Bis zum 3. April hat Vorstand Frank Wettstein noch Zeit, die fälligen Lizenzunterlagen für die Zweite Liga einzureichen. Und während bislang immer davon ausgegangen wurde, dass der HSV im Fall des Abstiegs rund 25 Millionen Euro durch Spielerverkäufe erwirtschaften müsste, geht man nach Abendblatt-Informationen intern von mehr als 30 Millionen Euro aus.

Schon einmal, vor vier Jahren, sollte Kühne für den Fall des Abstiegs bürgen. 2014 hatte sich der Unternehmer bereit erklärt, im Fall der Fälle eine Bürgschaft über zehn Millionen Euro zu garantieren. Was bislang aber kaum einer wusste: der DFL war Kühnes schriftliche Absichtserklärung nicht genug. Die strengen Regelhüter forderten eine Bankbürgschaft von Kühnes Hausbank über die volle Summe, was den mehrfachen Milliardär – gelinde gesagt – ziemlich erzürnte. (Quelle: Abendblatt.de)

Guck an, möchte man sagen, hätte man es nicht bereits geahnt. Ist also doch nicht alles so easy, wie uns die Herren, allen voran „HSV-Sanierer“ Frank Wettstein glauben machen wollten. Der hatte auf der Mitgliederversammlung im Januar noch davon gesprochen, dass die Lizenz-Erteilung, egal in welcher Liga, aber so überhaupt kein Problemchen darstellen würde. Und nun das. Derweil witzelt „Gönner“ Klaus-Michael Kühne am Rande seiner Hoteleinweihung offen über die abgegangene Perle HSV und vermeidet klare Bekenntnisse. Natürlich wird dies den gemeinen rosa Hüpfer nicht davon abhalten, daran zu glauben, dass Opa Klau-Mi am Ende wieder alles zum Guten wenden wird, aber was wenn nicht? Auf mich wirkt Kühne mehr und mehr so, als hätte er die Lust am Verein verloren und mit dem HSV größtenteils abgeschlossen. Wenn dem so sein sollte, gehen die Lichter aus, das sollte jedem klar sein.

Aber eigentlich wollte ich auf etwas anderes hinaus. Ex-Torhüter Uli Stein hatte vor Kurzem bei SKY90 die uralte Debatte erneuert, warum eigentlich so gut wie jeder Spieler beim HSV schlechter wird und kaum, dass er dem Verein den Rücken gekehrt hat, zu alter (oder neuer) Stärke zurückfinden kann.

„Spieler, die zum HSV kommen“, sagt er, „werden nicht besser, die werden alle von Jahr zu Jahr schlechter. Keiner ruft sein Potenzial ab, die spielen alle unterhalb ihres Leistungsniveaus. Das muss ja irgendwelche Gründe haben. Das ist ein Phänomen für mich.“ (Quelle: Mopo)

Nun, dieses Phänomen ist so neu nicht, oder? Dennoch kann ich immer noch nicht begreifen, wie man die Gründe nicht verstehen kann, denn sie liegen auf der Hand. Das ganze Problem fängt nicht bei den Spielern selbst, sondern beim Verein an. Beim HSV herrscht seit vielen Jahren eines nicht mehr und das ist für einen sportlichen Erfolg und für die persönliche Entwicklung eines jeden zwingend erforderlich, es fehlt jeglicher Leistungsgedanke. Im Verein selbst, aber auch im Umfeld (Fans, Medien) ist man spätestens seit 2011 mit allem glücklich und zufrieden, was besser als Platz 16 in der Tabelle ist. Mag auch der eine oder andere Verantwortungsträger öffentlich etwas anderes erzählen, intern gilt das Motto: „Bloß nicht absteigen, bloß nicht den Dino und die Uhr riskieren“. Diesem Ziel wird alles untergeordnet, man hat sich auf einem Level der untersten Mittelmäßigkeit eingefunden. Die Spieler begreifen das und holen halt nicht mehr raus, als eben notwendig ist.

Ein weiterer Grund für diese traurige Phänomen: Der Verein gibt auch außer einem fehlenden Leistungsgedanken nichts vor, woran man sich (als Spieler) orientieren kann. Keine Strategie, kein Plan, keine Ziele. Der Verein ist ein Gebilde, welches Unzuverlässigkeit vorlebt und die Umtriebigkeit von Profiteuren und Abgreifern unterstützt. Ständiger Personalwechsel, keine Ethik, kein gelebtes Leitbild. Hinzu kommt ein intrigantes Umfeld und eine Presse, die solange Hofberichterstattung betreibt, bis die Person gefeuert wurde und dann nach tritt, bis die Nase blutet. Keine ehrliche Analyse, keine kritisch-faire Begleitung.

Aber weiter. Neben diese ganzen negativen Punkten ist Hamburg natürlich eine schöne Stadt, in der man garantiert besser leben kann als in Mainz oder Augsburg. Außerdem hat sich in der Branche rumgesprochen, dass man, eben aufgrund der aufgezeigten Gründe, mit relativ schlechter Leistung überproportional gut verdienen kann. Der HSV 2018 ist ein Synonym geworden für Spieler im Spätherbst ihrer Karriere und für Kicker, die wissen, dass nicht sehr viel mehr gehen wird, die aber dafür extrem gut verdienen können.

All diese kleinen Gründe verdichten sich am Ende zu dem einen großen Grund und erklären, warum Spieler in Hamburg nicht besser, sondern schlechter werden. Geht ein Spieler dann weg und trifft auf einen Verein, bei dem diese Gründe in dieser Fülle nicht auftreten, ist er auch in der Lage, konstant vernünftige Leistungen zu erbringen. Da gibt es gar keine großen Geheimnisse oder Verschwörungen, eigentlich ist es ganz einfach. Was jedoch weniger einfach ist – wie kommt man aus dieser Situation wieder raus? Die Problem sind derart vielfältig, zahlreich und breit gefächert, wie sollte man das Projekt „HSV Erneuerung“ angehen?

Zuerst einmal muss gelten: Das, was die Vereinsführung sagt, gilt. Punkt. Der Vorstand gibt eine Richtung vor und nach der haben sich alle zu richten. Diese Richtung ist verbindlich und gilt für alle, vom Vorstandsvorsitzenden bis zum Darsteller im Dino-Kostüm. Wer sich nicht daran hält bzw. nicht halten möchte, hat keinen Platz in diesem Verein. Der Verein muss bei allem, was er sagt und tut, verlässlich und zuverlässig werden. Das bedeutet, dass man auch mal nein sagen muss. Es müssen klare Regeln aufgestellt werden und nach diesen Regeln muss in Zukunft agiert werden. Jeder Mitarbeiter, vom Direktor bis zum Torhüter braucht eine klare Linie an der er sich orientieren kann. Beim HSV rennen seit Jahren alle Mitarbeiter in unterschiedliche Richtungen, weil niemandem eine Richtung vorgegeben und erklärt wurde.

Ferner gilt: Die Entscheidungen müssen begründet werden. Jeder Mitarbeiter kann Entscheidungen, sein sie auch noch so unangenehm, nachvollziehen, wenn man sie ihm schlüssig begründet. Nur einfach zu sagen „Das ist jetzt so“ reicht nicht. Es muss ein Ende haben mit Willkür und Bevorzugung, auch und besonders die Führungskräfte müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Das Wichtigste aber: All diese Maßnahmen müssen nachhaltig sein und nachhaltig gelebt werden. Wenn man nach dem ersten Windhauch erneut zusammenbricht, ist alles verloren.

Außerdem: Bei der Besetzung von wichtigen Positionen muss es endlich darum gehen, dass diese Menschen ein klares Konzept und nicht nur eine Raute irgendwo haben. Der „Experte mit Stallgeruch“ muss ein für allemal Vergangenheit sein und nur, weil irgendeine Person mal 1 1/2 Jahre für den Verein gebolzt hat, ist er nicht automatisch ein guter U15-Trainer.

Ob dies alles mit „neuen“ Führung des Verein zu bewerkstelligen ist, ich habe meine Zweifel. Ich habe vielmehr die Befürchtung, dass man auch in der 2. Liga (sollte die Lizenz denn kommen) einfach so weitergemacht wird wie bisher, nur halt eine Nummer kleiner als gewohnt.

Wie man es nicht macht, sieht man hier:

https://www.hsv.de/fileadmin/user_upload/Bilder_HSV.de/Unser_HSV/Verein/HSV_ev/Ueber_HSV/HSV-Leitbild.pdf

Man lässt sich für teures Geld ein paar nette Sprüche malen und tut am Ende genau das Gegenteil davon.

Nur mit interner Geschlossenheit und Verlässlichkeit nutzen wir die ganze Kraft des HSV.
Wir sind immer erstklassig. Wir sind klar wie die Raute. Wir sind der HSV.

Unser sportliches Ziel ist die Etablierung unter den fünf besten Mannschaften in
Deutschland und eine ständige Teilnahme an internationalen Wettbewerben.

Wir sichern die finanzielle Solidität des HSV dauerhaft und unabhängig vom
sportlichen Erfolg

Kapitalgeber sind uns zur Erreichung der strategischen Ziele wichtig und willkommen.
Unsere sportlichen und unternehmerischen Entscheidungen treffen wir unabhängig.

Wir steigern den Wert des HSV kontinuierlich.

 

#DankeDidi