Kann mir mal jemand erklären, warum ich mich gerade fühle wie in einer Zeitmaschine, die mich zurück ins Jahr 2014 befördert hat? Zur Erinnerung: Auch 2014, unmittelbar nach der Ausgliederung der Profi-Abteilung, meinte man, die Probleme des HSV mit der Brechstange lösen zu können. Beiersdorfer erhielt beim Amtsantritt weder Strategische Partner noch eine zugesagte Anschub-Finanzierung, aber man meinte dennoch, klotzen statt kleckern zu können. Man verkaufte Talent Calhanoglu, Gestalter Badelj und Dauerläufer Skjelbred und holte Atomkracher wie Lasogga, Müller, Cleber Reis und Aggressiv loser Behrami. Mit Gewalt wollte man etwas erzwingen, anstatt etwas zu entwickeln. Die Erfolge sind bekannt. Und jetzt? Jetzt geht man erneut all-in.

„Der Umsatz wird in der nächsten Saison mehr als halbiert“, beziffert Martin Kind, der Vorstandsvorsitzende des ersten Absteigers, die Kosten bei Hannover 96. Im Falle der Niedersachsen sind das rund 40 Millionen Euro.

Gerade für Traditionsvereine mit einer großen Vergangenheit ist der Gang in die Zweite Liga besonders schmerzhaft – und das nicht nur, weil die Gegner statt Bayern München und Borussia Dortmund vorerst 1. FC Heidenheim oder SV Sandhausen heißen. Hintergrund ist, dass sich die Einnahmen aus dem TV-Topf der Deutschen Fußball-Liga am sportlichen Abschneiden der vergangenen Jahre orientieren. Mit anderen Worten: Je besser die Platzierung in den Vorjahren, desto größer ist der Verlust in der kommenden Zweitliga-Saison

Zumindest im ersten Jahr sind die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen Wiederaufstieg trotzdem häufig gegeben. Gleichwohl schafften in den vergangenen zehn Jahren weniger als 30 Prozent der Erstliga-Absteiger die direkte Rückkehr. Eine Aufgabe, die dann mit jedem Jahr schwieriger wird. Wer es genau wissen will, kann ja mal nachfragen bei langjährigen Erstligisten wie dem VfL Bochum oder dem 1. FC Kaiserslautern. Die stecken inzwischen seit Jahren im Fußball-Unterhaus fest

(Quelle: https://www.t-online.de/sport/fussball/bundesliga/id_77818472/fussball-bundesliga-so-viel-kostet-der-abstieg.html)

Die Aussagen sind eindeutig, oder? Und bekanntlich wird sich der HSV auch in der Saison 2019/20 in der zweiten Liga tummeln, diesmal mit Konkurrenten wie Stuttgart, Hannover, Nürnberg, Heidenheim, St. Pauli, Kiel etc. Aber all das spielt in den Großmanns-Überlegungen des angezählten Herrn Hoffmann und des Aufsichtsrats, der diese Nummer mitgeht, scheinbar keine Rolle. Fakt: Man hat für die neue Saison die Herren Titz, Wolf und Becker auf der Payroll, allein das sind geschätzt knapp € 2 Mio. totes Kapital. Nun gönnt man sich einen neuen Sportvorstand aus der Bundesliga, der unter Garantie nicht weniger verdienen wird als sein Vorgänger Becker. Ebenfalls aus der Bundesliga kommt nun Trainer Dieter Hecking, erstmal für eine Saison.

Was bei vielen zu spontanen Jubelstürmen führte, weil sie nicht zu Ende denken. Denn Hecking wird sich das Zugeständnis, vorerst nur für eine Saison mit Option, bei Aufstieg zu verlängern, bestens bezahlen lassen. Mit geschätzten € 1,5 Mio. ist Schnappi Hecking damit fast doppelt so teuer wie Vorgänger Wolf, aber der HSV hat es ja fett. Man hat also einen, für Zweitliga-Verhältnisse, teuren Vorstandsvorsitzenden, einen teuren Vorstand Sport und einen sehr teuren Trainer. Was man nicht hat ist eine Mannschaft, die aufsteigen kann. Am 17. Juni ist Trainingsauftakt und die Mannschaft, die der HSV Stand heute auf den Platz schicken würde, würde eher gegen den Abstieg und weniger um den Aufstieg spielen. Spruchreife Verkäufe lassen genauso auf sich warten wie Zugänge, die den HSV tatsächlich nach vorn bringen würden, ein gesunder Kinsombi mal ausgenommen.

Vielleicht kann sich der Eine oder Andere noch an die Saison 2011/12 erinnern. Man verpflichtete mit viel Tamtam den neuen Sportchef Frank Arnesen, den man damit köderte, dass er ca. € 15 Mio. in die Mannschaft investieren könnte. Am Ende musste der bemitleidenswerte Däne die gleiche Summe erwirtschaften, weil man über alte Hoffmann-Verpflichtungen aus der Vergangenheit gestolpert war. Wer möchte ausschließen, dass es in diesem Sommer wieder genauso kommt? Dass man Spieler wie Douglas Santos, Pollersbeck und Co. eben doch nicht los wird und wenn, nicht für die Summen, an die man gedacht hatte? Dass man die Probleme Wood und Papadopoulos nicht gelöst bekommt und wenn doch, ausgesprochen teuer? Dass man am 27. Juli eine Mannschaft auf dem Platz hat, die maximal Zweitliga-Mittelmaß repräsentiert, aber auf der Tribüne und der Bank bezahlt man die Herren auf Champions League-Niveau?

Dem bereits vor der Saison-Vorbereitung extrem angeschlagenen Hoffmann wird das egal sein, denn er hat nach der nächsten Saison eh kaum noch eine Zukunft beim HSV. Aber der Verein wird, ein erneuter Nicht-Aufstieg vorausgesetzt, endgültig aus der Kurve fliegen und die Herren aus dem Aufsichtsrat, die diesen Wahnsinn mitgemacht und abgesegnet haben, sind maximal mitverantwortlich.

Kurz zur Erinnerung: Der aktuelle Kader, in 18 Tagen ist Trainingsauftakt.

Pollersbeck, Mickel, Behrens, van Drongelen, Bates, Papadopoulos, Gyamerah,  Douglas Santos, Jung, Ambrosius, Knost, Pfeiffer, Vagnoman, Sakai, David, Dudziak, Öczan, Kinsombi, Hunt, Kwarteng, Ito, Jatta, Samperio, Opoku, Köhlert, Ferati, Drawz, Wintzheimer, Hinterseer, Wood

Dunkel unterlegt die Spieler, die noch abgegeben werden soll bzw. weg wollen.

Viel Spaß, Schnappi

https://www.dfl.de/de/hintergrund/lizenzierungsverfahren/finanzkennzahlen-der-proficlubs/

Eines frage ich mich – jedes Mal. Wie oft muss das noch passieren? Wie oft muss dieser Verein den nächsten Sportvorstand, Sportchef, Cheftrainer, Nachwuchs-Guru oder Toiletten-Reiniger präsentieren, der sich dann in einer inszenierten 15-Minuten-Show darstellt wie die göttliche Verheißung, um zu begreifen, dass dies alles nur einstudierter Mumpitz ist? Wie oft muss man noch hören „Wahnsinn, jetzt, wo XXX da ist, schöpfe ich wieder Hoffnung. Nun wird bestimmt alles gut“? Wann endlich werden die Hohlpfosten begreifen, dass es nicht auf die 15 Minuten auf der Showbühne ankommt, sondern auf das, was dahintersteckt?

Hat Gisdol bei seiner Vorstellung einen idiotischen Eindruck hinterlassen? Oder Labbadia? Oder Becker? Oder Hollerbach? Oder Peters? Warum kann man nicht ein einziges Mal abwarten, die Geschichte neutral betrachten und dann werten, wenn es etwas zu werten gibt?

Heilige Mutter Gottes.

Allen Väter unter den Lesern wünsche ich einen tollen Vatertag, ihr habt ihn verdient. Für mich ist es die größte Freude und Ehre meines Lebens, der Vater einer so wundervollen Tochter sein zu dürfen.