Sprachlosigkeit

Liebe Leser, heute lasse ich euch mal allein. Euch und eure Gedanken, eure Ideale, eure Vorstellungen. Heute geht es nicht um den HSV im Speziellen, aber lest selbst. Ich zitiere aus einem Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und mir fiel gestern der Unterkiefer runter, als ich ihn las. Nicht, dass es mich wirklich gewundert hätte, sondern vielmehr, wie flächendeckend das Problem mittlerweile ist. 

Kürzlich klingelte das Telefon. Ein Student hatte ein paar Fragen für seine Bachelor-Arbeit im Fach Journalismus. Ihn interessierte, wie Journalisten arbeiten, und die Rolle der Medien in der Demokratie. Dazu lässt sich einiges sagen. Das Gespräch nahm also Fahrt auf. Und hatte einen eigenartigen Verlauf.

Der freundliche Interviewer wollte wissen, ob es denn richtig sei, dass wir für gewisse Artikel im Internet Geld verlangen. Er sei auf unserer Website gewesen und habe nicht alles lesen können. Was denn daran falsch sei, bekam er daraufhin als Gegenfrage. Journalistische Arbeit habe ihren Preis, genau wie ein Brötchen beim Bäcker oder Nudeln im Supermarkt. Der Student verstand das nicht. Es schien, als sei ihm eine staatliche Finanzierung lieber, wenn die Menschen dafür alle Inhalte kostenlos bekämen. Journalistische Unabhängigkeit und ein kritischer Blick auf die staatlichen Akteure? War ihm offenbar nicht so wichtig.

Als nächstes wollte der Student wissen, ob das Thema Nachhaltigkeit nicht im Pressekodex verankert werden sollte. Ob Journalisten also ermahnt oder verpflichtet werden sollten, häufig und vor allem positiv über Klimaschutz und vergleichbare Themen zu berichten. Bedenken, dass eine solche Vorgabe mit der Pressefreiheit kollidieren würde, hatte der Fragesteller wohl nicht.

Dem Studenten, der am Ende sagte, er sei auch freier Mitarbeiter für den „WDR“, schien aber vor allem eins wichtig zu sein: dass über das in seinen Augen Richtige ausreichend und positiv berichtet wird. Der Journalist als Volkserzieher also.

(Quelle: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/haltungsjournalismus-gut-gemeint-16667323.html)

Nun, was lehrt uns das und vor allem, warum wundern wir uns noch über von unten aufgebaute, systematische und unkritische Hofberichtersattung? Die “Jung-Journalisten”, die Meinungsmacher von morgen, sie sehen ihren Beruf offenbar bereits vor der Unterzeichnung ihres ersten Arbeitsvertrages mehr als die gezielte Verbreitung von “positiven” Nachrichten und weniger in der Abbildung der Wahrheit. 

Herzlich Willkommen in Nord-Korea. Oder bei der Morgenpost. 

Übrigens. NEIN!!! Der HSV hatte keine “Ergebniskrise”, der HSV hat nach wie vor eine echte Krise. Eine sportliche, eine entwicklungstechnische, eine strategische, eine finanzielle und eine interne Krise. Eine Ergebniskrise hat man, wenn man gut spielt und unglücklich verliert. Aber der HSV hat weder gut gespielt, noch hat er gegen Hannover, gegen St. Pauli und nicht gegen Aue unglücklich verloren bzw. nicht gewonnen. Der gestern vielfach bemühte Begriff “Ergebniskrise” verharmlost wieder einmal die tatsächlichen Umstände und jegliche Formen der Realität. Was am Ende wieder dazu führen wird, dass man scheitert. Warum? Weil die üblichen Opfer bereits jetzt wieder mit Sprüchen wie “Ein Sieg. Völlig egal, wie er zustande gekommen ist” arbeiten. Und genau das ist der Anfang vom Ende.

 

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Von | 2020-03-10T07:48:33+01:00 8. März 2020|Allgemein|3 Kommentare

3 Comments

  1. Mosche 8. März 2020 um 10:00 Uhr

    Witzig trotzdem, dass auch die FAZ sich in der Corona Debatte eher der angstverbreitenden Panikmache anschließt und ich für Informationsmaterial eher die Schweizer Medien bevorzugen muss.
    Mir gefallen weder die Fragen des Studenten, noch die Antworten des FAZ Journalisten.
    Mich hätte sehr interessiert, woher der Student seine Erfahrungen und Fragen hernimmt.
    Medien werden sich, denke ich, durch KI auch verändern …

  2. Geier 8. März 2020 um 10:32 Uhr

    Sehr geil!
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    Bei mir wurde auf der Amazonseite als weitere Kaufempfehlung folgender Buchtitel angezeigt:
    Lilo Hoffmann – Wenn das Chaos perfekt ist.
    Amazons künstliche Intelligenz scheint um einiges höher zu sein als die der hiesigen Berichtserstattung!

  3. Nichtkunde 8. März 2020 um 12:24 Uhr

    Zusammengefasst: Journalisten (ob formal qualifiziert oder angelernt), die ihre wahre Berufung als Influencer sehen. Gerade in der deutschsprachigen Sportberichterstattung leider längst die Norm.

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