Nun denken ja die Meisten, dass diese ganze Jatta-Geschichte endlich ausgestanden ist, oder? Der Verkauf von Trikots mit Jatta-Beflockung saniert den Verein auf einen Schlag, Dieter Hecking wird nicht müde, grimmig Entschuldigungen zu fordern und sogar U21-Trainer Kuntz ist sich nicht zu blöd, eine Einbürgerung eines Spielers, der die meiste Zeit über seine eigenen Beine stolpert oder mit dem Ball am Fuß ins Aus rennt, zu fordern. Und so habe ich mich gefragt, ob dieser so genannte Spießrutenlauf nicht eigentlich vielmehr eine Art Jatta-Hysterie war, denn von einem Martyrium für den Gambier habe ich nicht wirklich viel mitbekommen.

Um es gleich vorweg zu sagen (obwohl ich weiß, dass die üblichen Opfer dies erneut nicht verstehen wollen), ich fordere keinesfalls ein mediales oder behördliches Gemetzel, keine Strafe, wo keine angebracht ist und schon gar nicht fordere ich irgendeine (Vor)-Verurteilung aus rassistischen Gründen, was für ein Bullshit. Aber ich habe mich gefragt, wo denn jetzt eigentlich die „Leiden des jungen Bakery“ gewesen sein sollen. Denn bereits ganz am Anfang der Affäre schlugen sich ca. 98% aller Hofberichterstatter und Speichellecker moralisch angetrieben auf die Seite des Spielers, obwohl sie noch gar nicht wussten (und wissen), wie die Geschichte am Ende ausgehen würde/wird. Vielleicht habe ich ja nicht gut genug aufgepasst, aber von einer Welle des ekelerregenden Rassismus habe ich nichts mitbekommen und wenn die verstrahlten Kasper von der AfD irgendwas retweeten, dann ist das vielleicht ärgerlich, aber ernst zu nehmen sind die aus meiner Sicht eh nicht mehr.

Also, wo ist jetzt die gemeine Hölle für jemanden gewesen, der nichts zu verbergen hat. Natürlich mag es nicht angenehm sein, wenn staatliche Stellen gegen einen ermitteln, aber wenn ich ein reines Gewissen habe, kann ich die Ermittlungsergebnisse doch mit einem müden Lächeln abwarten. Und der Umstand, dass der Spieler während eines Auswärtsspiels ausgepfiffen wurde, weil er den Versuch einer Schwalbe unternahm, ist aus meiner Sicht keiner Rede wert, wurde aber bundesweit so verkauft, als hätte man den armen Bakery nach dem Spiel mit brennenden Fackel durch Karlsruhe gejagt.Tatsächlich aber ist das Gegenteil der Fall, der Gambier wurde in den letzten Wochen zum nationalen Heiligtum, während der HSV selbst und einige Schleimer immer noch versuchten, ihn zum von allen Seiten verfolgten Opfer zu bauen, natürlich alles ohne Hintergedanken.

Eines zum Schluss: Noch immer warte ich auf den Schrei nach Vergeltung. Wie viele Jahre musste man sehen, wie die sogenannten Fans auf diejenigen Medien pöbelten, die ihrer Meinung nach „Unruhe in den Verein brachten“. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit werden Online-Petitionen ins Leben gerufen und es wird gefordert, was das Zeug hält. Jetzt wo Sportbild und „BLÖD“ scheinbar endlich einen Grund geliefert haben, sich zu rächen, wo bleibt da die Forderung? Wo bleibt die Reaktion des Vereins? Warum wehrt sich das arme Opfer nicht juristisch und fordert eine öffentliche Gegendarstellung? Warum wird nicht über Konsequenzen für die jeweilige Blätter seitens des Vereins gesprochen? Wollen die jetzt, nach diesem Skandal und diesen Schmerzen für Herrn Jatta einfach zur Tagesordnung übergehen?

Die ganze Geschichte, der Umgang damit und die nicht erfolgten, aber eigentlich notwendigen Reaktionen sind wie alles andere an diesem Verein lächerlich und durchschaubar, jedenfalls dann, wenn man kein Rumpeltrottel mit Vereinsbrille ist.