Wie heißt es doch so schön im Vokabular von Trickser-Bernd? „Wir wollen den HSV zu einem ganz normalen Verein machen“. Schön. Natürlich könnte man zuerst einmal die Frage stellen, was denn seiner Meinung nach ein „ganz normaler Verein“ sein soll, aber das würde wohl jeder anders bewerten. Ich schätze, Hoffmann meinte, man wolle den HSV aus den Negativ-Schlagzeilen raushalten, so etwas wie Ruhe verordnen, sich vollumfänglich auf den Sport konzentrieren. Hat man dies, mit tatkräftiger Unterstützung der hiesigen Hofberichterstatter geschafft? Irgendwie schon. Aber was hat es gebracht? Vergleichen wir doch mal.

In der letzten Saison hatte man bis zum 10. Spieltag noch den Revolutions-Trainer Christian „Big“ Titz, der mit seinem eigentümlichen System eigentlich mehr für Verwirrung als für Stabilität sorgte und folglich nach dem 0:0 gegen Bochum gehen musste.

In dieser Saison hat man mit Dieter Hecking den wohl renommiertesten Trainer der Liga, erfahren ohne Ende.

In der letzten Saison hatte man mit Ralf Becker noch die Billiglösung aus Kiel auf dem Platz des Sportchefs.

In dieser Saison hat man mit Jonas Boldt eine Erstliga-Lösung aus dem höchsten Regal.

In der letzten Saison hatte man mit Spielern wie Lasogga, Holtby, Pollersbeck, Lacroix, Sakai, Mangala noch reichlich erstliga-erfahrene Spieler in den Reihen, die aber irgendwie, zumindest in Teilen, nie in der zweiten Liga ankommen wollten.

In dieser Spielzeit hat man einen deutlich breiteren Zweitliga-Kader mit Spielern, für die ein Aufstieg etwas Besonderes wäre.

In der letzten Saison hatte man durch die Aufstiegs-Euphorie am Anfang, die Entlassung Titz‘ und einige andere Vorkomnisse (Kühne-Interview etc.) noch reichlich Unruhe in und um den Verein.

In dieser Saison ist nicht nur der Verein, sondern auch das Umfeld, die Medien etc. zu 100% sediert.

In der letzten Saison hatte man nach dem 13. Spieltag 27 Punkte.

In dieser Saison hat man nach dem 13. Spieltag 26 Punkte.

Was also hat dieser Turn-around zu einem „ganz normalen Verein“ denn nun gebracht, lässt man außer Acht, dass der Zuschauer-Zuspruch rapide abnimmt? Ach ja, in der letzten Saison kam man im DFB-Pokal noch ins Halbfinale, in diesem Jahr war in Runde 2 Feierabend. Fakt ist: Der HSV ist von einer internationalen Marke zu einem Regional-Klub ohne eigenen USP geworden, bundesweit noch so interessant wie ein St. Pauli 2.0. Man braucht inzwischen tatsächlich einen Skandal wie die Geschichte um Herrn Jatta/Daffeh, um überhaupt noch sowas wie Aufmerksamkeit zu generieren, apropos Jatta. Selbst die durch die Affäre um den Gambier aufkeimende bundesweite Solidarität konnte der Verein weniger in Punkte und Leistung ummünzen als noch in der letzten Saison. Was also wurde gewonnen?

Ich denke, man hat nichts gewonnen, im Gegenteil. Man hat einen ohnehin schon existierenden Aspekt deutlich verstärkt, nämlich die in Hamburg bereits seit Längerem nicht vorhandene Leistungsbereitschaft. Es gibt keinen Druck von außen, es gibt kaum Forderungen nach Ergebnissen und regt sich dann doch mal eine Frage, meint Hecking diese in fragwürdiger Art und Weise abbügeln zu müssen, anstatt darauf einzugehen.

Fazit: Man hat die Wohlfühloase Hamburg vergrößert, die Kritiker mundtot gemacht, die Medien ins Boot geholt und die Fans betäubt. Und in dieser Atmophäre soll nun Höchtleistung produziert werden? Im Leben nicht. Und eines sollte allen ein für allemal klar sein – in dieser Saison gibt es endgültig keine Ausreden mehr. Kein junger Trainer, kein unerfahrener Manager, kein zu dünner Kader, keine kritische Presse, keine Unruhe von außen, kein nögelnder Investor. Wenn es diese Saison nicht klappt, hat Hoffmann versagt!