Jaja, schon klar. Ich habe die „Auftritte“ im ZDF-Sportstudio und im Sport 1-Doppelpass auch gesehen und mich, zumindest teilweise, gewundert. Gewundert darüber, in welche Form Felix Magath seine absolut berechtigten Kritikpunkte verpackte, aber ist das eigentlich wichtig? Oder sind wir an dieser Stelle bereits wieder beim allseits beliebten „Hunke-Prinzip“ angelangt, nach dem man etwas durchaus Richtiges sagen kann, es aber trotzdem als inakzeptabel deklariert wird, weil es von der falschen Person kommt? Ist es denn eigentlich wichtig, in welcher Form man die Wahrheit überbringt, so lange es nur die Wahrheit ist? Ich meine nein.

Den Niedergang des einstigen Europapokalsiegers aus der Hansestadt beobachtet Magath schon lange. „Ich blicke nach wie vor skeptisch auf den HSV, weil ich in den letzten fünf, sechs, sieben Jahren nicht erkennen konnte, dass man tatsächlich was Entscheidendes verändert hätte“, meinte der Europameister von 1980. Man hat sich von Jahr zu Jahr gehangelt und sich immer daran erfreut, wenn man am Ende der Saison ein Spiel gewonnen hat“

(Quelle: https://www.sportbuzzer.de/artikel/hsv-felix-magath-kritik-ralf-becker-hannes-wolf-reaktion/)

Das, was Magath sagt, ist exakt das, was ich seit Jahren schreibe. Man hat wirklich nichts geändert beim HSV. Nicht seit 2011, nicht seit 2014 und auch nicht seit 2017. Immer wieder tritt irgendeine Figur an, tönt vorher rum, was man nicht alles korrigieren müsste, setzt sich in den Vorstandssessel und macht einfach nur so weiter wie zuvor. Hat man nach Hoffmanns Abgang irgendetwas Signifikantes geändert? Hat man im Grunde nicht, denn die angebliche Sparpolitik Jarchows war in erster Linie dadurch erzwungen, dass man angesichts noch ausstehender Transferausgaben aus der Vergangenheit gar nicht anders konnte. Hat man nach der Ausgliederung der Fußball AG 2014 etwas geändert? Mitnichten, denn Beiersdorfer war vielleicht nicht mehr Präsident, sondern Vorstandsvorsitzender einer AG, aber er machte einfach nur so weiter.

Oder kann sich jemand, ohne zu googeln, an die Inhalte des sensationellen Leitbildes erinnern, welches man für € 50.000 erstellen ließ? Ich nicht. Und Hoffmann? Außer, dass er gerade dabei ist, den Nachwuchsbereich komplett einzustampfen, hat er inhaltlich und strategisch nichts geändert. Ok, er tut so, als wolle man sich vom Gönner emanzipieren, aber wollen wir nicht mal abwarten, wie lange der Verein diese Linie halten kann?

Nein, der Verein hatte nun zweimal innerhalb eines Jahrzehnts die Chance, sich selbst zu häuten und völlig neu aufzustellen und beide Male hat man es nicht getan. Wie kommt es denn, dass in Hamburg immer noch jeder Spieler nach kurzer Zeit schlechter wird, während er zu seiner bekannte Leistungsfähigkeit zurückkehrt, sobald er die Stadtgrenzen verlässt? Wie kommt es, dass eine Mannschaft des HSV, egal aus welchen Spielern sie besteht, nach Siegen wie gegen St. Pauli in die kollektive Selbstgefälligkeit verfällt und das nächste Spiel gegen einen Underdog verkackt? Es liegt am Verein. Es liegt an einer DNA, die nach den 80er Jahren verwässserte und nicht den jeweils aktuellen Gegebenheiten angepasst wurde.

Es liegt daran, dass man in Hamburg keinerlei Anspruchsdenken mehr gewöhnt ist, man ist grundsätzlich mit dem Minimum zufrieden, möchte aber maximal verdienen. In Hamburg werden Underperformer wie Lasogga oder Holtby als Volkshelden gefeiert, obwohl sie nicht einmal ein halbes Jahr am Stück die Millionen wert waren, die man ihnen in den Hintern gesteckt hat. In Hamburg feiert man tatsächlich die Xte „erfolgreiche“ Relegation am Stück, anstatt an ihr zu verzweifeln und den Schalter umzulegen. Hier liegen sich Offizielle, Spieler und Fans in den Armen, wenn man im Mai gegen Fürth oder Karlsruhe die vermeintliche Rettung schafft, um anschließend im gleichen Trott fortzufahren. Und selbst, als endlich der wohlverdiente Abstieg besiegelt war, ändert man nichts.

Bei aller Liebe, aber mit Kaderkosten, die zum größten Teil das Dreifache der Konkurrenz  ausmachen, muss ich diese Blindenliga, zusammen mit Köln, beherrschen. Was aber macht die Verantwortlichen des HSV? Sie verweisen bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf die angebliche Jugend des Kaders und geben damit ihren kickenden Angestellten das nächste Alibi.

„Ich wäre zufrieden, wenn wir den Aufstieg am letzten Spieltag perfekt machen würden“ [B. Hoffmann]

Warum rafft das bloß keiner? Mit genau solchen Sprüchen setzt man die Messlatte an die eigenen Leistungen Stück für Stück nach unten. Was bedeutet sowas in den Köpfen der Spieler? „Ach komm, haben wir halt gegen Darmstadt verloren, ist doch nicht so wild. So lange wir am letzten Spieltag den Aufstieg perfekt machen, reicht das doch“. Und genau so wird gespielt. In einer Liga mit, bei allem Respekt, Heidenheim, Sandhausen und Bielefeld rumpelt sich die Millionen-Truppe von einem knappen Sieg zur nächsten Scheiß-Leistung. Alter, 38:29 Tore in 26 Spielen. Das ist normalerweise die Bilanz eines Tabellen 9. Aber – es reicht doch. Die vertrottelten Hüpfer haben absolut alles vergessen, was sich irgendwie nach Leistung anhört und kommen doch, ob sich nun Nic Müller beim Jubeln den Arsch bricht oder Bäckerei Jutta beim Versuch eines Dribblings gegen die Banden rennt. Nur der HSV, das reicht. Noch ein Beispiel gefällig?

 „Ich finde allerdings nicht, dass wir jetzt extrem unter Druck stehen. Das ist ganz anders als in den Vorjahren, als wir gegen den Abstieg gespielt haben. Jetzt können wir was gewinnen.“ Klappt das Richtung Saisonende? „Ich gehe davon aus, dass wir unser Ziel auch erreichen werden“ so Lasogga.

Ach so. Der Verein kämpft ums Überleben, aber der sogenannte „Sturmbulle“ siehts ganz locker. Abstiegskampf, ja das ist was. Aber das jetzt, das ist doch kein Druck. Unfassbar.

Alle, allesamt hat dieser Virus befallen, dieser Bazillus der Nicht-Leistung, die jedoch nicht gefordert und bei Ausbleiben nicht bestraft wird. Verein, Medien, Fans, Sponsoren, Investoren, alle sind befallen.

Es lebe die Wohlfühloase HSV.

P.S. Übrigens göttlich zu sehen, was passiert, wenn man seinen dümmlichen Fan-Blog so lahmarschig gestaltet und schreibt, dass sich die eigenen Leser ausschließlich über die Sperrung eines Users auskotzen. Zugegebenermaßen war dies allerdings ein User, der die Eier hatte, den Lügenmärchen des Herrn Scholz etwas entgegen zu halten. Dafür wird man dann in der Graupenperle aussortiert, weil es eben nicht zur Vereins-Propaganda der Herren Hoffmann und Scholz passt. Aber auch das passt perfekt zum HSV.