Man möchte niederknien, so geil ist es. Da schreibt die BILD irgendwas darüber, dass die Zeit für Wundermann Christian „Big“ Titz nach zwei weiteren Niederlagen eventuell schon ablaufen könnte und dass die Luft im Volkspark im Sekunden-Rhythmus dünner werden würde und die (HSV)-Welt heult auf vor Empörung. Wie können die nur, die fiesen Vögel vom Axel S. Verlag? Dabei ist eigentlich eine Sache noch viel lustiger als die Empörung der Empörten, nämlich der Umstand, dass die Meldungen überhaupt bekannt werden. Ich jedenfalls lese über die Zeitung mit den vier großen Buchstaben immer nur das, was ich auch über mich lese: „Die „BLÖD“ lese ich schon seit Jahren nicht mehr, steht eh nur Mist über meinen HSV drin“. Und genauso kann man über diesen Blog erfahren: „Ich habe den Lachs noch nie gelesen“. Komisch nur, dass immer alle wissen, was wir schreiben, also die BILD und ich.

Wie also kann es sein, dass die Meldungen eines Mediums, welches wirklich niemand konsumiert, solch hohe Wellen schlagen? Merken die Hirnis aber nicht, sei weinen um die Wette und dabei haben eben die Medien eine ganz entscheidende Rolle mitgespielt. Denn es waren maßgeblich die Mopo (das Hofberichterstatterblatt überhaupt) und das Abendblatt (kämpft mit der Mopo um Platz 1 bei den Hofberichterstattern), die den Trainer vorzeitig in den Heiligenstand versetzt und bei den Anhängern das Bild eines Mannes, der übers Wasser rennen kann, verfestigt haben. Anstatt „ihrem“ Verein auch nur einmal wirklich zu helfen und einen tatsächlichen Neustart mit zu gestalten, wurden Bilder gemalt, die der Realität einfach nicht standhalten können.

Die MOPO im Titz-Land Auf den Spuren des HSV-Trainers (Mopo)

Trendsetter Titz: Hamburg-Pullover ausverkauft! (Mopo)

Fußball-Romantik pur Wo HSV-Trainer Titz den Fußball lieben lernte (Mopo)

MOPO-LESER HABEN GEWÄHLT: TITZ SOLL HSV-TRAINER BLEIBEN (Mopo)

Christian Titz — ein Leben voller Neuanfänge (Abendblatt)

Mit diesen Änderungen trickste Titz den HSV zum Sieg (Abendblatt)

Titz spendiert „Bierchen für die Spieler“ nach Premierensieg

Nun, die Absicht war klar, man wollte einen Übertrainer kreieren, den endgültigen Heilsbringer für den Verein. Sympathisch, zeitgemäß, kommunikativ, dauer-freundlich und extrem kompetent. Dass sie Titz damit einen Rucksack verpassten, den niemand auf Dauer tragen kann, war ihnen nicht bewusst oder egal. Und natürlich tat der offenbar unbedarfte Trainer seinen Teil dazu bei, indem er in wirklich jedes Mikrophon hustete, in jede Kamera grinste, bei jedem Idiotenblog auftauchte und für jeden Patienten ein Selfie machte. All das kann man nicht durchhalten und die Gefahr, dass man dem einen oder anderen damit schnellstmöglich auf den Geist geht, ist außerordentlich groß. Und noch eines: Göttern werden keine Fehler verziehen.

Titz aber macht Fehler und er macht viele Fehler. Zu seinem Glück haben seine Fehler bis zum Spiel gegen Jahn Regensburg zu keinerlei Konsequenzen geführt, denn in den letzten Spielen der Bundesliga-Saison 2017/18 nahm keiner den designierten Absteiger HSV mehr ernst und in den ersten Spielen der aktuellen Zweitliga-Saison waren die meisten Gegner zumindest offensiv so minderbemittelt, dass die zahlreichen Fehler in der Defensive nicht ausreichend bestraft wurde. Ich hatte bereits nach dem dritten Saisonspiel geschrieben, dass ich der Meinung wäre, die Mannschaft spielt mit jedem Spiel nicht besser, sondern schlechter, aber da die Ergebnisse (noch) stimmten, wollte das niemand hören. Heute sagt es jeder.

Das größte Problem, vor dem Trainer Titz nun allerdings steht, ist meiner Auffassung nach nicht der Druck, die nächste Spiele gewinnen zu müssen, denn das muss gegen Fürth und St. Pauli eigentlich der Anspruch eines Vereins mit diesem Etat sein. Nein, das große Problem ist, dass der Trainer selbst mitten im Rennen keinen Image-Wechsel herbeiführen kann. Titz ist jetzt der Titz, den die Medien und er selbst aus ihm gemacht haben und das kriegt man nicht zurückgedreht. Jegliche Verhaltensänderung würden die Kritiker als Schwäche oder Schwächung auslegen und bleibt er bei seinem Buddytum (Holtby, Moritz, Co-Trainer) und bei seinem sturen Festhalten an Hunt als Stoßstürmer, seiner Torhüter-Taktik, seiner Trainingsfaulheit und gewinnt dann nicht, wird man ihm Sturheit unterstellen. Tut er das nicht, wird man schreiben, dass er am Druck zerbricht und nur noch das macht, was andere ihm vorbeten, also ein Teufelskreis.

Super-Titz hat laut Kicker dazu eine eigene Meinung

„Ich habe eine Eigenart entwickelt, lasse Kritik nicht an mich heran. Das Wichtigste ist, wie ich mit meiner Mannschaft arbeite. Wie ich in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde, beeinflusst nicht mein Handeln“

Eines ist jedenfalls sicher, beim HSV wird es nie langweilig. Und dabei haben wir noch nicht mal über die baldige Trennung von HSV-Juwelier Peters (BILD!!!) und der Situation des Herrn Wettstein gesprochen, der auch nicht mehr unumstritten zu sein scheint.

In eigener Sache: Vielleicht ist einmal an der Zeit, an den Spendenbutton zu erinnern. Herzlichen Dank an die lieben Leser, die in den letzten Tagen gedrückt haben, aber viele viele lesen nach wie vor mit…

Ach ja, an dieser Stelle noch eine Bitte an alle HSVer und auch an alle St. Pauli-Anhänger.

Freunde, es ist Fußball und kein Bürgerkrieg. Es geht weder um Leben, noch um Existenzen, Arbeitsplätze oder was auch immer, es geht um 3 Punkte, nicht mehr und nicht weniger. Niemand muss sich wegen elf Söldnern, die im nächsten Jahr schon wieder in Köln, Sandhausen oder Bochum kicken werden, die Birne einschlagen und auch blau-weiß-schwarzen Rauten und runden Vereinswappen ist es nicht wichtig, wer von euch einen Stein weiter werfen kann. Ich bin zu 1000% sicher, dass 98% von euch nicht mal wissen, warum man sich am Sonntag an den Kragen will, also lasst es doch bitte. St. Pauli-Puppen von Autobahn-Brücken zu hängen ist ebenso peinlich wie alles andere, also bitte. Guckt euch das Spiel in eurer Kurve an, schreit lauter als die anderen und geht hinterher friedlich in eure Kneipen. Alles andere ist nicht nur für die Verein, für den ihr brüllt, peinlich, sondern auch und besonders für die Stadt, in der ihr gemeinsam lebt.

Danke.