Es los, aber gewaltig. Kein HSVer sollte daran zweifeln, dass die kommenden drei Jahre die wahrscheinlich wichtigsten in der Geschichte des Vereins sein werden. Erdrückende Schuldenlast, € 17,5 Mio. Fananleihe, die zurückgezahlt werden muss, Rückzug des Investors, keine Spieler mit überdurchschnittlichem Verkaufspotenzial und so weiter. Der Verein wurde in den Jahren 2002 bis 2018 in eine Situation manövriert, aus der es nach menschlichem Ermessen kein Entrinnen geben wird. Hinzu kommt ein Vorstandsvorsitzender, der sich durch geschickte Winkelzüge und Wortbruch („Ich will nicht Vorstandsvorsitzender werden“) an die Spitze des Klubs geputscht hat. Dies alles wird gerade ein wenig gedämpft durch den Umstand, dass man von der Spitze der Zweitliga-Tabelle grüßt, aber das ist auch angesichts des Etats das Mindeste.

In dieser Zeit hat ein offenbar absolut unfähiger und manipulativer Beirat „Aus 10 mach 3“ gespielt und uns die Kandidaten Jansen, Hartmann und Hunke beschert, warum auch immer. Es wird mir, da es keinerlei Erklärungen gab, immer ein Rätsel bleiben, warum ein Jansen zugelassen wurde und ein Ferslev nicht. Was kann ein ehemaliger verletzungsanfälliger Profi, was ein Fachanwalt für Insolvenzrecht nicht kann? Ich meine jetzt, außer den excellenten Kontakt zur BILD-Redaktion. By the way, was in diesen Tagen gern vergessen wird: Es war der Spieler Jansen, der seinerzeit an Vorstand, Sportchef und Trainer vorbei eine Audienz beim „Gönner“ Kühne hatte und um eine Gehaltserhöhung ersuchte. Eigentlich ein Skandal vor dem Herrn, aber erwähnt wird das irgendwie nicht mehr.

Ich habe in den Tagen, die ich jetzt wieder in Hamburg bin, mal versucht, genauer hinzuhören. Was haben die Kandidaten den bisher von sich gegeben? Und gehört habe ich so gut wie nichts. Doch heute sagt Jansen etwas, was man sich zu Gemüte führen sollte.

„Es ist ganz wichtig, dass viele Mitglieder ihre Stimme abgeben“.

Stimmt, das ist ganz wichtig, aber warum weist Phrasendrescher Marcell so expliziert darauf hin? Ganz einfach, weil er rechnen kann. Bei der Wahl zwischen Hoffmann und Meier zeigte sich, dass es ca. 400 bis 500 Mitglieder gibt, die auf jeden Fall gegen Hoffmann, also in diesem Fall gegen den designierten Durchwinker Jansen stimmen werden und die kommen in jedem Fall. Man braucht also ca. das Doppelte an Teilnehmern, um eine Wahl des Ex-Profis erreichen zu können. Viel Erfolg dabei.

Jürgen Hunke, gesund und munter aus Thailand zurückgekehrt, hat sich in einem Interview mit dem Abendblatt geäußert und ich möchte jeden bitten, genau hinzuhören. Und wenn er hingehört hat, möchte ich jeden Wahlberechtigten auffordern zu überlegen, was er in Zukunft gern hätte, sollte der Verein diese Phase überleben. Möchte man nach Beiersdorfer erneut einen unkontrollierten Alleinherrscher, der, wenn man ehrlich ist, den Niedergang zumindest mit eingeläutet hat, in dem er auf dem Transfermarkt für verkaufte Spieler sofort kassiert, erworbene Spieler jedoch über Jahre abstotterte und lediglich durch Bilanztricks ein positives Bild erzeugte? Möchte man diesen Praktiken erneut Tür und Tor öffnen, weil man in der eigenen Verzweiflung denkt, dies wäre der allerletzte Rettungsanker?

Nochmal: Löst euch von den Personen und achtet auf die Inhalte, auch wenn es schwer fällt

An dieser Stelle einmal die drei Kern-Aussagen der Kandidaten:

Marcell JansenFür mich ist unter anderem entscheidend, dass der kommende HSV-Präsident Sportkompetenz mitbringen muss. Nur durch den sportlichen Erfolg können die finanziellen Probleme der HSV AG gelöst werden.

Jürgen Hunke: Mir geht es ausschließlich um die Finanzen und um die Sicherheit des Vereins. Meine größte Sorge heißt Insolvenz. Es geht um die Existenz des Vereins.

Spontane Frage: Welche „Sportkompetenz“ bringt ein ehemalige Profi mit, der seine Karriere aus Mangel an lukrativen Angeboten mit 29 Jahren beendete? Von wem wurden seine Profi-Verträge ausgehandelt? Wohl doch von seinem Berater, oder? Was hat Jansen nach Ende seiner Karriere gerissen? Und jetzt bitte nicht die Legende vom „erfolgreichen Unternehmer“.

Hunke: Die AG ist für das Sportliche im Fußball zuständig. Darum geht es mir aber überhaupt nicht, sondern um den HSV e. V. Deswegen bin ich auch ein Außenseiter in dieser Runde. Der Verein muss sich als größter Gesellschafter um sein Eigentum, also um seine Anteile an der AG, kümmern. Wenn der Insolvenzverwalter nach den Beiträgen der Mitglieder greift, steht die finanzielle Zukunft des e. V. auf dem Spiel. Und das darf nicht sein. Mir geht es also darum, den Verein abzusichern. Ich will nicht bei der AG mitreden.