Manchmal hat man den Eindruck, die da draußen im Volkspark wissen selbst schon nicht mehr, was sie gestern abgesondert haben. Oder es ist ihnen schlichtweg egal, denn der Eine sagt Hü, während der Andere mit Hott kontert. Absprache ist ein Fremdwort, inhaltliche Übereinstimmung, selbst mit den eigenen Aussagen, eher Zufall. Beispiele?

“ Aktuell brauchen wir nicht darüber nachzudenken. Aktuell haben wir nicht einmal die Chance, Gehälter zu stemmen wie Mainz 05 oder der SC Freiburg. Deswegen verbietet es sich, über den fünften Schritt zu sprechen, bevor man den ersten macht“ (B. Hoffmann)

Realität: Ein Vorstandsvorsitzender, der nicht unter € 700.000 nach Haus geht, ein Vorstand Sport, der vom Champions League-Verein Leverkusen kommt und kaum weniger verdienen wird. Dazu noch ein Sportchef (Mutzel) aus Hoffenheim und ein Kaderplaner (Spors) aus Leipzig, ich bin mir nicht sicher, ob sich Vereine wie Mainz oder Freiburg einen solchen Wasserkopf leisten können. Dazu Spieler wie Hunt, Papadopoulos, Wood, Sakai, Jung, die sowohl in Augsburg wie in Freiburg das Gehaltsniveau sprengen würden und selbst Jatta mit seinen € 450.000 in den nächsten 5! Jahren dürfte bei den Bundesligisten zum Normalverdiener gehören. Und auch Millionen-Einkauf Kinsombi aus Kiel spielt nur in Hamburg, weil er weiß, dass hier in Erdnüssen bezahlt wird.

„Ich bin sicher, dass wir eine sehr spannende Mannschaft auf dem Platz haben werden. Die ganz große Herausforderung ist zu verhindern, dass Spieler gefühlt schlechter werden, wenn sie zum HSV kommen.“ (B. Hoffmann)

Herr Hoffmann, die Spieler werden in Hamburg nicht gefühlt schlechter, sie werden real schlechter und zwar in Serie. Ich kann mich nur mit sehr viel Mühe an einen Spieler erinnern, der sich in Hamburg verbesserte, aber an Dutzende, die mehr als eine Klasse mieser gekickt haben als vorher.

„wäre froh, möglichst lange oben mitzuspielen“ (B. Hoffmann)

Ach so. Mit einem der „teuersten Kader der Liga“ (ebenfalls B. Hoffmann), einem teuren Sportvorstand und einem erfahrenen Bundesliga-Trainer gibt man das Ziel aus, möglichst lange oben mitzuspielen? Als ungefähr so wie in der abgelaufenen Saison? Das würde dann also bedeuten, dass Hecking noch während und Boldt nach der Spielzeit fliegt? Spannend.

„Wir wollen am Ende der Saison ein normaler Club sein, der nicht über die Einflussnahme von Investoren und die Teilnahme an europäischen Wettbewerben diskutiert. Mittelfristig wollen wir wieder zum Mittelstand der ersten Bundesliga gehören.“ (B. Hoffmann)

Warum sagt der große Vorsitzende hier „Mittelstand“ und nicht „Mittelmaß“? Vielleicht, weil der HSV nicht mal mehr Mittelmaß ist? Höchstens in der zweiten Liga? Hach, ich kann mich dunkel an das immer noch existierende und für viel Geld erstellte Leitbild des Vereins erinnern. „Unser sportliches Ziel ist die Etablierung unter den fünf besten Mannschaften in Deutschland und eine ständige Teilnahme an internationalen Wettbewerben.“ Muss man dieses Leitbild nicht eigentlich irgendwann mal umschreiben oder wie Uhr, Lotto und Dino auf die Müllhalde der Geschichte werfen?

Apropos umschreiben. Was bin ich froh, dass der lange Witz-Boldt nun in Schleimscheißer Jacobs vom Abendblatt seinen eigenen Hofnarren gefunden hat.

Wer den neuen Sportvorstand des HSV, Jonas Boldt (37), reden hört, der könnte meinen, er wäre am Hamburger Hafen aufgewachsen. Stoisch gelassen, hanseatisch zurückhaltend, und nun stellt er sich auch noch in den Hamburger Sturm. Boldt weiß, dass der Wind im Volkspark von vorne weht. Doch nach 16 Jahren in Leverkusen ist der Zwei-Meter-Mann reif für eine neue Aufgabe. Raus aus der zweiten Reihe bei Bayer, rein in das Rampenlicht beim HSV.

Boldt kommt alleine nach Hamburg. Verbunden ist er der Stadt bereits. Seine große Schwester lebt hier, sein kleiner Bruder hat hier gelebt und bei Kühne und Nagel, der Firma des HSV-Investors Klaus-Michael Kühne, gearbeitet.

(Quelle: Abendblatt.de)

Man möchte sich spontan übergeben.