. Sie haben alle signifikanten Entscheidungen mit- und dazu beigetragen, dass dieser Verein eine rauchende Ruine ist. Sie haben als Finanzvorstand ebenso versagt wie als angeblicher Finanzexperte, sie haben diesen Verein an Herrn Kühne verschachert. Sorry, aber es wird ihnen nicht gelingen, jetzt das weiße Schaf zu spielen und sich von allen Verantwortungen freizusprechen, sicher nicht. Um es ganz deutlich zu sagen: Sie müssen spätestens am Ende der Saison der Nächste sein! 

Trotzdem bleibt die Frage: Warum gerade jetzt? Was ist denn anders als vor dem Mainz-Spiel oder nach dem Bayern-Spiel? Oder denkt irgendeiner tatsächlich, dass mit der Massen-Entlassung jetzt sowas wie ein Ruck durch eine Mannschaft geht, die sich im Selbstzerstörungs-Modus befindet? Bullshit, die Leiche wird gefleddert und im Verein weiß das jeder. Aber offenbar war man (Hoffmann) der Meinung, dass man nicht mehr länger warten könnte, ohne das Gesicht vollends zu verlieren. Die Drohungen gegen Bruchhagen hatten nicht gewirkt (Heribert sollte gezwungen werden, Todt zu feuern und hatte sich geweigert. Nach Bruchhagens Auffassung war der Sportchef nur zu einem geringen Teil Schuld an der Misere und sollte nicht für Dinge bestraft werden, die er nicht zu verantworten hatte), also musste zuerst der 70-Jährige beseitigt werden, damit man das Bauernopfer Todt vom Hof jagen und sich selbst etwas mehr Spielraum erkaufen konnte.

 

So gesehen war diese Charade Bruchhagens nur die mit Verspätung gestellte Vertrauensfrage, die sich eigentlich bereits nach Affäre um Wettstein und Goedhart zwingend ergeben hätte. Tatsächlich ist seit gestern Fakt, dass die HSV Fußball AG vom Aufsichtsrat nicht kontrolliert, sondern geführt wird.

Man sieht, alles nur Politik. „Wir müssen jetzt das machen, um dann das machen  zu können.“ Es geht weder darum, den HSV zu retten oder zu restrukturieren, es geht, wie immer, um Macht. Wie man allerdings jetzt die letzten Wochen in der Bundesliga arbeiten möchte, wie man ohne Sportchef mit aktuellen Spielern reden und mit neuen Spielern verhandeln möchte, das bleibt die Preisfrage. Wenn man sich vorstellt, dass dies nun der Autist Peters und der bei RB Leipzig wenig vermisste Spors machen sollen, kann man sich die Zukunft in den freundlichsten Bildern ausmalen.

Wie üblich macht der HSV einen komplett unvorbereiteten, panischen Eindruck und die Probleme werden nicht kleiner. Ich hatte vorgestern vom Vertrauens-Problem und der Zuverlässigkeit geschrieben, heute hat man nun folgende Leute an der Spitze.

Wettstein, Bernhard Peters, Pletz. Überwacht und kontrolliert von einem Aufsichtsrat, der innerhalb von wenigen Tagen einen Vorsitzenden wählt und wieder abwählt und mit Gestalten wie Goedhart und Jansen in seinen Reihen. Die Gesichter des HSV-Todes werden in Erinnerung bleiben.

Gute Nacht, HSV