Zuerst einmal: Dies soll keine Kritik sein, denn das, was der HSV aktuell tut, ist notwendig. Notwendig deshalb, weil man in den letzten 15 Jahren nicht nur falsch und schlecht gearbeitet, sondern auch weit über seine Verhältnisse gelebt hat. Dies gilt sowohl für die erste Zeit unter Hoffmann, als man (finanzielle) Problem grundsätzlich weit in die Zukunft verschoben und ignoriert hat. Dies gilt besonders für die Zeit unter Beiersdorfer, als man mit Geld um sich geschmissen hat, als wären es Kamellen beim Kölner Karneval und als sowas wie Scouting nicht stattgefunden hat. Dies gilt für die Zeit unter Bruchhagen, als man zwar davon laberte, Kühne’s Vorstellungen nicht nachkommen zu wollen, um es dann doch zu tun. Und dies gilt auch für die zweite Zeit unter Hoffmann, in der man Verträge mit Holtby, Sakai verlängerte, Spieler wie Papadopoulos nicht los wurde und auf dem Transfermarkt versagte. Denn sein wir doch mal ehrlich – wer bejubelt heute noch den ehemaligen Sensations-Transfer von Mr. Narey, der im Laufe der Saison eindrucksvoll untermauert hat, weshalb er ein Zweitliga-Spieler ist und nicht mehr.

Dennoch – das, was der HSV bisher im Hinblick auf die nächste Saison macht, sind Zweitliga-Transfers, aber es ist angesichts der finanziellen Situation gar nicht anders zu handhaben. Berkay Öczan (21) ist und bleibt ein Spieler auf Zweitliga-Niveau. Punkt. Das unterscheidet ihn von Orel Mangala und dies ist eben genau der Grund, warum ein potenzieller Bundesliga-Absteiger aus Stuttgart mit Mangala verlängert und Öczan für kleines Geld ziehen lässt. Der Spieler ist jung, der Spieler hat Ansätze, aber er wird meiner Meinung nie ein überdurchschnittlicher Spieler werden, der sich in der höchsten deutschen Spielklasse etablieren wird. Jan Gyamerah (23) kommt ablösefrei aus Bochum, wo er fleissig mit kickt, aber nicht herausragt. Der Junge ist mit 23 Jahren noch in der zweiten Liga, bisher ist kein Erstliga-Verein auf die Idee gekommen, ihn aus seinem Vertrag zu kaufen, er wird ein Zweitliga-Spieler bleiben.

Das Gleiche gilt für Jeremy Dudziak, ebenfalls 23 Jahre alt. Natürlich hebt der HSV heraus, dass der Spieler alle deutschen U-Nationalmannschaften durchlaufen hat, aber am Ende gab ihn ein Top-Verein aus der Bundesliga (Borussia Dortmund) für € 250.000 an einen durchschnittlichen Zweitligisten wie St. Pauli ab und auch hier gehörte er nicht zum absoluten Stammpersonal (21, 20, 26, 20 Einsätze).

Jeremy Dudziak (bis 68.): Das beleidigende Plakat einiger Fans gegen ihn schien ihn derart verunsichert zu haben, dass er massive, für einen Techniker wie ihn unglaubliche Probleme mit der Ballbehandlung hatte. So ist er sicher keine Verstärkung für den HSV. (Quelle: Abendblatt.de)

Hinzukommen wird alle Wahrscheinlichkeit nach David Kinsombi (23) aus Kiel, bei  dem der HSV wohl bereit ist, seine letzten Kröten auf den Tisch zulegen. Der gebürtige Rüdesheimer ist sicherlich ein überdurchschnittlicher Zweitliga-Spieler, aber ob und wie schnell er nach seinem Schienbeinbruch wieder zur alten Leistungsfähigkeit kommen kann, bleibt fraglich. Außerdem möchte ich auf folgendes hinweisen: SV Wehen, Mainz 05, Eintracht Frankfurt, Karlsruher SC, 1. FC Magdeburg, Holstein Kiel, HSV. Das macht 7 Vereine für einen 23-Jährigen in 8 Jahren. Mal darüber nachdenken. In seiner bisherigen Karriere hat Kinsombi wie viel Transferumsatz generiert? Null!

Dann sollte man bedenken, welche Spieler den HSV nach dieser Saison (voraussichtlich) verlassen werden. Holtby, Arp, Douglas Santos, hoffentlich Papadopoulos, Lacroix, Hwang, Mangala, wahrscheinlich Lasogga. Es ist absolut richtig und notwendig, dass diese Spieler in der nächsten Saison nicht mehr da sind, aber Fakt ist nun mal, dass man dabei ist, sie mit Zweitliga-Spielern zu ersetzen und dies für eine wahrscheinliche Bundesliga-Saison. Und noch eines: Diese Jungs, die bisher bei ihren Vereinen maximal im Unterhaus agierten und auch dort nicht überragten, sollen in der Bundesliga als Führungsspieler fungieren. Das kann nicht gehen, aber dem HSV bleibt gar nichts anderes mehr übrig.

Was aber zeigt uns dieses Verhalten, welches tatsächlich ebenso alternativ- wie aussichtslos ist? Der HSV ist einfach keine große Nummer mehr, der Abstieg, auf den man all die Jahre erfolgreich hingearbeitet hat, hat zu einer einschneidenden Zäsur geführt. Nachdem man in den Jahren zuvor ab und an noch einen Spieler mit einem anscheinend großen Namen bekommen konnte (Holtby, Hunt, Papadopoulos etc.), weil man ihn mit Geld zugeschüttet, aber nicht mit Visionen überzeugt hat, ist dies nun endgültig vorbei. Weil eben das Geld, mit welchem man schütten konnte, nicht mehr da ist.

Das Gleiche wird meines Erachtens für die angekündigten, spektakulären Leih-Deals gelten, denn auch bei den Spielern, aber besonders den Vereinen und den Beratern ist der HSV eben kein Verein, bei dem ein verliehener Spieler reifen und sich weiter entwickeln kann. Mag für einige das Beispiel Mangala gegen diese These sprechen, so sehen andere Vereine eben auch das Schicksal von Super-Talent Fiete Arp, bei dem sich der Verein rühmen kann, ihm zumindest einen Teil seiner Karriere zerstört zu haben. Und natürlich fragt man sich woanders, wie man wohl mit einem Leihspieler umgehen wird, wenn man schon Eigengewächse verreckten lässt. Für den Pöbel wird mit Hilfe der Hofberichterstatter natürlich die Legende vom trainingsfaulen und unmotivierten Jann-Fiete verbreitet, aber das wirkt eben nicht überall.

Nochmal: Das, was der HSV bisher auf dem Transfermarkt betrieben hat, ist nicht falsch, weil es gar nicht anders geht. Aber es wird eben nicht dazu führen, dass man sich in der Bundesliga hält oder gar etabliert, dazu sind selbst Verein wie Mainz, Augsburg, Freiburg etc. bereits jetzt viel zu weit weg. Bedanken darf man sich bei den Herren Hoffmann, Beiersdorfer, Jarchow und Bruchhagen. Und Kühne.