Liebe Leser,

genau 11 Tage ist es jetzt her, dass ich einen Blog geschrieben habe, am 20.07. schrieb ich „Ich bin dann mal weg“. Während dieser Zeit habe ich eine interessante und für mich auch durchaus wichtige Zeit erlebt, in der ich mich wenig bis gar nicht mit einem Verein beschäftigt habe, der in den letzten Jahren keinen Spaß mehr machte. Ich habe so gut wie nichts, was mit dem HSV zusammenhing, konsumiert und noch weniger kommentiert. Nicht etwa, weil ich in den Urlaub gefahren bin, sondern weil ich einfach keine Lust mehr hatte. In den letzten 3 Tagen habe ich mich wieder ein wenig eingelesen und habe registrieren dürfen, dass sich absolut nichts geändert hat, ganz besonders, was die mediale Begleitung des Vereins betrifft. So titelt das Abendblatt:

Warum sich der HSV in erstklassiger Frühform befindet

Ach Gott, wie oft haben wir sowas oder Ähnliches in den letzten 5-15 Jahren lesen dürfen? Wie oft waren die neuen (oder alten) Trainer wahre Motivationskünstler, Laptop-Trainer oder echte Erfinder von brandneuen Taktik-Konzepten? Wie oft war der aktuelle Sportchef ein wahrer Künstler, wenn es darum ging, den nächsten Hoffnungsträger an die Elbe zu lotsen? Was wurde gefeiert, wenn wieder einmal ein Mini-Messi in Hamburg landete, wenn der nächste zukünftige Weltfußballer landete oder wenn Filip Kostic vom sagenhaften „Projekt HSV“ überzeugt werden konnte, größtenteils mit Mondsummen, die sich der Verein nicht leisten konnte.

Ähnlich kompromisslos wie bei den leeren Bierbechern auf dem Stadionvorplatz setzten die HSV-Verantwortlichen direkt nach dem Supergau im Mai zum Großreinemachen an. Vom Auftaktgegner aus Kiel wurde Sportchef Ralf Becker geholt, der still und heimlich aus dem überteuertsten Kader der Bundesliga den jüngsten (und zumindest einen der vielversprechendsten) Kader der Zweiten Liga machte.

Die Abstiegsflops Walace, Bobby Wood, André Hahn, Christian Mathenia, Sven Schipplock, Nicolai Müller, Luca Waldschmidt, Dennis Diekmeier, Sejad Salihovic und Mergim Mavraj mussten gehen, Filip Kostic und Albin Ekdal dürften noch folgen. Dafür kamen die ablösefreien Jairo Samperio, David Bates, Christoph Moritz und Manuel Wintzheimer. Und lediglich für den zweifachen Monaco-Torschützen Khaled Narey zahlte der HSV 1,7 Millionen Euro Ablöse.

Kompromisslos? Wenn man sich einen € 58 Mio.-Etat in der zweiten Liga nicht mehr leisten kann, muss man sich von Spielern trennen. Das ist nicht kompromisslos, das ist notwendig, sonst nichts. Aber lustig auch, dass Spieler wie Walace, Wood, Hahn und Diekmeier als „Abstiegsflops“ tituliert werden, wenn man scheinbar mit den Vertragsverlängerungen der „Abstiegs-Oberflops“ Hunt und Holtby überhaupt kein Problem zu haben scheint. Und während man in den Hamburger Medien nach dem Spiel gegen Monaco das Gefühl hatte, man hätte gerade Wunderdinge vollbracht, vermisst man wie immer eine sachliche Bestandsaufnahme wie diese:

Ihnen kam allerdings entgegen, dass der französische Vizemeister in der ersten Halbzeit verhalten agierte. Die Gäste, die derzeit ein Trainingslager im niedersächsischen Harsewinkel absolvieren, waren schon in den Testspielen zuvor ohne Sieg geblieben. Dem SC Paderborn unterlag Monaco 2:3, beim VfL Bochum gab es ein 2:2. (T-Online)

Jaja, ich weiß. Harsewinkel – Niedersachsen. Ha ha. Aber in den Hamburger Medien wurden die Testspiel-Ergebnisse der Monegassen einfach verschwiegen, sie passen nichts ins (Jubel)-Bild. Hier dreht man mal wieder am ganz großen Rad und lässt Wundertrainer Titz erklären:

„Vor einigen Monaten war hier noch eine gefühlte Untergangsstimmung“

Falsch, Big Titz, war es nicht, zu keinem Zeitpunkt. In Hamburg gibt es keinen Anspruch mehr und eine Anspruchshaltung erst recht nicht. Wie sehr man in der Hansestadt mit nichts zufrieden ist, zeigt sich an den vor-saisonalen Aussagen. Vor ca. 9 Jahren hieß es noch: „Der HSV gehört immer unter die Top 5 der Bundesliga“. Dies änderte sich im Verlauf der Jahre und es wurde daraus ein „Der HSV gehört in die obere Bundesliga-Hälfte“. Bis vor wenigen Wochen sagte man dann: „Der HSV wird immer in der Bundesliga bleiben“ und nun sagte Bogenschützen Mladen Petric im Interview: „Der HSV gehört in die Bundesliga“. Was kommt wohl als Nächstes?

Aber nochmal kurz zurück zu den Wahnsinn-Transfers. Vor kurzer Zeit wurde bekannt, dass der HSV einen Großteil der Transfer-Einkünfte direkt an Kühne weiterleiten darf, der beleidigte Logistiker zieht dem Verein den Stecker. Und was genau hat man getan? Walace mit Verlust verkauft, Hahn mit Verlust verkauft,Wood verliehen, Halilovic verschenkt, Mavraj mit € 300.000 Abfindung vom Hof gejagt. 11 Spieler aus dem eigenen Nachwuchs mit Profiverträgen ausgestattet. Man hat die vereinslosen Moritz (Abstieg aus der 2. Liga), Jairo und Bates geholt, ebenso Wintzheimer von den Bayern. Für die WM-Fahrer Kostic und Ekdal gibt es 3 Tage vor Saisonbeginn nicht eine Anfrage, für Lasogga (mehr als € 3,6 Mio. Gehalt auch in der 2. Liga) ohnehin nicht. Der einzige Transfer, den man als finanziell gelungen bezeichnen kann, war Waldschmidt, alles andere war Standard-Arbeit. Aber die Presse feiert, als hätte man Timo Werner ablösefrei bekommen.

Anyway, wir werden sehen, was passiert. Sollte der Saisonauftakt gegen Kiel, die ich aktuell für einen Abstiegskandidaten halte, in die Hose gehen, brennt eh gleich die Hütte.

Ach ja, an dieser Stelle nochmal ganz herzlichen Dank an die lieben Spender, die auf den Knopf gedrückt haben, obwohl sie nicht wussten, ob und wie es hier weitergeht. Ihr seid wirklich klasse.

Eines noch. Ich hatte bekanntlich angeboten, dass man sich als interessierter Leser ein wenig ausleben und einen Gastblog verfassen könnte. Ein  wenig traurig (für euch) und einigermaßen bezeichnend (für mich), dass nur zwei Leser dieses Angebot angenommen und zwei wirklich lesenswerte Blogs geschrieben haben. Offensichtlich ist es wohl doch nicht ganz so einfach, etwas zu verfassen, von dem man selbst überzeugt ist, dass es andere Leute als lesenswert erachten. Und wenn das schon bei einem Gastblog schwierig zu sein scheint, wie lustig muss es wohl sein, wenn man sich den Spaß fast jeden Tag antut, gell? Also vielleicht das nächste Mal denken und dann mosern.

Letzter Punkt für heute.

Die HSV-Arena-Tipprunde lebt, diesmal mit Sandhausen und Heidenheim. Mitmachen, dabei sein. Eine Gondel ist noch frei…

https://www.kicktipp.de/hsvarena18/