Ich habe eigentlich gedacht, mich könnte nichts mehr schockieren. Ich habe mich getäuscht!

Wie bereits angekündigt, war ich gestern zum ersten seit knapp 2 Jahren mal wieder im Stadion und habe mir somit das erste Zweitligaspiel des HSV in meinem Leben anschauen müssen. Richtig, anschauen müssen. Denn jeder, der sich das freiwillig ein zweites Mal antut und dafür auch noch Entrittsgelder wie die eines Champions League-Teilnehmers abdrückt, gehört eigentlich in psychologische Behandlung, denn mit dem Begriff Masochismus ist das alles nicht ausreichend beschrieben. Ehrlich, ich war im Grunde ohne jegliche Erwartungen in den Volkspark gefahren, aber das, was ich gestern sah, hat mich in meinen Grundfesten erschüttert. Denn das, was eine Mannschaft, bei der bis auf Bates jeder Spieler Erstliga-Erfahrungen vorzuweisen hat, dort abliefert, ist ein Skandal.

Spielerisch, technisch, von der Einstellung zum Beruf her, komplett. Der Tabellen-16. aus Magdeburg war dem HSV, bis auf vielleicht 15 Minuten nach der Pause in absolut allen Belangen überlegen, die Spieler waren griffiger, galliger, handlungsschneller und tatsächlich auch technisch dem HSV in entrückt. Kurz zur Einordnung: Hier spielte der Tabellen-2. mit einem Kaderwert von € 58,88 Mio. gegen den Tabellen-16. mit einem Kaderwert von € 11,4 Mio. Für das Gehalt eines Herrn Lasogga (€ 3,6 Mio. zzgl. Prämien) kann man in Magdeburg knapp die Hälfte der Mannschaft bezahlen. Außerdem: Die Ost-Deutschen hatten bis gestern ganze 4 ihrer 27 Spiele gewonnen. Vielleicht habe ich ja keine Ahnung, aber irgendwie erwarte ich dann, einen Leistungsunterschied erkennen zu können.

Konnte ich auch. Magdeburg spielte flüssig, selbstsicher und vor allem: Sie versuchten größtenteils erfolgreich, sich aus der eigenen Abwehr heraus zu kombinieren. Hübsches Kurzpasspiel, präzise Pässe in die Schnittstellen, ab und zu mal einen Diagonalpass auf die Außen, alles das, was man von einem HSV auf Regionalliga-Niveau nicht zu sehen bekommt. Die Hamburger waren über 90 Minuten fast immer einen Schritt zu spät, verloren im Mittelfeld nahezu jeden Zweikampf und zudem kennt dieser HSV offenkundig nach wie vor nur ein spielerisches Mittel: Querpässe in der Dreierkette, Rückpass zu Torhüter Pollersbeck und irgendwann der 50m-Pass in die gegnerische Hälfte. Das ist spielerisch und taktisch derart begrenzt, für sowas fehlen mir die Worte.

Die Spieler in der Einzelkritik.

Pollersbeck: Wenig geprüft, bei den Toren machtlos. Mit den Händen ist das okay, aber der Mann drischt Rückpässe teilweise derart unkontrolliert auf die Tribüne, das ist einfach erbärmlich.

Sakai: Bitte. Erlöst diesen Mann von seinem Schicksal als Fußball-Profi. Ist ja nett, dass er neuerdings Enthüllungsbücher auf Japanisch schreibt, aber das, was er auf dem Platz zeigt, ist einfach nur peinlich. Defensiv wacklig, offensiv spielt er Pässe in Räume, wo weit und breit kein Hamburger zu sehen ist.

van Drongelen: Defensiv ok, im Spiel nach vorn ist das leider ein Oberliga-Spieler. Keinerlei Pressing-Resistenz, sobald er angelaufen wird, gerät er in Panik.

Papadopoulos: Ich hätte nie gedacht, das ich das einmal schreiben muss, aber bester Hamburger des Spiels. Defensiv größtenteils solide, gewinnt jedes Kopfball-Duell und war der Einzige, der mal etwa anderes versuchte als die Pille blind nach vorn zu dreschen.

Bates: Wie schlimm muss es um die schottische Nationalmannschaft bestellt sein, wenn dieser Mann spielen darf. Master of Rückpass, hüftsteif  und langsam. Und wie schlecht müssen die ehemaligen Peters-Juwelen sein, wenn es niemanden gibt, der diesen Anti-Fußballer beerben kann?

Douglas Santos: Träumt anscheinend schon von Donezk. Sollte irgendein Scout irgendeines Vereins gestern in Hamburg gewesen sein, ist das Interesse Geschichte. Ein Mann, der angeblich € 25 Mio. wert sein soll (also der 2 1/2-fache des Magdeburger Kaders), muss den Unterschied ausmachen. Vom Brasilianer kam gar nichts. Höchstgebot: € 2,5 Mio.

Jung: Dazu fehlen mir eigentlich die Worte. Ich habe noch die Worte der Hamburger Hofberichterstatter im Ohr. „Wenn Gideon Jung erstmal wieder da ist“. Verliert wirklich jeden Zweikampf, stolpert über seine eigenen Beine, hätte eigentlich nach 30 Minuten erlöst werden müssen.

Mangala: Gedanklich offenbar schon wieder in Stuttgart, ohne jeglichen Impuls. Minimaler Aktionsradius, keine Ideen und offenbar auch kein Bock mehr.

Holtby: Jeder, der die Petition für eine Verlängerung seines Vertrags unterschrieben hat und gestern im Stadion war, gehört ausgepeitscht. Mr. Wirkungslos hat in Hamburg 4 Jahre lang € 4 Mio. verdient und niemand weiß, warum. Sandhausen freut sich auf Lewis Harry.

Jatta: Bei aller Liebe, aber das wird in diesem Leben kein professioneller Fußballer mehr. Er rennt, er arbeitet, aber sobald er am Ball ist, ist die Luft raus. Trotzdem noch einer der Besseren, was mehr über den Rest aussagt, als über seine Qualitäten.

Lasogga: Gewinnt kaum ein offensives Kopfballduell, kann keinen Ball festmachen, rennt vorn rum wie Falschgeld. Für Kombinations-Fußball ungeeignet, für Konter-Fußball ungeeignet, das Einzige, was er kann – er kann Bälle, die in einem Raum 10 m vor dem Tor auftauchen, reinmachen. Aber dafür muss da auch mal ein Ball hin. Absolut ohne Wirkung, Totalausfall.

Natürlich werden jetzt wieder die Rumpelnicki-Trottel unter ihren Löchern hervor gekrochen kommen und die Trainer-Frage stellen. Sollen sie. Aber man schaue sich einmal an, was denn da noch auf der Bank sitzt. Öczan, Lacroix, David, Janjicic, Narey, Köhlert. Das ist der Kader, den Top-Jobber Becker vor dieser Saison zusammengestellt hat und dieser Kader ist, gemessen an dem, was er kostet, ein einziges Desaster. Hinzu kommt, dass die ehemaligen Bundesliga-Spieler einfach nicht in der Lage sind, zu einem normalen Zweitliga-Spiel eine Einstellung zu finden, denn während die Magdeburger von der ersten bis zur letzten Minuten hellwach waren und wollten, hatte man beim HSV den Eindruck, dass man flächendeckend meint, mit 70% reicht es auch irgendwie. Wäre ich Hannes Wolf, ich würde ausflippen.

Nun gut, so habe also auch ich ein Spiel der zweiten Liga in Hamburg gesehen, es wird vorerst mein letztes gewesen sein. Für den HSV allerdings wird es, wenn sie so weitermachen, nicht die letzte Saison in dieser Liga gewesen sein, aber da es in Hamburg eh keine Anspruchshaltung mehr gibt, kratzt das scheinbar niemand. Ach ja, ich war sogar beim Volksparkett (Viele Grüße nochmal, M.) und niemand wollte mir an den Kragen. Komisch, dabei wollte man doch das ganze Stadion nach meiner „Hackfresse“ absuchen. Zumindest in diesem Bereich gleichen sich die Mannschaft und ihre sogenannten „Fans“.

P.S. Riesenkompliment an die Magdeburger Fans, das war Support vom Feinsten. Geile Stimmung, kreativ. Wenn ich dagegen dieses Mordor-Getrommel und die immer gleichen Ork-Gesänge aus der Nordkurve höre, rollen sich meine Fußnägel auf.

https://www.youtube.com/watch?v=mY8jResEio4