Jedesmal, wirklich jedes verdammte Mal, wenn die Mannschaft des HSV mal wieder nicht so liefert, wie es sich die Hüpfer vorher schön gesoffen hatten, kommt der unvermeidliche Ruf nach dem Vorgänger des aktuellen Trainers. „Wolf raus!!!!“, „Holt Big-Titz zurück“. Und jedesmal, wenn dies passiert, frage ich mich, wie unfassbar verblödet man eigentlich sein kann. Aber es zeigt eben auch, dass die (BILD)-Propaganda besonders bei den Anhängern mit dem IQ einer angegammelten Banane nach wie vor wirkt. Denn kaum einer der Rumpelnickis erinnert sich noch an dieses ekelhafte Ballgeschiebe unter Mr. Coaching Zone, der zum Ende seiner Tätigkeit mehr damit beschäftigt war, Interviews in eigener Sache zu geben, als sich seinem Beruf zu widmen.

Kaum einer weiß noch, dass zu Titz‘ Zeiten Torhüter Pollersbeck der Spieler mit den meisten Ballkontakten während eines Spiels war. Europa-weit. Und dass Titz dieses lächerliche System nur aus dem einen Grund spielen ließ: Um sich selbst den Ruf des innovativen Übungsleiters zu verpassen. Zur Erinnerung: Wundertrainer Christian musste nach dem 10. Spieltag die Bank räumen, der HSV stand auf dem 5. Tabellenplatz, hatte nach 10 Spielen 18 von 30 möglichen Punkten sowie 12:11 Tore auf der Uhr. Und dies mit einer Mannschaft, die immer noch nach Bundesliga-Maßstäben bezahlt wird und vor denen die Gegner im Unterhaus noch Respekt hatten. Ich erinnere mich an Teams, die mit vollen Hosen ins Volksparkstadion kamen und dann in überragender Manier von Titz‘ HSV aus der Arena geschossen wurden.

HSV – Holstein Kiel 0:3

HSV – Bielefeld 3:0

HSV – Heidenheim 3:2

HSV – Regensburg 0:5

HSV – St. Pauli 0:0

HSV – Bochum 0:0

Beeindruckend, gell? Und diese Ergebnisse kamen, wie gesagt, zu einem Zeitpunkt zustande, als die meisten Gegner noch sowas wie Respekt vor dem Ex-Dino hatten. Diese Zeiten sind vorbei, denn selbst in Sandhausen und Duisburg hat man mittlerweile verstanden, dass in Hamburg mit weniger als Wasser gekocht wird und dass diese überbezahlte Truppe selbst von einer unterdurchschnittlichen und Verletzungs-geplagten Mannschaft wie dem VfL Bochum durchaus geschlagen werden kann. Denn beim HSV gilt (und es verursacht Schmerzen, es auszusprechen): Spielt Aaron Hunt nicht, ist der HSV nichts mehr wert. Der Ex-Bremer ist der einzige Akteur im Kader, der zumindest ab und zu so etwas wie Struktur ins Spiel bringen kann, alle anderen sind Mitläufer.

Aber, wie ebenfalls bereits erwähnt, die Propaganda wirkt, denn für den leisen Trainer Hannes Wolf hat sich in Hamburg noch kein Blatt gefunden, welches eine Kampagne für ihn entfacht. Dafür ist Wolf auch viel zu sachlich und introvertiert, im Gegensatz zu Medien-Liebling Titz. Der ließ zwar absolute Scheiße spielen, aber er laberte mit jedem, der nicht rechtzeitig aus dem Weg ging. Das wirkt. Das macht beliebt. Und das zeigt das Dilemma der heutigen Zeit. Selbstvermarktung, Selbstoptimierung ist wichtiger als Leistung. Und die Propaganda wirkt nicht nur bei Herrn Titz, sondern auch bei Ralle Becker, dem Sportvorstand, dem auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit ein „Bomben-Job“ attestiert wird, wobei niemand erklären kann, worin dieser „Bomben-Job“ eigentlich besteht.

Waren es die Spieler, die er weit unter Einkaufspreis verschleuderte? (Hahn, Walace, Ekdal, Mathenia)

Waren es die Spieler, die er ablösefrei gehen ließ? (Altintas, Müller etc.)

Waren es die Spieler, die er trotz laufenden Vertrags verschenkte? (Halilovic)

Oder waren es die gnadenlos geilen Leihgeschäfte wie Kostic (€ 1,2 Mio. für zwei Jahre an Bundesligsten Frankfurt), Wood (€ 1,2 Mio. für ein Jahr nach Hannover), Moritz (kostenlos), Steinmann (kostenlos)

Nimmt man alles zusammen, dann hat Becker eine wirklich gute Entscheidung getroffen und das war die einjährige Leihe von Orel Mangala vom VfB Stuttgart. Denn auch der Kauf von Narey, sowie die Leihgeschäfte von Hwang, Lacroix und die ablösefreie Wechsel von Moritz und Wintzheimer waren im Grunde Rohrkrepierer. Aber für den Boulevard scheint es zu reichen, Becker macht einen tollen Job. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die hüpfenden Schwachmaten den Kopf von Wolf und nicht den von Becker fordern, obwohl Becker dem jeweiligen Trainer eine Blindentruppe hingestellt hat. Das aber will keiner wissen, denn wie leicht geht einem „I love big Titz“ über die Lippen, wenn man bereits vor dem Spiel bei 1,8 Promille angekommen ist.