Was Hütchenspieler sind, weiß wohl jeder, oder? Das sind diese windigen Typen, die an einem Tisch an irgendeiner Straße stehen, auf diesem Tisch hat er vor sich drei gleiche Gegenstände stehen. Mal sind es Hütchen, mal ist es etwas anderes, was dazu geeignet ist, einen kleinen Gegenstand wie eine Erbse, eine Kugel oder ähnliches zu verbergen. Jemand, der sich auf das Spiel einlassen möchte, wettet einen Betrag, dass er herausbekommt, unter welchem Hütchen sich, nach mehrmaligem Hin- und Herschieben, die Kugel befindet. Gewinnen kann man dabei eigentlich nicht, denn das ist ja der Spaß an der Sache, der Hütchenspieler gewinnt am Ende immer. Dies unterscheidet in Gänze den Hütchenspieler von der Straße vom Hütchenspieler aus Leverkusen, denn dieser verliert am Ende immer, obwohl er, genau wie sein Pendant, versucht, die Leute zu bescheißen.

Das Problem des Trickser ist nämlich: Er spielt immer noch Hütchen wie vor 10 Jahren, aber die Zeiten haben sich dramatisch geändert. Und so kommt er einem wie jemand vor, der immer noch an der Straße steht, während die Spieler der nächsten Generation ins Internet weiter gezogen sind oder sich mittlerweile an Sportwetten versucht. Unser Hütchenspieler versucht dagegen immer noch die alten, billigen Tricks und das Ganze verfolgt, wie früher, das bekannte Motto: „Probleme werden in die Zukunft verschoben, aber nicht gelöst. Darum kümmern wir uns dann, wenn es akut wird oder ich nicht mehr im Amt bin“. Aber wie genau muss man sich das eigentlich vorstellen? Nun, im Prinzip ganz einfach. Um zu einem sensiblen Zeitpunkt (z.B. Vor der Saison, wenn man Dauerkarten verkaufen muss) die Stimmung unter den Gläubigen zu heben, erfindet man einfach eine lustige kleine Geschichte, die sich für einige eventuell plausibel anhört. Diese Geschichte lanciert man dann recht ungeschickt an die entsprechenden Medienpartner und – schwupps – hat man eine freundliche Stimmung erzeugt.

Als kleines Beispiel nehmen wir an dieser Stelle den „Fall Arp“. Obwohl der junge Superstar nicht nur seinen Wunsch geäußert hatte, zum FC Bayern zu wechseln, sondern dort bereits einen Vertrag unterschrieben hatte, beruft man einfach mal eine Fake-Veranstaltung ein, in deren Verlauf Jung-Fiete begeistert den Füller schwingt und einen nicht vorhandenen Vertrag beim HSV verlängert. Ohne Ausstiegsklausel, versteht sich. Alle Anwesenden lächeln beseelt, Fiete ist der Liebling der Fans, weil er seinen Stammverein nicht hängen lässt und die Verantwortlichen beim HSV wirken wie wahre Zauberer, weil ihnen dieser Sensationsdeal gelungen ist. Resultat: Stimmung super, Medien begeistert, Fiete beliebt, Logen verkauft. Hoffmann Superstar. Eventuell wäre man mit der Nummer zu alten Hütchenspieler-Zeiten durchgekommen, aber inzwischen schreiben wir das Jahr 2019 und natürlich platzt die Geschichte. Nun stehen alle Beteiligten wie die letzten Lügner da, Fiete ist doch nur ein Söldner und Hoffmann hat gelogen. Aber immerhin können die Dauerkarten-Trottel ihre Kohle nicht zurückfordern.

Anderer Fall – Kinsombi. Hier erklärt man den Fans über die  begeisterten Hofberichterstatter nicht nur, dass sich der Spieler, der Angebote aus der gesamten Galaxie vorliegen hatte, für das Wahnsinns-Projekt HSV entschieden hätte, nein. Man verbreitet Herz-Schmerz-Geschichte über einen Trainer, der nur zwei Tage nach dem Schienbeinbruch des Spielers an dessen Krankenbett saß und den Kicker auf diesem Weg von sich und dem Verein überzeugen konnte. Und, als wäre das noch immer nicht genug, soll der Mann auch noch auf Teile seines Gehalts verzichtet und einen Teil der Ablöse aus eigener Tasche bezahlt haben, es liest sich wie ein Märchen aus Tausend und einem Maulwurf. Schade nur, dass die Geschichte erfunden ist.

Und wenn man den Hütchenspieler vom Volkspark kennt, kann man sich vorstellen, dass weder an der Geschichte mit dem Gehaltsverzicht, noch an der Nummer mit dem Eigenanteil an der Ablöse auch nur ein Milligramm Wahrheit dran ist, aber das ploppt dann erst hoch, wenn sich die Fans wegen des Nicht-Aufstiegs wieder beruhigt haben: Probleme lösen wir dann später.

Die Frage ist, Was kann man dort eigentlich noch glauben und ich liefere die Antwort gleich mit: Nichts. Man ist in Hamburg gut beraten, wenn man an jeder Transfersumme, die vom Verein durchgesteckt wird, ebenso zweifelt, wie an den vermeintlichen Zeichnern der Jammer-Anleihe. Aber natürlich sollte man sich fragen, warum die das eigentlich machen. Warum erzählen sie ihren Anhängern grundsätzlich Käse, warum wird dort draußen geschönt, dass einem die Tränen kommen? Eine Möglichkeit wäre, dass die Wahrheiten wohl möglich noch viel schlimmer und verstörender sind, als alle vermuten. Eine andere Möglichkeit wäre, weil man als gelernter Hütchenspieler gar nicht mehr anders kann. Ich vermute eine Mischung aus Beidem und diese Mischung wird dem Verein über kurz oder lang das Genick brechen.

Zur aktuellen Situation. Gestern trat nun der angeblich seit zwei Nächten schlaflose Trickser vor die Mikrophone und lieferte eine Show im Düdü Beiersdorfer-Style ab. Noch nie habe ich den Mann, der ansonsten vor Überheblichkeit kaum laufen kann, so sehr stottern und zaudern sehen. Inhaltlich war seine erste Stellungnahme nach dem Super-GAU dünner als dünn, man laberte irgendwas von Systemversagen. Leider fragte natürlich keiner der anwesenden Hofberichterstatter nach, was Uns-Bernie denn nun damit meinen könnte. Und natürlich stellt auch niemand die Frage: Herr Hoffmann, sie sind Vorstandsvorsitzender dieses Vereins, übernehmen sie persönlich die Verantwortung für das Scheitern?

https://www.youtube.com/watch?v=jzz1BGR7JY4

Nein, wie immer übernimmt niemand. Es wird irgendein Konstrukt von einer übergeordneten wabernden Masse gebildet („jeder sitzt mit im Boot, bla bla bla“), aber nicht einer hat die Eier, stellt sich hin und sagt: „Ich übernehme die Verantwortung“. Aber das kann man wohl auch von einer Führungskraft nicht erwarten, die sich selbst eine Prämie von weit mehr als € 500.000 im Falle des direkten Wiederaufstiegs genehmigen wollte. Wie man sowas mit seinem Gewissen vereinbart, nachdem man selbst die finanzielle Situation als dramatisch bezeichnet hat, wird mir ein Rätsel  bleiben.

Aber: Der Trickser kann noch einigermaßen gelassen bleiben, denn sein Medienpartner BILD steht noch!!! fest an seiner Seite. Keine Nachfragen, keine Kritik, nichts.

Beweis?

Und was ist mit Hoffmann selbst, wie Becker erst seit rund einem Jahr im Amt?

Es gehört zu den Aufgeregtheiten bei großen, alten Traditionsvereinen, in Krisen-Zeiten alles infrage zu stellen und schnell das Führungspersonal auszutauschen. Der HSV wäre gut beraten, nach jahrelangem Niedergang einmal einen anderen Weg zu gehen. (Quelle: Bild.de)

Dafür wird auf alles eingeprügelt, was nicht Hoffmann heißt, ist ja auch nicht besonders schwer zur Zeit. Ungemütlich wird es erst dann, wenn die Herren Hesse und Milani anfangen, ihren Treueschwur zu brechen und das ist bekanntermaßen nur eine Frage der Zeit. Dann, erst dann, wird es für Bernie eng. Aber eines ist so sicher wie der Sonnenaufgang:

Irgendwann wird es auch Arroganz-Hoffmann treffen. Die Frage ist nur, wie viel Kohle er bis dahin abgezweigt hat. 

P.S. Ich würde mir wünschen, dass diejenigen, die sich am Sonntag in den Volkspark bequemen, diese Geschichten entsprechende honorieren und die Söldner nicht auch noch mit Sprechchören feiern!

► Ohne neuen Vertrag war Pierre-Michel Lasogga in der Rückserie nicht mehr bereit, zu laufen. Seine Werte gingen gegenüber der Vorrunde dramatisch in den Keller.

► Fan-Liebling Lewis Holtby lag der HSV so sehr am Herzen, dass er streikte.