Lieber Herr Boldt, lieber Herr Hecking und liebes #TeamJatta (die einzig in den Wunschvorstellungen einiger vorhandene HSV-Familie lasse ich mal außen vor) – es ist doch gar nicht so schwer zu verstehen, oder? Denn im Grunde wissen sie, die im Tages-Rhythmus irgendeine abschließende Entscheidung von DFL und besonders DFB fordern, dass dies gar nicht möglich und tatsächlich absolut schwachsinnig wäre. Aber genau wie die Herde an Gutmensch-Journalisten-Simulanten und Rassismus-Keuleschwingern geht es ihnen nicht um rückhaltlose Aufklärung, es geht darum, die Situation bestmöglich für sich selbst und die persönlichen Zwecke zu nutzen. Bakery Jatta, das „Objekt der Begierde“, spielt schon längst nur noch eine Nebenrolle und das ist das eigentlich tragische an der Geschichte.

Dann, mal ehrlich, ist eigentlich einer der Herren auch nur eine Sekunde auf die Idee gekommen, den überforderten Jungen zu schützen? Ihn aus der Schusslinie zu nehmen, abzuschotten und dafür zu sorgen, dass er sich nicht wie ein Spielball zwischen Selbstoptimierern und Kritikern fühlen muss? Nö, das hat bei euch allen nie eine Rolle gespielt. Für die Einen, und hier ist der Verein eingeschlossen, wird er als das neue Zugpferd der gerade erfundenen „HSV-Familie“ genutzt, die man in Zeiten der sportlichen Unterdurchschnittlichkeit gut verkaufen kann, Herr Boldt versucht verzweifelt, am Fall Jatta sein Profil zu schärfen, Herr Hecking möchte sich als der Trainer positionieren, der stets das letzte Wort hat. Die Rumpelnickis versuchen über den bedauernswerten Bakery eine Einheit zu demonstrieren, die es nicht gibt und die heuchlerischen Hofberichterstatter generieren täglich Hunderttausende von Klicks und Likes, weil sie gemerkt haben, auf welcher Seite man gerade besser aufgehoben ist.

Für den Menschen Bakery Jatta dagegen interessiert sich keine Sau.

 „Eine ganz schwierige Situation“, sagt Anton Nachreiner, Präsident des Landgerichts Deggendorf und Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses. Der DFB allein könne das Dilemma kaum auflösen: „Wir sind hier vom Staat abhängig.“ Ein DFB-Experte appelliert zur Klärung von Jattas Personalien an Ausländerbehörde und Justiz, die Staatsanwaltschaft müsste bei einem Anfangsverdacht ermitteln. Bei sportjuristischen Alleingängen läuft der DFB Gefahr, selbst verklagt zu werden. Wie könnten Sportverbände Strafen oder Sperren aussprechen, solange staatliche Stellen Jatta nichts vorzuwerfen haben? Der DFB hat sich an die Fifa gewandt, laut Weltverband war Bakery Jatta vor seinem Wechsel zum HSV beim gambischen Klub Brikama United gemeldet. (Quelle: Sz.de)

Das ist der normale, juristische Weg und der DFB muss ihn gehen, damit er nicht selbst irgendwann an der Wand steht. Das Schlimme ist jedoch: Jeder weiß das. Boldt weiß das, Hecking weiß das, die Presse weiß das, aber sie ignorieren es, versuchen das ganze Dilemma auf eine moralische Ebene zu verschieben und merken dabei nicht, dass sie es sind, die keine Moral zeigen. Stattdessen versucht ein Jeder, die Situation zu nutzen und, wie außerordentlich moralisch, die Bedürfnisse und Ängste eines Bakery Jattas zu vernachlässigen. Wenn dann nichts mehr hilft, kommt die Rassismus-Keule aus dem Sack, damit soll dann endgültig ein jeder zum Schweigen gebracht werden, der es wagt, den Fall neutral zu betrachten.

Aber wie üblich, funktioniert die primitive Methode bei vielen, weil viele sich halt maximal oberflächlich mit der Thematik auseinander setzen. Gut, dass man sich als Vereins-Verantwortlicher und Journalist auf diese Tatsache immer wieder verlassen kann.