Ich meine das ernst. Denn inzwischen sollte jedem klar sein, dass es vollkommen egal ist, wer beim HSV

Vorstandsvorsitzender, Sportvorstand, Finanzvorstand, Sportchef, Kaderplaner, Chefscout, Trainer oder Spieler ist. Die Namen sind ebenso beliebig austauschbar, wie sie ausgetauscht werden.

Es spielt einfach keine Rolle mehr, denn dieser Verein ist fertig. Fertig, so wie er ist. Man hat es in all den Jahren mit allen Varianten versucht. Erfahrene Trainer, junge Trainer, Laptop-Trainer, Trainer des Jahres, deutschen Trainer, ausländischen Trainer, etablierten Trainer und Hoffnungs-Trainer. Nichts hat nachhaltig funktioniert und mittlerweile stellt man sich in Hamburg am Tag der Vorstellung des neuen Übungsleiters nicht mehr die Frage, ob es funktioniert, sondern man schließt Wetten darauf ab, wie viele Monate das arme Schwein im Amt bleiben wird, bevor man ihn in einem Akt der Inkompetenz und gelebten Selbstzerstörung vor die Tür setzt. All dies liegt nicht am jeweiligen Trainer, es liegt noch nicht mal am Sportchef, es liegt am Verein selbst.

Ein Verein, der schon längst nicht mehr dazu angelegt ist, durch sportliche Leistungen zu glänzen, sondern der ausschließlich als Selbstbedienungsladen für auf Zeit ins Amt gehobene Selbstoptimierer dient. Dabei glaube ich sogar den Trainern, die es immer wieder versuchen. Jeder von ihnen denkt, dass ausgerechnet er es sein wird, dem das Unmögliche gelingen wird. Der diesen im Kern so machtvollen Verein ins Licht führen und als Retter der Enterbten in die Analen des Klubs eingehen wird. Und nach wenigen Wochen merkt wirklich jeder der Herren, auf was er sich hier eigentlich eingelassen hat. Von dem Moment der Erkenntnis an beginnt das persönliche Schiff zu sinken und der Rest gerät zum Desaster. Immer und immer wieder.

Hört euch nochmal konzentriert das an, was van Marwijk damals sagte und der Mann war zu dem Zeitpunkt noch nicht entlassen, sondern im Amt und Würden. Ich bin mir zu 1888% sicher, dass JEDER seiner Nachfolger jeden Satz bestätigen würde. Ich bin mir auch sicher, dass die Herren Kreuzer, Knäbel, Todt und – nach seiner bevorstehenden Entlassung – Becker exakt das Gleiche sagen würden. Und auch der jeweilige Kaderplaner, Ober-Scout, U21-Trainer und Video-Analyst würde es sagen, wenn er die gleichen Eier hätte wie der Holländer. Und ja, ich weiß, was jetzt wieder die dünn-angerührten Nickis trompeten werden. „Eeeyyy..ausgerechnet van Marwijk. Der war doch das faulste Schwein überhaupt, der soll die Klappe halten“. Nein, eben nicht. Denn es ändert überhaupt nichts an den Fakten, ob der Holländer nun pro Tag 50 oder 150 Minuten trainieren ließ, denn darum geht es überhaupt nicht, aber das raffen die Opfer in diesem Leben nicht mehr.

Es wird nur den einen Weg geben, die „Marke HSV“ zu retten, nämlich indem man den „Verein HSV“ an die Wand fahren lässt. Erst wenn die „Marke HSV“ für all die, die mit ihr verdienen wollen, nicht mehr interessant genug ist, kann es eine Heilung, einen gesunden Neuaufbau und irgendwann einen HSV geben, auf den man als Fan wieder stolz sein kann und für den man sich nicht mehr schämen muss. Macht man aber so weiter wie bisher, wird nicht nur der „Verein HSV“, sondern auch die „Marke HSV“ sterben und zwar schneller, als es die Meisten glauben werden. Hört man sich in Hamburg um und fragt Fans und Anhänger, was denn für die Zukunft Hoffnung macht, erntet man Kopfschütteln und Achselzucken, denn dem Verein ist das abhanden gekommen, was nicht nur für eine Marke, sondern auch für einen Klub unumgänglich ist: Die Glaubwürdigkeit.

Als Bernd Hoffmann damals zum e.V. Präsidenten gewählt wurde (und im Anschluss unter Polizeischutz aus dem Saal geführt wurde), habe ich das Szenario bereits so beschrieben, wie es dann wenige Wochen später praktiziert wurde. Hoffmann wurde schnell zum Chef des Aufsichtsrats und nachdem man einige Zeit so tat, als suche man ernsthaft nach einem externen Kandidaten, kam man mit der völlig überraschenden Meldung um die Ecke, dass man „den bestmöglichen Kandidaten in den eigenen Reihen gefunden hätte“, Hallelujah. Wer hätte das gedacht. Gern auch noch mal zur Erinnerung, die denkwürdigen Worte des Tricksers

Hier das Problem: Wenn man seine Herrschaft bereits so beginnt, kann sich jeder, der unfallfrei bis 4 zählen kann, ausmalen, wie es weitergehen wird. Warum sollte jemand, der seinen neuen Job mit einer Lüge beginnt, damit aufhören? Hoffmann handelte dabei weder allein noch machte er irgendwas Neues. Man erinnere sich bitte: Beiersdorfer sollte die neu gegründete AG im Sinne der Inhalte der Mitglieder-Initiative HSVPlus umbauen und tat genau das Gegenteil, sein Vorgänger Jarchow rief den Sparkurs aus, um kurz darauf van der Vaart heim ins Reich zu holen. Bruchhagen kam mit dem Ruf des Frankfurt-Sanierers und tat das genaue Gegenteil, man sieht, jede Regentschaft begann mit einem Versprechen und startete mit einer Lüge. Damit beginnt das Konstrukt vom ersten Tag an zu wackeln, man befindet sich quasi von Anfang an im Verteidigungsmodus und kommt dort nicht mehr raus.

Mittlerweile ist der HSV im Mittelmaß der zweiten Liga angekommen, aber es geht noch tiefer, wir werden es erleben. Warum? Weil nach wie vor keine Moral und keine Glaubwürdigkeit vorgelebt wird und wie will ich von meinem Spielern bedingungsloses Engagement einfordern, wenn ich selbst als Münchhausens legitimer Erbe in die Geschichte eingehen werde? Und wenn ich mich selbst wie ein Charakterschwein verhalte, darf ich mich nicht wundern, wenn ich irgendwann eine Mannschaft beschäftige, die zu großen Teilen aus Charakterschweinen besteht.

Aber wie einfach, mal wieder alles am Trainer festzumachen, Wolf zu feuern, als Ablenkungsmanöver die nächsten Wochen die nächsten 7.426 Kandidaten durch die Presse zu hetzen, damit die Rumpelnickis bloß nicht auf die Idee kommen, die wahren (Hinter)-Gründe zu begreifen.

P.S. Es ist im Übrigen ein absoluter Skandal, dass man einen Trainer, der bereits vor knapp zwei Wochen „vielleicht“ gefeuert wurde, zwingt, sich einem Spießrutenlauf im letzten Heimspiel zu stellen, während man beschlossen hat, die schuldigen Söldner (Lasogga, Holtby etc.) durch die Hintertür entkommen zu lassen. Häme und Beschimpfungen für einen Trainer, den man im Stich gelassen hat, aber keine „Verabschiedung“ für die Spieler? Auch wieder – typisch HSV!