Zur Halbzeit des gestrigen Spiels gegen Holstein Kiel schrieb ich einen Satz bei Facebook:

Spielerisch finde ich die runderneuerten Kieler besser….

Man stelle sich einmal vor, der FC Bayern spielt im ersten Heimspiel der Saison gegen den Aufsteiger der letzten Saison, vielleicht Stuttgart, und verliert sang- und klanglos 0:3. So ungefähr muss sich das angefühlt haben, nachdem man doch so derart überzeugt hatte in den Vorbereitungsspielen und nachdem Wundertrainer Titz den (spielerischen) Stand der Dinge permanent über den grünen Klee gelobt hatte. Am Arsch, denn der HSV macht ansatzlos da weiter, wo er aufgehört hatte.  Substanzloses Gedaddel für die Galerie und am Ende fällt man auseinander. Der HSV ist und bleibt eine Mogelpackung.

Nachdem man in den ersten 15-20 Minuten tatsächlich so etwas wie Fußball gezeigt hatte, brauchten die Kieler nur eine einzige Chance, um den HSV komplett zu verunsichern. Die letzten 70 Minuten spielten nur noch die Gäste aus Schleswig-Holstein und es hätte mit ein wenig Glück noch deutlich höher ausfallen können. Es spricht jedoch für Trainer Titz und (Ersatz)-Kapitän Holtby, dass sie nach dem Spiel die Niederlage nicht schönreden wollten, sondern von einem verdienten Sieg der Kieler sprachen.

Dennoch – die Situation ist eine einzige große Katastrophe, dann anstatt euphorisiert und mit Schwung in die Mission Wiederaufstieg zu starten, steht der HSV vom ersten Tag an unter Druck und dieser ist nach dem Ergebnis von gestern noch deutlich gestiegen. Denn die Fakten sind absolut erschütternd:

  • Mit Jairo, Bates und Narey standen lediglich drei Neue in der Startelf, während bei den Kielern sechs neue Spieler starteten. Was passiert erst, wenn man gegen eingespielte Teams antreten muss?
  • Erstes Spiel in der zweiten Liga, volle Hütte, begeisterte Fans, 7.000 neue Mitglieder – und dann DAS?
  • Das tolle, revolutionäre System von Wundertrainer Titz wurde bereits am ersten Spieltag entschlüsselt, die Kieler spielten am Ende Jo-Jo mit dem HSV
  • Man trat gestern gegen eine Mannschaft an, die einen Kaderwert von € 13,6 Mio. repräsentierte, also genau das, was Fiete Arp und Douglas Santos zusammen als Transferwert auf die Waage bringen.
  • Apropos Arp. Titz spielte 57 Minuten ohne Mittelstürmer, während Wintzheimer und Lasogga (nach seiner Einwechslung eine Katastrophe) auf der Bank schmorten und sich Arp mit der HSV II bei Werder Bremen II eine 0:4-Klatsche abholen durften. Klassisch vercoacht nennt man das.
  • Die Abwehr mit den Nationalspielern Sakai, Douglas Santos, van Drongelen (Holland U21) und dem Schotten Bates ist in dieser Verfassung nicht Zweitliga-tauglich.
  • Nach dem Spiel stimmten die Anhänger „Oh, wie ist das schön“ an, sowas hört man normalerweise nur als sarkastischen Abgesang am Ende einer Saison, aber nicht nach dem ersten Spieltag

Naja, ein Gutes hat das Alles ja: Wenn man jetzt die Tabelle ausdruckt und über’s Bett hängt, braucht man sie nicht mehr auf den Kopf zu drehen.

Das kann noch eine überaus lustige Saison werden, denn jetzt haben auch die 16 andere Vereine der Liga gesehen: Dieser HSV ist absolut schlagbar und alles andere als eine Übermannschaft.