So. Nun nehmen wir mal das Zittern aus dem Stimmchen und fassen zusammen, was wir wissen. 


Bakery Jatta kam als (angeblicher) Flüchtling im (angeblichen) Alter von 17 aus Gambia nach Deutschland. Er absolvierte ein Probetraining in Hamburg und der HSV versuchte auf medizinischem Weg seine Altersangaben zu prüfen, was nicht vollumfänglich gelang. Beteiligte Ärzte erklärten bereits damals, dass das Knochenwachstum abgeschlossen sein, was eher auf ein Alter von 21 Jahren, denn auf 18 Jahren schließen ließe. Der HSV aber wollte nicht zweifeln, sondern sah die einmalige Möglichkeit, ein kostenloses Talent verpflichten zu können. Hinzu kam die unbezahlbare Rührstory vom armen (angeblichen) Flüchtling, der vom ehrenhaften HSV mit offenen Armen aufgenommen wurde.


Bereits zu Zeiten der Altersprüfung gab es beim Verein massive Zweifel an den Altersangaben des Gambiers.


„Nicht nur ein Offizieller sagte uns damals, dass das Ergebnis deutlich sei und Jatta älter sei, als er angegeben habe. Er hatte damit gemacht, was viele vor ihm, mit ihm zusammen und auch nach ihm noch machen werden.“


Ab diesem Moment beginnt eine Mitschuld des Vereins und das ist unbestritten. Denn wenn das Ergebnis tatsächlich deutlich gewesen sein sollte, hätte sich der Verein an der Täuschung der deutschen Einwanderungsbehörden mitschuldig gemacht. Man hätte, im Bewusstsein, dass der Spieler eben nicht minderjährig war, auf eine Verpflichtung verzichten müssen und die Behörden auf den Betrugsversuch aufmerksam machen müssen. Hat man aber nicht. 


Kommen wir nun zur medialen Berichterstattung. Natürlich passiert das, was immer in solchen Fällen passiert – auf den Überbringer der (schlechten) Botschaft wird eingeprügelt, so wie der Überbringer der guten Botschaft gefeiert wird. Das darf man nicht mal übel nehmen, es liegt am unterentwickelten Horizont und dem verkümmerten IQ der Konsumenten. Tatsache ist aber nun mal, dass die SportBild auf eine Story gestoßen ist und als Journalist ist man doch wohl verpflichtet, dieser Story nach zu gehen. Oder möchte mir jetzt auch nur ein „HSV-Fan“ erklären, dass eine Zeitschrift respektive ein Journalist auf diese Geschichte verzichten sollte, weil es dem HSV schaden könnte? 


Ohne, dass ich nähere Hintergründe kenne, aber eine Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass die SportBild diese Geschichte bringt, es ist nichts Wahres daran und das Blatt muss in wenigen Wochen Abbitte leisten und sich für eine Falschmeldung entschuldigen? 
Wo stehen wir jetzt? Wir sollten dringend darauf verzichten, die Fakten zu verschleiern, weil uns Herr Jatta oder Daffeh irgendwie sympathisch ist, das spielt keine Rolle, es geht um die Tatsachen. Findet eine Überprüfung heraus, dass Bakery zu Zeiten seiner Einwanderung eben doch nicht minderjährig war, kann das Ganze eine Lawine von ungeahnten Ausmaßen auslösen. Denn in dem Fall hätte der junge Mann nicht nur nicht einreisen oder unter anderen Bedingungen einreisen dürfen, er wäre dann auch gar nicht die Person, die er angegeben hatte. Ergo gibt es den Lizenzspieler Bakery Jatta überhaupt nicht, es gab höchstens den deutlich älteren Einwanderungsbetrüger Bakery Daffeh und dieser hatte eben nie und zu keinem Zeitpunkt die Berechtigung, für den HSV zu spielen.

 
Würde bedeuten: Jedes Spiel, in dem Jatta/Daffeh mitgewirkt hat, wäre als ungültig zu bewerten, weil es den Spieler gar nicht gab oder er keine gültige Lizenz hatte. Jatta/Daffeh hat seit 2016 in insgesamt 84 Spielen (Regionalliga, DFB-Pokal, Bundesliga, 2. Liga) für den HSV gespielt und jedes dieser Spiele wäre mit 0:3 gegen den HSV zu werten, nimmt man die Statuten des DFB. Jetzt kann ein jeder einmal anfangen zu rechnen, was dies für Tabellen, Abstiege, Aufstiege, Verläufe im DFB-Pokal bedeuten würde. Zieht man dem HSV die Punkte ab und den jeweiligen Gegner die Punkte hinzu, wären wahrscheinlich ganz andere Mannschaften auf- und abgestiegen. Welche Verluste in Millionenhöhe würde dies für diverse Vereine bedeuten? Können diese Vereine einen HSV, der möglicherweise von dem Betrug Jattas wusste, regresspflichtig machen? 


All dies gilt es zu bedenken, bevor man mal locker irgendwelche populär-wissenschaftlichen Sprüche raushaut oder meint, das Ganze wäre doch nur ein Bagatelldelikt und der Mann hätte doch seine Steuern bezahlt. Und man sollte sich darüber im Klaren sein, dass sich die Behörden nicht leisten können, diesen Fall nebenbei und auf die leichte Schultern zu nehmen, denn es handelt sich um ein Verfahren, welches es in dieser Form in Deutschland noch nicht gegeben hat. 


Dem HSV könnte der „Fall Jatta/Daffeh“ das Genick endgültig brechen und der Erlöschen einer Arbeitserlaubnis für den Spieler ist dabei nur das kleinste Problem. Der Rucksack des Herrn Knäbel würde daneben wie ein verwaschener Turnbeutel aussehen.