Könnt ihr euch noch erinnern, wann der HSV seine letzte irgendwie erfolgreiche (zumindest sportlich) Phase hatte? Stimmt, es war die Zeit, als man einen Vorstandsvorsitzenden hatte, den Niederlagen krank machten. Der zwar keine Raute im Herzen, dafür aber sowas wie einen unbedingten Siegeswillen hatte. Ihr alle wisst, wie ich zu Bernd Hoffmann stehe und dass ich der Meinung bin, die Art und Weise, wie er sich das Amt erneut gesichert hat, war von langer Hand geplant und mehr als diskutabel. Aber ich kann mir vorstellen, wie sich Hoffmann nach Spielen wie gegen St. Pauli oder Bochum fühlt und wie er sich intern auch garantiert äußert. Ihn macht das krank, wie es mich krank macht und wenn Bernd Hoffmann irgendwas nicht leiden kann, dann ist es ungerechtfertigte Selbstzufriedenheit.

Diese Selbstzufriedenheit ist aber spätesten mit der Inthronisierung von Herrn Jarchow im Volkspark eingezogen, Ruhe um jeden Preis, sogar um den Preis des Abstiegs. Der wirre Gedanke, dass in Hamburg „Geduld“,  „Ruhe im Verein“ und „lasst die doch mal machen“ zum Erfolg führen wird, hat diesen Verein in all seinen Teilbereichen gelähmt, es hat ihn komplett sediert. Die Medien berichten nicht mehr mit kritischer Distanz, sie haben sich zu Verbündeten der faulen Säcke gemacht. Die Zuschauer sind mit der untersten Scheiße froh und glücklich und selbst eine Heimniederlage gegen einen Verein mit dem Viertel des Marktwerts des eigenen Teams wird zwar mit etwas Murren, aber dann doch wieder mit einer gehörigen Portion Verständnis begleitet.

Und: „Ich finde die HSV-Fans sensationell. Da schießt einer der Hamburger in der 88. Minute die Kugel vier Meter neben das Tor und die Anhänger stehen begeistert auf den Stühlen. Diesen treuen Fans muss man mehr bieten.“ „Funny“ findet den Auftritt des HSV nicht lustig. „Die Hamburger haben einfach keine Durchschlagskraft. Ich weiß nicht, wer beim HSV die Tore machen soll. Und dann der Ito. Scheint ja ein netter Typ zu sein. Aber er kommt am Gegner nicht vorbei, schießt kein Tor, bereitet auch nichts vor.“
Besser als Funny Heinemann kann man das Dilemma dieses Vereins und dieser Stadt nicht zum Ausdruck bringen, ich habe die Szene nochmal am nächsten Tag in der Wiederholung gesehen. Ein Spieler, der in Hamburg in vier Jahren insgesamt € 16 Mio. abgegriffen hat, der immer mit der großen Fresse vorweg ist, kommt kurz vor Schluss aus ca. 19 m frei zum Schuss und stümpert die Pille meterweit neben die Kiste. Und das Publikum? Beim Stande von 0:0? Sie klatschen! Sie freuen sich! Worüber sich die Vollpfosten freuen, wissen sie wohl nur selbst, aber auch das angeblich so treue Publikum hat einen nicht zu kleinen Teil Schuld am Zustand des Vereins. Die selbsternannten Fans nehmen jede noch so peinliche Vorstellung klaglos hin, lassen sich von Millionären und arbeitsscheuen Trainern nach Strich und Faden verarschen und feiern am Ende – sich selbst. Sie feiern ihre dümmliche Treue, ihre beknackten Rauten in den Herzen, ihre Liebe zum Verein. Und sie verstehen nicht, dass sie mit genau diesem Verhalten die Wohlfühloase des spielenden Personals erst ermöglichen.
Was muss man als Spieler (oder Titz) in Hamburg denn leisten, um sich selbst zum Publikumsliebling zu gestalten? Man muss bei jeder sich bietenden Gelegenheit erklären, wie groß die Raute im eigenen Organ ist, wie geil die Fans und das Stadion sind und wie schön die Stadt Hamburg ist. Dann muss man ab und zu erklären, dass der HSV „eigentlich ganz woanders hingehört“ und – schwupps – fertig ist das Fan-Idol. So zu beobachten bei einem Herrn Diekmeier, der sich wie kaum ein anderer in Hamburg eingerichtet hatte und der als vereinsloser und Ablöse-freier 29-Jährige so gut kicken kann, dass ihn nicht mal mehr ein Zweitligist aus Aserbeidschan nimmt. Oder bei Herrn Holtby, der, ebenfalls Ablöse-frei, außer dem HSV keinen anderen Verein finden konnte und so mit in die zweite Liga gehen musste, um überhaupt noch spielen zu können. Oder ein Herr Titz.
Was man jedenfalls nicht tun muss: Man muss weder sportlich erfolgreich sein, noch muss man durch besondere Leistungen aufgefallen sein. Anderes Beispiel? Neulich wurde irgendein Körperteil von Mladen (der kronleuchtende Bogenschütze) Petric auf dem Walk of Fame verewigt. Warum in Gottes Namen? Welche Erfolge hatte der Schweiz-Kroate oder Kroaten-Schweizer eigentlich vorzuweisen? Fragt man das, werden einem irgendwelche halbgaren Statistiken vorgelegt, dabei war Maladen auch nur einer Rautenküsser und Wohlfühler. Das aber darf man nicht sagen, denn dann ist man Hater, auf jeden Fall ist man kein HSVer. Diese Ehrung belegt das ganze Problem, denn bereits ohne jeglichen Erfolg wird man heute zum Vereinsidol, während Spieler wie Hrubesch, Magath, Kaltz und Co. noch tatsächlich etwas leisten mussten.
Wenn es Bernd Hoffmann nicht schafft, sowas wie eine Leistungskultur anstatt einer Komfort-Zone zu implantieren, ist dieser Verein noch mehr am Arsch als ohnehin schon.

https://tv.hsv.de/detail/video/9807?fbclid=IwAR1A0bewGcvuENMVrC-05Dl_8s6FTKqM0sJ_s97Dp1RdbC11MYb5tTdOG14

„Ab Mittwoch im Training“…..

…das nächste Spiel findet Freitag um 18.30 Uhr in Magdeburg statt. Ohne Worte.

Und die Presse (BILD) holt die große Kreissäge raus….

Schon vor der Partie in Darmstadt wackelte Christian Titz (47). Mit dem 2:1 bei den Hessen rettete der Coach zunächst seinen Job. Der Rumpel-Auftritt gegen Bochum (0:0) war ein böser Rückschlag. Jetzt darf nicht mehr viel passieren. Titz braucht schnell Siege.

Auffällig: Titz versucht, Ziele und Erwartungen Stück für Stück runterzuschrauben. Wünschte er sich vor einigen Wochen „acht bis zehn Spiele“, um die Truppe zum Laufen zu bringen, spielt der Coach nach dem 10. Spieltag erneut auf Zeit.

Titz gestern: „Wenn man vor Saisonstart gesagt hat, lasst uns in der oberen Tabellenhälfte mit dabei sein – auf Tuchfühlung – dann wäre man zum jetzigen Zeitpunkt zufrieden gewesen. Weil wir im Saisonverlauf auch mal hochgesprungen sind, ist jetzt diese Erwartungshaltung entstanden.“

Im Angriff hat Titz Woche für Woche rotiert – bis keiner mehr knipst.

Und ganz plötzlich wird sogar Uwe Seeler, dessen Aussage vor Wochen noch von genau diesen Schreiblingen kritisiert worden war, recht gegeben.

Diese zwei Partien sind einerseits eine Chance zur Wiedergutmachung und zugleich eine Gefahr – auch die Leidensfähigkeit der HSV-Fans dürfte endlich sein. So spielen die Hamburger jedenfalls ihr Stadion leer, was besonders im VIP-Bereich den finanziell so klammen Club hart treffen würde. (Alexander Laux im Abendblatt)