Es ist doch immer wieder ein lustiger Verein, oder? Sobald sich so etwas wie eine (Länderspiel)-Pause ankündigt, kann man davon ausgehen, dass sich irgendein Ungemach breitmacht im Volkspark. Mal sind es Ehemalige, die sich (zu recht) nicht ausreichend gewürdigt sehen, mal sind es frühere Trainer oder Spieler, die über ihre Zeit in Hamburg wahre Horrorgeschichten (ebenfalls zu recht) preisgeben müssen und mal ist es eben Herr Kühne. Der hat mal wieder, diesmal offenbar endgültig, die Faxen dicke und will sich als Investor zurückziehen, sich als Mensch „disziplinieren“ und eben nur noch Fan werden. Ach ja, und er möchte seine AG-Anteile abstoßen, aber so einfach geht das nicht und selbstverständlich weiß Kühne das auch. Vinkulierte Namens-Aktien können nur mit Zustimmung des Vereins veräußert werden und ob der allmächtige Hoffmann einem Verkaufsdeal an den nächsten Kritiker wie z.B. Magath zustimmen würde, darf bezweifelt werden, er würde nur vom Regen in die Traufe kommen.

Aber wer sollte denn eigentlich Kühne diese mittlerweile im Wert starkt gefallenen Anteile abkaufen? Mir fällt niemand ein, zumal Kühne auch nicht zum Dumpingpreis veräußern möchte und auf die ca. € 50 Mio. ist der Milliardär sicher nicht angewiesen. Es bleibt also im Grunde eine Art Drohgebärde seitens Kühne und die wird sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit wiederholen. Aber wie ist es eigentlich zu dieser Situation, aus der es für alle Beteiligten keinen Ausweg gibt, gekommen? Ich habe für mich zwei Aspekte erarbeitet, die meiner Auffassung nach den HSV seit Jahren lähmen, ihn in die Verschuldung und am Ende in die zweite Liga geführt haben und wer das Buch „Das Abstieg“ gelesen hat, wird mir folgen können.

Da ist zuerst einmal natürlich die Person Klaus-Michael Kühne, bei dessen Bewertung nahezu jeder (auch ich) daneben gelegen hat. Hofften man bereits im Jahr 2009 mit dem Projekt Anstoß³ den reichen Logistiker an den Verein binden zu können, machte man 2012 mit dem Rückkauf von Rafael van der Vaart den ersten großen und am Ende entscheidenden Fehler. Damals gab man dem Willen des Wahl-Schweizers nach, anstatt eine gerade Linie zu ziehen und zu sagen: „Bis hierhin und nicht weiter. Wenn sie uns helfen wollen, gern. Aber bestimmen tut der Verein“ hatten einige Herren die Dollarzeichen in den Augen und den schnellen Erfolg vor der Nase. Im Anschluss an diesen verhängnisvollen Transfer wusste Kühne, dass er mit dem Verein im Grunde machen konnte, was er wollte und er machte. Gernand, Hilke, Wettstein und irgendwann sagte Marionette Beiersdorfer: „Wir schlagen Kühne einen Spieler vor und wenn er den nicht will, kommt eben ein anderer“.

Kühne ließ sich zu dem Zeitpunkt bereits von Gestalten wie Calmund und Struth „beraten“ und jeder hatte seine eigenen Interessen an den darauffolgenden Transfers. Den HSV aber kostete die Nummer das Leben. 2014 versprach Ernst-Otto Rieckhoff den HSV+-Wählern zahlreiche sogenannte Strategische Partner, die bereits an der Tür rütteln würden, die es aber gar nicht gab. Warum sollte sie auch da sein, Kühne hatte dieses Feld doch bereits besetzt.

Das Problem war von Anfang an, dass man Kühne komplett falsch eingeschätzt hatte. Man hatte einen reichen netten Onkel mit Raute im Herzen im Kopf, war aber auf einen Investor mit eigenen Plänen nicht vorbereitet.

Der zweite, meiner Meinung nach ganz entscheidende Punkt ist die Auswahl der Verantwortlichen. Spätestens nach der Demission vom vereinsfremden Bernd Hoffmann 2011 machte man immer wieder den Fehler, auf alte Fahrensmänner zu setzen, mit denen man irgendeine Hoffnung verband. Nach Hoffmann kam der ehemalige Aufsichtsrat Jarchow, nach Jarchow kam der „Experte mit Stallgeruch“ Beiersdorfer, nach Didi kam Ex-Manager Bruchhagen und nach Bruchhagen kam nun der früher mit Schimpf und Schande vom Hof gejagte Hoffmann zurück. Nie gab es einen wirklichen Neuanfang mit frischen, unverbrauchten Gesichtern, die vor allem eines gehabt hätten: Keine HSV-Vergangenheit. Denn hier beginnt das Problem – jeder dieser Herren hat auf der einen Seite Vereinsmeier, die ihn gewinnen, aber mindestens genauso viele, die in scheitern sehen wollen. Und dann geht es ganz plötzlich nicht mehr um den Verein, sondern um sein Führungspersonal.

Dann man sollte sich doch mal die Fragen stellen. Würde Kühne mit einem unabhängigen Manager auch so umgehen wie mit Hoffmann? Würde Magath den HSV ebenso kritisieren, wenn man spätestens 2018 einmal den echten Schnitt gemacht hätte? Oder hätte jemand ohne Raute irgendwo eine bessere Chance gehabt, den Verein zu restrukturieren, ohne in den Verdacht zu geraten, dies alles nicht für den Verein, sondern für sich selbst zu machen?

Anyway, die Situation ist so wie sie ist. Und aus dieser Situation gibt es keinen gangbaren Ausweg. Nicht für Kühne, nicht für Hoffmann, nicht für den HSV. Allerdings ist dies alles vor allem eines, nämlich zu 100% selbst verschuldet.