Okay. Nachdem wir nun gestern von den Edelfedern der Mopo gelernt haben, dass sich die BILD auf dem Kriegspfad befindet und eine KAMPAGNE gegen Wundertrainer Titz initiiert hat, bleibt der Boulevard natürlich nichts schuldig. Allerdings kann man in der  erneuten Schwächung des Trainers nicht die Zeitung, sondern eher Titz‘ Vorgesetzten Becker als Hauptschuldigen ausmachen. Ich zitiere:

Momentan kein Thema, das einzige Thema ist das Spiel in Fürth. Wir haben Donnerstag ein Spiel, darauf konzentrieren wir uns.“ (Quelle: BILD.de)

Nun, natürlich befindet sich der HSV in der berühmten Situation, in der man es nur falsch machen kann, egal, wie man kommentiert, aber dies ist entweder unclever von Becker oder kalkuliert. Davon zu reden, dass die mögliche Entlassung des Trainers nach nur einer Niederlage „momentan“ kein Thema sei, ist unglaublich. Aber weiter.

Über die sportliche Lage: „Wir wissen, dass wir Sonntag einen schwarzen Tag erlebt haben. Zuvor haben wir gut gepunktet, da waren ergebnistechnisch viele Dinge gut. Auch wenn wir wissen, dass nicht alle Siege spielerisch überzeugend waren. Nach so einem Heimspiel wäre es aber fehl am Platz, auf einen normalen Modus zu schalten.“ (Quelle: BILS.de)

Gut gepunktet? 12 von 15 möglichen Zählern ist „gut gepunktet“? Na schön.

“Die 2. Liga ist eine Kampf- und Mentalitäts-Liga. Wir werden in dieser Liga nur erfolgreich sein, wenn wir diese Spielart annehmen. Wir müssen dagegenhalten. Wir dürfen dem Gegner nichts schenken. Wir werden nicht erfolgreich sein, wenn wir glauben, dass wir alles nur fußballerisch angehen müssen. „Das ist keine neue Erkenntnis. Das haben wir schon zu Saisonbeginn gesagt. Aber es wurde uns Sonntag noch mal eindrucksvoll dargestellt, dass es in dieser Liga nur über den Kampf geht. Wenn wir nur ein bisschen nachlassen, werden wir unser blaues Wunder erleben (Quelle: BILD.de)

Wow, das ist deutlich. Und zwar deutliche Kritik am Spielsystem und an der Taktik des Trainers. Titz versucht die Liga spielerisch zu dominieren und erhält hier von Becker einen deutlichen Tritt vors Schienbein. Keine taktischen Albernheiten, keine Aufstellungs-Experimente, keine Maximal-Rotation – Becker will Kampf und Leidenschaft und kein Tiki Taka sehen.

Und – er sieht den Kader für das „Projekt Wiederaufstieg“ stark genug besetzt: “Wir alle sind überzeugt davon, dass wir eine gute Truppe beieinander haben, um unsere Ziele gemeinsam zu erreichen.“ (Quelle: BILD.de)

Klare Ansage aus der Chefetage: „Titz, wir haben ihnen eine gute Truppe gegeben, gewinnen sie gefälligst.“

Der Trainer selbst hat scheinbar die Zeichen der Zeit verstanden, in den ersten Interviews nach dem Debakel wirkte er deutlich schmallippiger und weit weniger selbstbewusst als zuletzt. Und er verlangt Bekenntnisse.

Titz hofft auf Rückendeckung aus der Chef-Etage: “Ich kann mir schon vorstellen, dass das für die eine oder andere Person sicher ein Stresstest ist, weil es nicht an jedem ganz so spurlos vorbeigeht, was Sonntag passiert ist. Jetzt können wir aber zeigen, dass wir eng beieinander stehen und mit Ruhe und Besonnenheit auf die Situation reagieren und nicht mit Hektik.“

Die Botschaft ist eindeutig, Titz hat Bedenken, dass der Eine oder Andere bereits nach dem ersten leichten Rückschlag einknicken könnte und diese Bedenken sind durchaus gerechtfertigt. Denn nimmt man die Tatsachen, die Sätze von Becker und den Umstand, dass man mit Peters demnächst Titz‘ Mentor und ersten Fürsprecher entfernen wird, sollten tatsächlich die Alarmglocken schrillen, besonders dann, wenn man diesen höchst-politischen Verein kennt.

Meine Meinung? Das 0:5 gegen die Durchschnittstruppe aus Regensburg war peinlich, aber es bleibt eine Niederlage nach 4 Siegen in Folge, nicht mehr und nicht weniger. Wenn die Entscheidungsträger bereits nach einem nicht erfolgreichen Spiel dünnhäutig reagieren, was passiert dann erst, wenn das Derby gegen St. Pauli verloren gehen sollte? Vollkommen übertrieben, aber eben typisch HSV.