Eigentlich ist das ja ein ganz Netter, der Herr Titz. Wenn man ihn so vor bzw. nach den Spielen reden hört und er im Boris Becker-Modus ruhig und gelassen rüberkommt, ich kann mir schon vorstellen, dass das einigen gefällt. Denn immerhin erzählt er ja das, was viele hören wollen. „Nie aufgeben“ und „wir glauben weiterhin an unsere Chance“, das kommt an. Und dann ist da ja noch die Hamburger Hofpresse, die den Mann hyped bis sich die Balken biegen. Die sehen größtenteils Spiele, die es nie gegeben hat, die sehen Systeme und revolutionären Fußball, der bei genauem Hingucken im Grunde nur ein Update zum Gekicke unter Gisdol ist. Hier vielleicht mal eine Ballstafette mehr, dort einen Querpass anstatt eines blind nach vorn gebolzten 70 Meter Pass und schon kommt für einige Tika taka dabei raus.

Wenn man jedoch ehrlich ist, und das ist in Hamburg seit Jahren des große Problem, wird man realisieren, dass sich unter Titz eigentlich gar nicht so viel geändert hat, wie man gern hätte. Betrachten wir den HSV unter Titz doch mal in Detail. Unmittelbar nach dem 0:6 in München musste Bernd Hollerbach gehen, Titz übernahm und verlor am 27. Spieltag mit 1:2 (trotz 1:0-Führung) gegen Berlin. Im Anschluss holte man einen glücklichen Punkt in Stuttgart, bevor das einzig wirklich gute Spiel gegen uninspirierte Schalker folgte, welches durch einen Glückstreffer von Hunt in der 86. Minute gewonnen wurde.

Am 30. Spieltag verlor man sang- und klanglos mit 0:2 in Hoffenheim, das Spiel hätte ein Debakel werden können. Im anschließenden Spiel gewann man mit mehr Glück und Verstand und der Hilfe von Schiri Cortus mit 1:0 gegen Freiburg, wobei eigentlich der Hamburger Steinmann beim Stande von 0:0 mit gelb/rot vom Platz gestellt sein musste. Danach musste man nach Wolfsburg und siegte gegen die wohl formschwächste Mannschaft der Liga mit 3:1, anschließend gab es in Frankfurt eine deutliche 0:3-Klatsche. Mit anderen Worten: Titz holte 10 von 21 möglichen Punkte bei 9:11 Toren. Aus dieser Bilanz und auch aus der Art und Weise, wie die Spiele abgelaufen sind, einen Wundertrainer formen zu wollen, halte ich für maßlos überzogen. Aber weiter.

Wo kommt der Mann, der sein Bundesliga-Debüt im stolzen Alter von 47 Jahren feiern durfte, eigentlich her? Titz kam ursprünglich auf die Empfehlung von Lewis Holtby zum HSV, hatte er doch zuvor als dessen Personal Jesus gewirkt. Wie von Zauberhand bekam er am 01.07.2015 die U17 des HSV an die Hand, er hatte angeblich den Autisten Peters von seinen Laptop-Fähigkeiten überzeugt. Der nächste Sprung gelang am 01.07.2017, damals übernahm Titz die U23 des HSV vom erfolgreichen Trainer Dirk Kuhnert, der zu Mainz 05 wechselte.

Dort wäre er heute noch, hätte man sich nicht von Bernd Hollerbach getrennt. Und hier beginnt eines meiner Probleme. Denn anstatt dankbar für diese Entwicklung und diese Chance zu sein, leitet Titz aus 10 von 21 Punkten einen Anspruch ab. Seine Aussage (sinngemäß): „Ich habe nun Blut geleckt und werde nicht wieder zur U23 in die Regionalliga zurückkehren. Meine Zukunft sehe ich in der 1. oder 2. Liga“. Nun, das mag ja durchaus legitim sein, für mich klingt das nach „die Gunst der Stunde nutzen“ und nicht eben nach Dankbarkeit gegenüber dem eigenen Verein für die Chance, die ihm gegeben wurde. Hinzu kommen die über die Presse lancierten Gerüchte über ein angebliches Angebot aus Kiel.

Wäre Titz wirklich so nett, wie viele glauben, hätte er anders reagieren müssen. „Ich habe einen Vertrag in Hamburg und habe gern in der Bundesliga trainiert. Wenn man dort ins Zukunft eine andere Lösung bevorzugt, gehe ich mit Freude zu meiner U23 zurück, dann dafür bin ich angestellt worden“. Sowas kommt einem in der Herde der Hamburger Selbstoptimierer aber nicht in den Sinn, hier heißt es: „Mitnehmen, was man kriegen kann“. Zu dem Zweck verbrüdert man sich auch gern mal, um den eigenen Forderungen Nachdruck verleihen zu können. Die unheilige Allianz aus Wettstein, Peters und Titz betreibt ausgerecht vor den entscheidenden Spielen in Frankfurt und gegen Gladbach intensivste Vereinspolitik in eigener Sache, jeder lobt jeden.

Wettstein findet Peters überragend, der revanchiert sich mit Lob und meint gleichzeitig erklären zu müssen, dass Titz ein Super-Trainer ist, wobei er nicht zu erwähnen vergisst, welchen Anteil er selbst an dessen Entwicklung hatte. Titz bedankt sich und findet, dass Peters ein genialer Sportvorstand wäre, man möchte kotzen. Wäre es nicht so durchschaubar, müsste man den ganzen Tag lachen, aber das Problem ist, dass die idiotischen Vollpfosten auf diese Manöver reinfallen. Und um es einmal ganz deutlich zu sagen:

Es ist verdammt nochmal scheißegal, ob ein Trainer NETT ist oder nicht. Es gibt keine alten und keine jungen Trainer. Es gibt keine netten oder unsympathischen Trainer. Es gibt keine dicken und keine dünnen Trainer. Es gibt nur erfolgreiche und nicht erfolgreiche Trainer, wann begreifen die Trottel in Hamburg das endlich? Nur, weil Herr Titz in jedem Gespräch aussieht, als würde er jede Sekunde anfangen zu weinen, muss er nicht der richtige Coach für den HSV sein.

Tut mir leid, wenn ich schon wieder einige enttäusche, aber durch das durchschaubare Manöver und die damit verbundene Allianz mit den Herren Wettstein und Peters hat sich Coach Titz in meinen Augen disqualifiziert. Und weil er deutlich demonstriert hat, dass es ihm ausschließlich um sich selbst und nicht um den Verein geht.