Der Fußball hat ein Problem. Und dieses Problem geht weit über Corona hinaus bzw. fängt weit vor Corona an. Denn der Fußball, also der bezahlte Fußball hat an Bedeutung verloren und Corona macht nun überdeutlich, wie unwichtig dieses Milliardengeschäft im Grunde ist. Ich meine damit gar nicht einmal mich selbst, denn was professionellen Fußball betrifft, bin ich eh nicht repräsentativ. Obwohl ich ein SKY-Abo besitzt, gucke ich kaum ein Spiel in voller Länge live. Am Samstag Bundesliga bestenfalls  als Konferenz, das Gleiche gilt für die Champions League. Zweite Liga schaue ich so gut wie gar nicht, da sind mir meine Augen zu schade. Ab und zu gucke ich mal Premier League, wenn vielleicht Liverpool gegen ManU spielt, aber auch dann nicht komplett von der ersten bis zur letzten Minute. Es ist einfach so, dass mich die meisten Spiele langweilen und dann kann ich lieber etwas anderes machen.

Obwohl ich gern zugebe, dass ich nicht repräsentativ bin, ist dies ein Konsumverhalten, von dem ich immer öfter höre, viele ehemalige Intensiv-Konsumenten wenden sich ab und dies hat vielfältige Gründe. Bei den einen ist einfach nur die Luft raus, andere sind von einem jahrelangen Abstiegskampf des HSV zermürbt. Wieder andere sehen einfach keine positive Entwicklung und haben schlicht und ergreifend die Hoffnung auf bessere Zeiten aufgegeben. Wieder andere sind angewidert vom Treiben der Verantwortlichen, dem kriminellen Tagesgeschäft oder den kranken Geldsummen, mit denen vor Corona hantiert wurde. Mein Gefühl sagt mir, dass man, je leidenschaftlicher und intensiver man sich in der Vergangenheit auch mit den Hintergründen des Geschäfts befasst hat, mehr und mehr angewidert ist. Und für die Meisten führt kein Weg zurück. 

Jetzt aber kommt auch noch die Corona-Krise hinzu und sie wird meiner Meinung nach dazu führen, dass sich nicht nur das Geschäft Profifußball verändert wird, auch das Konsumverhalten wird sich nochmal ändern. Denn in diesen Wochen, in denen eigentlich der Höhepunkt der Saison anstehen sollte, hat man sich an Fußball-freie Wochenenden gewöhnt. Ich höre kaum jemanden, der beklagt, dass es ihm ohne seine gewohnte Dosis Bundesliga schlecht geht, der Mensch gewöhnt sich an eine Welt ohne Dortmund gegen Leverkusen und Bielefeld gegen Sandhausen. Dies werden zuerst einmal die übertragenden Sender zu spüren bekommen, als nächstes werden die Sponsoren überdenken, ob sie in einer Zeit nach Corona noch auf  das scheinbar überflüssige Produkt Fußball setzen werden. Nimmt dieses Verhalten seinen Lauf, wird es für die allermeisten Vereine ganz schnell dunkel. 

Bekannt ist, dass der Medienpartner des HSV, der erste ist, der aus dem Rennen aussteigt. Dabei ist nicht das Wie entscheidend, sondern das Warum.

Hintergrund ist, dass der NDR die Kosten senken muss und sich infolgedessen komplett aus dem Sport zurückzieht. Auch die auslaufenden Medienverträge mit HSV-Ligarivale Hannover 96 und Handball-Spitzenclub THW Kiel werden nicht verlängert. „Der Norddeutsche Rundfunk steht vor großen finanziellen Herausforderungen und muss sparen“, sagt der Geschäftsführer von NDR Media Carsten Neitzel. (Quelle: Abendblatt.de)

Wie gesagt, der NDR beginnt, weitere werden folgen. Airlines wie Emirates haben seit Wochen so gut wie keine Flugzeuge in der Luft, die Verluste belaufen sich bereits jetzt auf Milliarden. Wenn man nach Corona seine Medien-Strategie überdenken muss, sind es Investments wie der HSV, die als erstes hinten runterfallen und was für den HSV gilt, wird für alle anderen Verein genauso gelten. Bedeutet: Das ganze System kollabiert. Zuerst hat man es geschafft, mit einer Komplettübersättigung die Fans zu überfordern, dann hat man mit beschissenen Leistungen seine Anhänger verprellt. Nun kommt Corona und zeigt, dass es auch ein Leben ohne professionelle Fußball in der bekannten Form geben kann und als nächstes müssen die bekannten Sponsoren sparen. 

Natürlich werden viele Vereins-Verantwortliche behaupten, dass all dies überhaupt nicht der Fall ist und man in gewohnter Art und Weise weitermachen wird, sobald das Corona-Problem gelöst ist. Aber was sollen sie auch anderes sagen? Sollen sie den Anhänger und Spielern jetzt schon erklären, dass ihre Welt in wenigen Monaten aufgehört hat zu existieren? 

Der Fußball, wie wir ihn kennen, ist Geschichte.