Es gibt Momente im Leben eines Bloggers, da hat er das Gefühl, dass alles gesagt ist. Ich kann mich noch gut an ein Statement von Sven GZ erinnern, der vor einigen Wochen ankündigte, nicht mehr bloggen und podcasten zu wollen, weil es ihm so vorkommen würde, als mache es keinen Sinn mehr. Alles ist zigfach beschrieben, erklärt, analysiert, kritisiert, gelobt und getadelt worden, aber ändern tut sich im Grunde nichts. Nun ist es nicht so, als hätte ich diesen Blog jemals ins Leben gerufen, um auch nur eine Hüpfer-Seele bekehren zu wollen, denn eigentlich ist es nicht das Schreiben, welches zermürbt, sondern es ist der Verein, der einen schafft. Ich weiß, dass es viele gibt, die sich abgewandt haben, viele die den Klub über Jahre, teilweise Jahrzehnte begleitet haben und die irgendwann das Handtuch geworfen haben. Ich selbst habe mich (noch) nicht abgewandt, sonst könnte ich auch kaum täglich einen Blog schreiben. Aber ich war 40 Jahre lang echter Fan und das bin ich nicht mehr, ich werde es wohl auch nie wieder sein (können).

Aber es hat definitiv einen Wandel in mir gegeben und das ist außerordentlich bedauerlich. Denn wie gern wäre ich heute noch der Fan, der ich einmal war. Wie gern würde ich am Wochenende in den Volkspark pilgern, mich mit Kumpels treffen, mich auf ein Bundesligaspiel freuen, mich ärgern, jubeln, fluchen, pöbeln, verzweifeln und feiern. Zu einem Freund habe ich bereits mehrfach gesagt: „Früher war ein Wochenende, an dem der HSV am Samstag verloren hatte, ein verlorenes Wochenende. Samstag verloren, Sonntag im Arsch. Miese Laune, zu nichts Lust. Heute ist es umgekehrt“. Daran, dass ich heute eher schlecht drauf bin, wenn der Verein gewinnt, bin nicht ich Schuld und ich bin auch nicht daran Schuld, dass ich nicht mehr der Fan bin, der ich einmal war. Schuld daran ist der Verein selbst, aber auch der Fußball im Allgemeinen.

Als ich Junge war, gab es am Samstag die Sportschau. 18.05 Uhr, ARD. Davor hatte man natürlich die Konferenz auf NDR gehört. Abends dann das aktuelle Sportstudio ab ca. 22.30 Uhr, aber meistens war ich dann schon im Bett. Man bekam also den Fußball in ca. 7 Minuten langen Happen pro Spiel serviert, kommentiert von emotionsbefreiten Kommentatoren und das war es dann. Pay-TV gab es nicht, Privat-Sender gab es nicht, Internet gab es nicht. Für mich als kleinen HSV-Fan gab es die Westkonferenz mit Jochen Hagelleit und Manni Breugmann („Tor in Düsseldorf, Jochen Hageleit) und ca. 7 Minuten meinen HSV in der Sportschau. That’s it. Ab und zu mal ein Spiel des „Europapokals der Landesmeister“ im Fernsehen, ein Ereignis, auf das man Wochen hinfieberte.

Heute haben ich Fußball 24 Stunden am Tag. Montags 2. Bundesliga. Dienstags Champions-League. Mittwochs Champions League. Donnerstag Europa League. Freitag 1. und 2 Bundesliga. Samstag 1. und 2. Bundesliga. Sonnstags 1. und 2. Bundesliga. Und dann alles wieder von vorn? Von August bis Mai. Hinzu kommen Europameisterschaften, Weltmeisterschaften, U21-Europameisterschaften, Frauen-WM, Olympisches Fußball-Turnier, Afrika-Cup und dieser neue Ländercup, dessen Namen ich nicht kennen. Ich bin müde. Bis zum Spiel Liverpool gegen Barcelona war es viele Monate her, dass ich ein einziges Fußballspiel von der 1. bis zur 90. Minuten ohne Unterbrechung gesehen habe. Wenn ich mich aber schon mit Weltklasse schwer tue, wie kann ich dann 90. Minuten HSV gegen Sandhausen ertragen?

Ich habe es versucht, ich war gegen Magdeburg im Stadion. Nach 15 Minuten guckte ich mit offenem Mund nach links zum meinem Sitznachbarn und Axel sagte: „Ich weiß gar nicht, was du willst, das ist alle zwei Wochen so“. Unfassbar. Ich habe im Laufe meiner Fan-Zeit wirklich schlimme Spiele im Volkspark gesehen. Ich habe bei Schneetreiben in der alten Schüssel gestanden und bei Dämmer-Flutlicht HSV gegen Uerdingen ertragen. Aber sowas wie gegen Magdeburg hatte ich noch nie gesehen. Egal, ist ein anderes Thema.

Ich frage mich, ob ich vielleicht genug gesehen habe. Geht vielleicht nur eine bestimmte Anzahl von Fußballspielen in einem Leben? Ich habe das Gefühl, dass die Schraube überdreht ist. Kein Mensch kann sich all diese Spiele ansehen wollen. Die Vorfreude, die es einmal gab, gibt es nicht mehr, weil das nächste Highlight ja bereits für heute Abend 20.45 Uhr angekündigt wurde. Und jeden Abend Räucherlachs geht einem auch irgendwann mal auf den Geist, dann muss es schon Hummer sein, damit man noch mit dem Arsch hochkommt.

Ist vielleicht alles geschrieben? Ich weiß es nicht, noch nicht. Ich weiß nur, dass mir der HSV den Spaß am Fan-Sein genommen und die totale Fußball-Überflutung den Spaß am Fußball-gucken genommen hat. Und darüber bin ich extrem sauer, aber das lässt sich nicht mehr rückgängig machen.

Aaron Hunt wurde vertraglich zugesichert, nach seinem Karriereende für mindestens zwei Jahre beim #HSV im sportlichen Bereich arbeiten zu dürfen. Ein genaues Aufgabenfeld wurde allerdings (noch) nicht festgelegt. [BILD]

Die wollen also Kommunikations-Zauberer Ahorn Hund nach dem Ende seiner Verletzungskarriere einen Job geben? Sorry, aber die haben doch nicht alle Latten am Zaun. Danke #TeamHoffmann