Liebe Kinder,

ich möchte euch heute ein Märchen erzählen. Dieses Märchen handelt von einem Mann namens Falk Wattmann und wie an alle Märchen ist auch immer ein (großes Stück) Wahrheit daran. Falk Wattmann war eigentlich ein kleines Licht. Bank-Lehrling, BWL-Student, Wirtschaftsprüfer, also im Grunde das Synonym für langweilig und durchschnittlich. Aber Falk hat eine besondere Gabe, er ist ein professioneller Intrigant. Dies und und seine überdurchschnittliche Skrupellosigkeit macht ihn für den einen oder anderen Profiteur interessant und so kam es, dass unser Falk Karriere macht, bei einem Autohersteller.

Beim ersten Autohersteller für den unser Falk arbeitet, was er nicht mehr als ein Kaffeeholer. Dieser Autobauer war ein Sanierungsprojekt und die Sanierung gelangt, allerdings gelang sie nicht dank Falk. Der spielte nur eine kleine Nebenrolle in dieser Geschichte, aber es reicht, um sich den Ruf eines Machers zu verschaffen. Der Name Wattmann wurde geschickt mit der Rettung dieses einen Autobauers verknüpft und Falk hatte einen Namen in der Branche.

Beim zweiten Autobauer, ebenfalls ein Sanierungs-Projekt, war Falk dann schon federführend dabei und es kam, wie es kommen musste, das Projekt ging in die Hose. Es ging sogar so sehr in die Hose, dass die Stadt, in der der Autohersteller produzieren ließ, einen Prozess gegen unseren Falk anstrebte. Im Laufe des Verfahrens erfand Falk dann einen Terminus, der heute vor Gericht absolut üblich ist und er lautet: „Ich kann mich leider nicht erinnern, eurer Ehren“. Nun hatte Falk damals den Vorteil, dass er nur in beratender Funktion für den Autobauer arbeitete und als dieser von der Bildfläche verschwand, war auch Falk verschwunden, jedoch nicht von der Bildfläche.

Denn es begab sich zu der Zeit, dass es wieder einen Autohersteller gab, der Hilfe benötigte. Andere Firma, gleiches Ergebnis. Falk kassierte zwar sein Honorar, aber die Firma ging pleite und Falk war wieder einmal über alle Berge. Nun, lieber Kinder, eigentlich hätte sich bereits jetzt rumgesprochen haben müssen, was für ein elender Versager unser Falk ist, aber das hatte es eben nicht. Stattdessen hatte sich etwas anderes rumgesprochen, nämlich die Legende von einem skrupellosen, käuflichen Geschäftemacher, der eine wundervolle Eigenschaft besaß: Er litt unter chronischem Gedächtnisverlust.

Jahre später, wir schrieben das Jahr unseres Herren 2014, hörte ein alter, sehr sehr reicher Mann aus einem fernen Land von der Legende des Falk W. und von seinen „lobenswerten“ Eigenschaften und dieser alte, sehr sehr reiche Mann beauftragte seinen Chef-Lakaien unseren Falk für ihn zu kaufen und in einer Firma einzuschleusen, an der der alte, sehr sehr reiche Mann Anteile erworben hatte. Falk willigte natürlich begeistert ein, denn zum ersten Mal war er nicht nur als Berater beim einem Autobauer angestellt, nein, er saß direkt im Vorstand, zuständig für die Finanzen, was für eine Ironie.

Nun war dieser Autohersteller die bisher größte Herausforderung, denn es handelte sich um ein großes, altes Unternehmen mit sehr viel Tradition. Unser Falk nahm also in seinem Vorstandsbüro Platz und tat das, was er immer tat, er wartete. Er redete nicht viel, besonders nicht mit den Boten und den Zeitungen und eigentlich war er die ganze Zeit über unsichtbar. Aber er wartete, er wartete darauf, dass es die anderen wären, die die Fehler machten. Er selbst war allein aufgrund seiner Funktion als Vorstand Finanzen an jeder Entscheidung unmittelbar beteiligt, jede Entwicklung eines neuen Modells musste von ihm genehmigt und abgezeichnet werden, jede Einstellung eines neuen Mitarbeiters musste er befürworten. Das aber wusste niemand und Falk tat einen Deibel, es jemandem zu erzählen.

Nun, liebe Kinder, ihr ahnt es bestimmt – auch diesem Autobauer erging es nicht anders als den anderen Autobauern vor ihm, bei dem unser Falk arbeitete, er ging den Bach runter. Falk aber konnte sich der Unterstützung seines „Gönner“ aus dem fernen Land immer noch gewiss sein und deshalb hatte er auch kein Problem, seinen Kollegen im Vorstand der Unfähigkeit zu bezichtigen. In jedem anderen Land hätte man einen Menschen wie Falk wohl über die Grenzen gejagt, aber nicht hier. Hier wurde der Kollege fortgejagt und Falk, der bisher absolut nichts geleistet hatte und der am Niedergang des Autobauers mindestens genauso Schuld war, wie alle anderen Vorstandskollegen, wurde sogar befördert. Es begab sich einem Tag im April, da schaute Falk auf ein Bild und auf diesem Bild waren die Mitglieder des Vorstandes verewigt, der zwei Jahre zuvor die Arbeit an dem Sanierungs-Projekt aufgenommen hatten. Mit großer Freude bemerkte Falk, dass er der Einzige war, der noch im Unternehmen war, alle anderen hatten man davongejagt, den Letzten auf Falks Initiative.

Nun steht eine schwere Zeit an, denn der König des Landes lässt alle Unternehmen prüfen und die Berichte des Autobauers aus den letzten 7 Jahren sagen uns, dass die Firma den gleichen Gang antreten wird, wie die beiden Autohersteller, für die Falk zuvor „gearbeitet“ hatte. Aber dann geschieht ein Wunder, denn der König sagt, dass Falks Unternehmen gesund ist. Preistet den Falk, rufen die Bauern und die Zeitungen schreiben von einer Meisterleistung. Dabei hatte Falk eigentlich gar nichts Besonderes gemacht. Er hatte nur den nächsten Kredit bei einem Kredithai aus dem Nebendorf aufgenommen, er hatte Teile der Werkshalle verpfändet und er hatte Zeit gewonnen.

Apropos Zeit. Um Zeit zu gewinnen, hatte Falk einen alten Gefährten aus früheren Zeiten als Berater engagiert. Kurze Zeit später wurde klar, dass dieser Berater ein außerordentlich windiger Zeitgenossen mit zweifelhaften Geschäftspraktiken sei, aber auf dessen Vergangenheit angesprochen, erwiderte Falk, wie gewohnt: „Ich kann mich leider nicht erinnern, eurer Ehren“.

Nun aber ist alles wieder gut. Der Autohersteller ist gerettet, Falk ist der große Gewinner, der alte, sehr sehr reiche Mann ist zufrieden und die Bauer feiern ein Fest. Aber, was lehrt uns die Geschichte? Nach dem Fest kommt der Kater, davon können die letzten beiden Autohersteller, bei denen Falk „gearbeitet“ hat, ein Lied singen.

Und die Moral von der Geschicht‘, liebe Kinder? Bescheißt, bis sich die Balken biegen. Intrigiert, aber lasst euch nicht erwischen. Und vor allem, erinnert euch immer an den einen Satz:

„Ich kann mich leider nicht erinnern, eurer Ehren“.

Gute Nacht, schlaft schön.

Dazu gehört ein neuer 12-Mio-Kredit genauso wie viele Verträge, die schon vorab für einen möglichen Zweitliga-Fall formuliert waren. (Quelle: Bild)