Mit der Tradition in Hamburg ist das so eine Sache. Viele Jahre lang wurde immer wieder die ruhmreiche Vergangenheit des Hamburger SV in die Waagschale geworfen, wenn es darum ging, die vermeintliche Größe des Ex-Dinos zu erklären. Der Traditionsverein hieß es dann immer. Der Dino. Das Urgestein. Man gehört quasi aufgrund der angeblich so glorreichen vergangenen Tage ins Oberhaus des deutschen Fußballs und nicht etwa, weil man in der Hansestadt überproportional gute Arbeit leistet. Und so wie nicht der gute und erfolgreiche Fußball, sondern die Mißwirtschaft in Hamburg Tradition hat, so hat auch ein anderes, über viele Jahre gelerntes und doch so falsches Phänomen in Hamburg Tradition – die Medienschelte. 

Immer dann, wenn ein Verantwortungsträger merkt, dass es eng für ihn, seine Ambitionen und seine Zukunft werden könnte, holt er das beliebte Totschlag-Argument aus dem verlorenen Rucksack, die pauschale Abrechnung mit den meckernden Medien, die kreischenden Kritikern und den fiesen Forderern. Sie sind es, die Dinge verlangen, die absolut unmöglich sind. Denn wie kann es bitte sein, dass man als Anhänger des Vereins nachfragt, warum man möglicherweise wiederum den Aufstieg verpassen kann, obwohl man erneut mit einem Monster-Etat versucht hat, den Erfolg nicht zu erarbeiten, sondern zu erkaufen? Unerhört sowas. Und überhaupt, diese hinterhältige Erwartungshaltung an die armen Trainer und die noch ärmeren Profi-Millionäre. Erwarten doch tatsächlich einige Ahnungslose, vorzugsweise „Bewohner“ der sozialen Medien, dass ein Verein einen anderen schlägt, nur weil er das Vierfache seines Kontrahenten ausgibt. Pro Jahr. Seit Jahren. 

Nun hat dann mal wieder der dünnhäutige Herr Hecking zu diesem allseits beliebten Trick gegriffen und er kann sicher sein, bei einem Teil, dem komplett verblödeten Teil der Anhänger, einen Treffer gelandet zu haben. 

Hecking: „Meldungen über den HSV werden verbreitet, als würde der nächste Weltkrieg ausbrechen. Wenn man 30 Kilometer weg ist von Hamburg ist alles super. Die sagen alle, Klasse, HSV, tolles Bild, das ihr abgebt. Innerhalb des Zirkels von 30 Kilometern wird alles skeptisch und übertrieben dargestellt. 

Ehrlich jetzt, Dieter? Willst du das wirklich erzählen? Dass innerhalb Hamburgs Stadtgrenzen die großen Skeptiker unterwegs und ab Bad Segeberg aufwärts alle restlos von eurem Rumpelfußball begeistert sind? Echt jetzt? 

Hecking weiter: „Wir sind der kleine HSV in der Zweiten Liga. Punkt aus. Merkt es endlich!“

Dieter, damit könnte man argumentieren, wenn man 30 und nicht 300 feste Mitarbeiter hätte. Wenn man nicht € 35 Mio. pro Jahr an Spieler und Trainer abdrückt, sondern € 18 Mio. Wenn man keinen Monster-Beritt mit Vorstand Sport, Sport Direktor, Chefscout, Kaderplaner und 42 Analysten hätte. Dann wäre man der kleine HSV und hätte die eine oder andere Ausrede, aber so nicht. 

Weiter im Text. Hecking: „Es wird immer suggeriert, als wäre beim HSV immer etwas mehr Druck auf dem Kessel. Und dem ist nicht so. Wenn ich mit meinem Sohn über Bielefeld spreche, sagte er dasselbe über Bielefeld. Aber da wird es nicht täglich thematisiert.“

Aber worüber beschwerst du dich dann, Mann???? Was laberst du bloß für einen Käse? Wenn woanders der Druck genauso groß ist, was heult ihr denn hier ständig rum? 

Daraufhin spricht Bernd Hoffmann im Interview bei Britta Kehrhahn (NDR 90,3) davon, dass „das Umfeld“ in Hamburg ein wenig sensibler reagiert als woanders. Vielleicht kann mir das mal jemand erklären, wer oder was ist eigentlich „das Umfeld“? Sind es die hofberichterstattenden Medien, die jeden Transfer als neuen HSV-Star und jeden U26-Spieler als HSV-Juwel betiteln? Sind es die Fans im Stadion, die nach einem dämlichst verpassten Wiederaufstieg am letzten Spieltag beim Spiel gegen Duisburg die Mannschaft nicht niederpfeifen, sondern feiern? Ist das dieses sensible „Umfeld“? Oder vielleicht doch die gemeinem sozialen Medien, von denen wirklich jeder HSV-Verantwortliche behauptet, das alles würde ihn eh nicht kratzen und lesen würde er es erst Recht nicht? 

Die Wahrheit ist: Es gibt dieses „Umfeld“ überhaupt nicht, es ist eine seit Jahren traditionell verfolgte und gern zitierte Legende, die immer wieder herhalten muss, wenn es enger wird. Dann zieht irgendein Non-Performer im Volkspark die Karte“ kritisches Umfeld“ und meint, damit aus dem Schneider zu sein. Am Arsch, ihr Loser. 

Sicher ist nur eines: Die Dümmsten der Dummen werden den Hecking-Blödsinn wieder mal beklaschen. Aber die haben auch geklatscht, als die Blindfische den Aufstieg verkackt haben. Würde man erst ab einem IQ von 23 ins Stadion kommen, wären am Donnerstag maximal 12.473 Zuschauer im Stadion. 

Wer Bock hat, sich das PR-Gelaber vom Trickser nochmal anzuhören – bitte.

https://www.ndr.de/903/Interview-mit-HSV-Chef-Bernd-Hoffmann,audio626976.html