Stellt man sich die Frage, worum es eigentlich geht im Leben, bleibt man heutzutage nicht eben bei Begriffen wie Ethik, Moral, Loyalität, Werte oder Ehrlichkeit hängen, oder? Es geht um Macht und um Geld und wer mehr Macht hat, besitzt in der Regel mehr Geld. Und umgekehrt. Und so, wie es „im Leben“ nun mal funktioniert in dieser Zeit, so läuft das eben auch bei „unserem“ HSV, es geht um Macht. Und wer die Macht besitzt, bekommt Verträge und wer Verträge besitzt, bekommt Abfindungen, also Geld. Der kranke Kreislauf hört selbst in der 2. Liga nicht auf, ganz im Gegenteil.

Aktuell werden wir, wieder einmal, Zeuge eines vereins-internen Machtkampfs, der zu allem führen wird, aber garantiert nicht zu Erfolg. Dabei ist eine Sache entscheidend, die den Verein seit zig-Jahren hemmt und die man irgendwie nicht ausgemerzt bekommt: Die Entscheider passen nie so richtig zusammen und das hat seine Gründe. Schauen wir uns nur einmal die aktuelle Führung des HSV an. An der Spitze der HSV Fußball AG befindet sich der gerade hochgeputschte Bernd Hoffmann, in seinem Kielwasser agiert Sportvorstand Becker. Becker verdankt seinen Posten einem Aufsichtsrat und dieser hieß zu Zeiten der Unterschrift Bernd Hoffmann. Insofern ist Becker Hoffmann also verpflichtet, zwischen die Beiden passt, zumindest zur Zeit, kein Blatt.

Alle anderen Gestalten waren aber bereits vor Hoffmanns Inthronisierung zum Vorstandsvorsitzenden im Amt, sie waren also nicht seine Wahl. Da ist einmal Finanzvorstand Wettstein und es ein offenes Geheimnis, dass Hoffmann vom Kühne Vertrauten Wettstein so gut wie nichts hält. Krise Nr. 1. Dann ist da Sportdirektor Peters, ein alter Beiersdorfer-Fahrensmann. Auch ihn hält Hoffmann für überbewertet und insofern überflüssig. Peters Demission ist beschlossene Sache, allerdings gestaltet sich der Zeitraum zwischen der durchgesteckten Information, dass Peters gehen soll und seiner tatsächlichen Freistellung schon viel zu lange. Und dann ist da noch Trainer Titz, von den Medien zum Supermann erhoben, von Hoffmann eher kritisch gesehen. Und ganz entscheidend: Titz war nicht Hoffmanns Wahl, ebenso wenig, wie es Wettstein und Peters waren.

Hier erwächst das ganz große Problem des Vereins – man zieht nie gemeinsam an einem Strang. Wettstein, Peters und Titz wurden von anderen Entscheidern geholt und müssen vom ersten Tag an gegen Vorbehalte der neuen Führung kämpfen. Hoffmann wird in die Verantwortung genommen, muss sich dabei aber auch Leute verlassen können, die seine Vorgänger installiert haben und denen er nicht vertraut, ein Teufelskreis. Und nun beginnen die altbewährten, medialen Mechanismen.

In sogenannten „informellen“ Gesprächen werden Informationen weitergegeben, die man als Journalist zwar irgendwie verwenden kann, man darf aber seine Quelle nicht nennen. Im Normalfall stört das den Leser wenig, er frisst wie ein Trüffelschwein. Auf diese Art und Weise kommen beispielsweise Meldungen wie die angebliche Kampagne der BILD gegen Trainer Titz zustande, es sind bestimmte Kreise (und man kann sich ausmalen, wer es war), die versuchen, auf diesem Weg das Vorhaben des Vorsitzenden zu untergraben. Auf der anderen Seite ploppen plötzlich „Insiderinformationen“ hoch, die besagen, dass Hoffmann Titz ohnehin keinen Erstliga-Vertrag gegeben hätte. Mit anderen Worten: Jede Führungskraft bzw. jede Partei innerhalb des Vereins bringt seine Soldaten/Medien/Informationen in Stellung, um die eigenen Interessen zu wahren.

Nur eines passiert nicht: Man zieht nicht an einem Strang. Dies passiert allerdings nicht nur im operativen Teil, sondern auch im sportlichen Teil des Vereins. Wie schreibt die Mopo heute doch gleich?

Dennoch: Insbesondere Titz’ inniges Verhältnis zu Holtby, den er früher als Privattrainer betreute, wird ihm gern mal vorgehalten. Holtby zählt zu den Spielern, mit denen sich Titz über mögliche Formationen austauscht und sich Meinungen einholt. Das wiederum stößt dem einen oder anderen Teamkollegen bitter auf

Niedlich, oder? Das ist übrigens die gleiche Mopo, die gestern noch von einer BILD-Kampagne gegen Titz berichtete, so schnell kann es gehen, wenn man merkt, dass man auf der Verliererseite steht. Ganz so sicher scheint sich die Mopo jedoch noch nicht zu sein, denn von Redakteur Lars Albrecht ist zu hören bzw. lesen, dass Bernd Hoffmann bekanntlich von je her ein „Trainervernichter“ ist.

Dass Albrecht dabei einen Abendblatt-Text zitiert, ist bezeichnend, denn die beiden Blättchen spielen sich seit Wochen die Bällchen zu.

Bezeichnend auch diese Unterstellung des neuerdings verstrahlten Herrn Schillers:

Ein anderer Erklärungsansatz könnte dieser sein: Nach Informationen des Abendblatts hatte sich Titz direkt nach seiner Beförderung zum Cheftrainer die Chuzpe herausgenommen, der „Bild“ – anders als die meisten seiner Vorgänger – keine Privataudienz nach den wöchentlichen Spieltagskonferenzen zu gewähren. Was erlauben Titz? (Quelle: Abendblatt.de)

Was lernen wir? Die Lunte ist kurz und zwar bei allen Beteiligten. Hoffmann und Becker sind aufgrund des Erstliga-Etats zum Aufstieg verdammt, sehen aber diese Ziele durch einen Trainer, den sie übernehmen mussten, gefährdet. Titz (und Peters) haben die Leute verloren, die ihnen die Jobs besorgt haben und wissen, dass sie ebenso unerwünscht sind wie Wettstein. Und alle Seiten benutzen die Journalisten-(Simulanten) ihres Vertrauens, um ihre Ziele zu erreichen. Und die Jungs von der Presse? Die fangen einen Medienkrieg an, weil auch sie wissen, dass ihre Jobs ein zweites Jahr im Unterhaus nicht überstehen werden. Das alles könnte man nur durch eine einzige Maßnahme umgehen:

Alle Verantwortlichen, Vorstand, Aufsichtsrat, Sportchef, Trainer etc. müssten gemeinsam und zum gleichen Zeitpunkt mit ihren Job beginnen und eine Einheit ergeben. Das aber wird beim HSV nie passieren.