…sondern ein Verbrechen.

Ich rede von bewussten Falschaussagen, von gekauften Artikeln, von bestechlichen Journalisten, von Manipulationen bei Internet-Abstimmungen, kurz – ich rede von der Vergewaltigung des Berufs Journalist. Ich weiß, ich hatte dieses Thema vor einigen Tagen schon mal, aber besonders die Spielbewertung und besonders die Spielerbewertung des HSV-Spiels gegen Dynamo Dresden hat erneut dafür gesorgt, dass mir der Sack platzt. Dabei erinnere ich mich an einen Satz des ehemaligen Chefs des HSV-Aufsichtsrats, Ernst-Otto Rieckhoff, den er in meinem Beisein äußerte. Während der Vorbereitungsphase der Mitglieder-Initiative HSVPlus trafen wir uns in den Räumlichkeiten der Agentur KolleRebbe und auf meine Frage, warum man denn BILD und Abendblatt bevorzugt mit Informationen hinsichtlich HSVPLUS versorgen müsse, antwortete Rieckhoff:

„Die schreiben uns jedes zweite Wochenende das Stadion voll!“

Ich muss ehrlich gestehen, ich war damals, im Frühjahr 2014 absolut konsterniert und ich habe Rieckhoff meine Ansicht diesbezüglich auch unmittelbar mitgeteilt, denn ich fragte ihn, ob er das denn ernst meinen würde. Meiner Meinung nach kommen die Leute ins Stadion, weil sie Anhänger sind und weil sie guten Fußball sehen wollen, aber doch nicht, weil die Zeitungen schreiben, wie rosa die Welt ist. Heute muss ich sagen, dass ich mich wahrscheinlich, zumindest teilweise, getäuscht habe. Und automatisch stelle ich mir die Frage: „Ist es die Aufgabe der Presse, einem Verein das Stadion „voll zu schreiben““? Die Antwort liefere ich gleich mit: Nein, ist es nicht. Es gibt auch keine organische Symbiose zwischen einem Medium und einem Verein, wie es auch keine zwischen einem Journalisten und einem Unternehmen und einem TV-Sender und einem Präsidenten geben darf. Wenn dies so ist, kann man es nennen, wie man will, aber man darf es nicht Journalismus nennen.

Ich muss an dieser Stelle gar nicht soweit gehen und auf die Krankheit Fox News and friends hinweisen, den Haus-, Hof- und Fan-Sender des kranken Rassisten Trump. Aber ich kann ja mal ein Bild malen, welches nicht komplett unwahrscheinlich ist und welches es in unserer Welt, hier in Hamburg, tatsächlich geben kann. Fangen wir an.

Nehmen wir mal an, ich wäre glühender HSV-Fan. Guter Job, aber nicht wirklich wohlhabend und schon gar nicht reich. Ich lese regelmäßig Zeitung, vorzugsweise das Hamburger Abendblatt. Und nehmen wir nun an, im Abendblatt erscheint ein Artikel, in dem davon berichtet wird, dass Vorstandsboss Hoffmann himself Fan-Anleihen in Höhe von € 300.000 gezeichnet hätte. Auf Anfrage des Blattes hätte Hoffmann gesagt, er hätte dies getan, weil die Anleihe liefe wie geschnitten Brot und er sich unbedingt noch welche sichern wollte, bevor nichts mehr da ist. Unser glühender Fan liest dies und seine Entscheidung steht fest, er will Anleihen. Er kratzt also all sein Erspartes zusammen, verzichtet auf den Jahresurlaub mit der Familie, leiht sich noch etwas bei Familie und Freunden und zeichnet für € 50.000 die soeben vom Abendblatt „beworbene“ Fan-Anleihe.

Ein Jahr später sind die € 50.000 unseres Fans weg. Denn – die Anleihe war bekanntermaßen (steht im Prospekt) nicht abgesichert. Und Bernd Hoffmann hatte selbst auch gar nicht selbst für € 300.000 gezeichnet, weil das Ding eben nicht wie geschnitten Brot lief. Was war passiert? Der Artikel aus dem Abendblatt stimmte hinten und vorn nicht. Vielleicht hatte Hoffmann mal erwähnt, er könnte sich vorstellen, selbst zu zeichnen und vielleicht hatte er auch erwähnt, er hoffe, dass die Geschichte wie geschnitten Brot läuft. Tatsache bleibt aber, dass all das gar nicht passiert ist, unser gutgläubiger Fan sich aber aufgrund dieses Artikels bis über die Hutschnur verschuldet hat. Und nun? Wäre sich in diesem (erfundenen) Fall der Journalist irgendeiner Schuld bewusst oder würde er argumentieren, dass es ja wohl immer noch die eigene Entscheidung des Fans war?

Dies ist nur ein Szenario, welches aufzeigt, was passieren kann, wenn falsch berichtet wird, besonders schlimm ist es, wenn vorsätzlich falsch berichtet wird. Wenn z.B., wie passiert, Internet-Abstimmungen eines bestimmten Print-Mediums vorsätzlich beeinflusst und getürkt werden, um die Abstimmung zu drehen. Ihr erinnert euch doch bestimmt noch an die Abstimmungen vor der Wahl zum e.V. Präsidenten. Wie sahen dort flächendeckend die Stimmenverteilungen aus? Jansen mindestens 80%, Hartmann 15%, Hunke 5%. Am Ende, bei der tatsächlichen Wahl, kam PR-Cello gerade mal auf 62%. Wie kann das sein?

Nun, das kann sich eventuell so erklären, dass im Internet reichlich Leute abstimmen, die bei der tatsächlichen Wahl gar nicht wahlberechtigt sind, weil sie keine Mitglieder sind. Es kann auch sein, dass sich 20% der Wahlberechtigten während der Mitgliederversammlung anders entschieden haben. Es kann aber auch sein, dass es diese mehr als 80% nie gegeben hat. Da der Mensch vielfach dazu tendiert, gern zu den Gewinnern gehören zu wollen, können die Ergebnisse eines angeblichen Vorwahlgangs durchaus Einfluss auf das Wahlverhalten der Berechtigten haben. Denken wir weiter, können falsche Berichterstattungen enormen Einfluss, auch gesellschaftlichen und finanziellen Einfluss auf das tägliche Leben haben, nicht umsonst ermittelt Mr. Mueller seit ca. 2 Jahren in den USA.

Vor kurzem gab es bekanntlich den Fall Relotius, der mehrfach preisgekrönte Autor Claas Relotius soll etliche seiner Reportagen zumindest in Teilen gefälscht haben, der Mann arbeitet nicht für Mopo oder BILD, er arbeitet für den Spiegel und wer denkt, dass Relotius allein auf auf weiter Flur ist, sollte realisieren, dass er vielmehr die Spitze des Eisbergs abbildet.

„Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“ So lautet Ziffer 1 des Pressekodex, quasi die Ethik-Bibel des deutschen Journalismus. Nahezu alle großen Medienhäuser haben sich freiwillig diesen publizistischen Grundsätzen unterworfen.

Was aber passiert nun mit Leuten wie Relotius? Wird er zur Rechenschaft gezogen und vor den Kadi gestellt? Irgendwie nicht, aber immerhin muss er seine Journalisten-Preise zurückgeben, wie bitter. Wie wohl unser oben genannter Fan darüber denkt, wenn derjenige, der einen unwahren Artikel geschrieben hatte, wegen dem er sich bis an sein Lebensende verschuldet hat, seine Preise (so er denn jemals welche bekommen hat) zurückgeben muss und einen bösen Finger der Branche geerntet hat. Wie denkt jemand, der sich ein Trikot mit der Aufschrift „Arp“ gekauft hat, weil er dachte, dass der Junge noch ein paar Jahre in Hamburg bleiben würde? Wie denkt jemand, der sich einen Business-Seat für Tausende von Euro oder gar eine Loge für Hundertausende kauft, weil er gelesen hatte, dass…?

Ne, Freunde, vorsätzlich falsche Berichterstattung ist eben kein Kavaliersdelikt, es ist ein Verbrechen, ein Verbrechen am Leser. Und ein Journalist, der sich dafür bezahlen lässt, dass er Falschmeldungen in Umlauf bringt, gehört in den Knast. Jedenfalls in meiner Welt.

Mein Zitat des Tages zum Thema Rechtfertigung.

Elbert Hubbard: „Deine Freunde brauchen keine Erklärung und deine Feinde werden dir eh nicht glauben.“

Und wie von Geisterhand…..

Finanzieller Segen für den Hamburger SV? Der Fußball-Zweitligist strickt mit seinem Investor Klaus-Michael Kühne an einem großen Deal. Dabei sind für den HSV laut einem Bericht der BILD wohl 60 Millionen Euro drin. Doch worum geht es dabei genau?

Dieser Teil des Deals bringt den Hamburgern etwa vier Millionen Euro pro Jahr, also in Summe acht Millionen Euro über beide Spielzeiten hinweg. Der Großteil der Summe würde laut BILD aber durch eine andere Thematik zusammenkommen: den Verzicht Kühnes von Rückzahlungsoptionen, die sich der Unternehmersicherte, als er zuletzt mehrere Millionen Euro in neues Spielerpersonal investiert hatte. Bei sportlichem Erfolg müsste der HSV nach jetzigem Stand einen Teil des Geldes zurückzahlen – im Extremfall bis zu 50 Millionen Euro. Sollte die neue Vereinbarung greifen, wäre dieser Passus nicht mehr gültig, der Klub würde erheblich sparen.

Ach Gott. Fällt was auf? Wer verbreitet diesen Mist? Hoffmanns Medien-Partner Nr. 1, die BILD. Und was steht genau drin? „könnte“….“sollte die Vereinbarung greifen…“…“müsste der HSV…“ Mit anderen Worten: Nichts, als heiße Luft und Bahlsen-Kekse. Eine offenbar blind durchgesteckte Geschichte, die die Journalisten-Simulanten auch von HSV.de hätten abschreiben können, hätte sich HSV.de denn getraut, diesen Quatsch zu veröffentlichen. Brauchen sie aber auch gar nicht, das erledigt die BILD für sie. Und warum gerade jetzt? Nicht schwer zu erraten, oder? Den Fans soll suggeriert werden, dass alles in Butter und der Verein mit gnädiger Unterstützung des „Gönners“ auf dem richtigen Weg ist, damit man flugs am Erfolg teilhaben und Fan-Anleihen kaufen möchte. Aber warum gibt es diese Anleihe eigentlich, wenn doch alles so geil ist?

Natürlich stellt man bei der BILD diese Fragen nicht, man ist ja viel zu sehr damit beschäftigt, Propaganda zu betreiben. Und exakt dies ist der Moment, an dem sich diese Brechmittel mitschuldig machen, aber das raffen natürlich nicht alle und den Schmierlappen ist es sowas von Latte. Die haben einen Deal mit Hoffmann, der ihnen grundsätzliche Exklusivität sicher, im Gegenzug steuern sie die Propaganda. Man möchte den ganzen Tag kotzen.

Dabei ist Hoffmanns gewohntes Geschäftsmodell so einfach zu durchschauen. Die BILD propagiert irgendeine haarsträubende Gönner-Geschichte, im Zuge dessen wird die Fan-Anleihe verkauft, später wird dann bekannt, dass man sich mit Kühne doch nicht einigen konnte (man beachte die viele „hätte“ und „könnte“ in dem Artikel), aber die € 17,5 Mio. sind im Sack, die Lizenz (und die Millionengehälter) ist gesichert und um die Rückzahlung für die Jubiläums-Anleihe kümmern wir uns dann im September. Wenn wir dann noch da sind….

Hoffmanns

Schummel

Verein

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