Wie gehts weiter, wenn’s irgendwann weitergeht?

Würde mir jemand diese Frage stelle, ich würde antworten: „Gute Frage“. Weil sie tatsächlich niemand beantworten kann. Dabei kann ich das verzweifelte Bemühen der sogenannten Berufs-Journalisten durchaus nachvollziehen, wenn sie ihren Lesern irgendeine Zukunftsvision vorgaukeln wollen. Was sollen sie auch machen? Aktualität existiert nicht, die Seiten der Zeitungen und Zeitschriften sind leer und müssen notfalls auch mit Mumpitz gefüllt werden. Denn: Wer nicht füllt, zeigt, dass er überflüssig ist. Was aber am Ende von Corona alles überflüssig sein wird, und wer, das weiß heute noch niemand und jeder Versuch einer Prognose ist weniger als Glaskugelleserei.

Wie aber muss man sich die Arbeit der Sportchefs, Sportvorstände, Kaderplaner, Manager oder wie immer man diese Leute auch nennen möchte, zur Zeit eigentlich vorstellen. Kann dort eigentlich im Moment überhaupt jemand ernsthaft arbeiten oder ist das alles nichts anderes als Beschäftigungstherapie? Wie z.B. sollen Boldt und Mutzel zu Zeit eigentlich agieren, wo sie nicht einmal wissen, in welcher Liga man in der nächsten Saison spielen wird, wenn es überhaupt eine reguläre Saison zum spielen geben sollte? Wie soll eine Vertragsgestaltung aussehen? Wann soll ein Vertrag beginnen, wann soll er enden und wie will man sich als Verein für den Fall absichern, dass es eben nicht einfach so weitergeht? Wie will man sich Etat-technisch aufstellen, wenn man nicht mal ansatzweise weiß, welche Gelder in welcher Größenordnung man zu welchem Zeitpunkt haben wird? Wie will man verhandeln, wenn nicht abzusehen ist, wann es einem wieder gestattet wird, Publikum ins Stadion zu lassen. 

So lustig wie es sich auch anhören mag, aber Geisterspiele allein werden die Vereine nicht retten. Wie werden Sponsoren, die selbst massive Einbußen zu verkraften haben (Emirates etc.) reagieren? Mit langfristigen Vertragsverlängerungen wird wohl niemand mehr rechnen wollen. Dauerkarten? Business-Seats? Logen? Alles vorbei und niemand weiß, wann es wie weitergeht. Vor diesem Hintergrund ist eine seriöse Planungen für niemanden möglich, noch nicht einmal für den vorlauten Herrn Boldt. Aber  – man ist ja nicht untätig. Immerhin hat man mit Herrn Vagnoman, immerhin schon 17 Ligaspiele mit durchschnittlich 51 Minuten Einsatzzeit auf dem Buckel langfristig verlängert oder hat das zumindest vor. € 350.000 soll der 19-Jährige in der zweiten Liga erhalten, das Doppelte im Falle des Aufstiegs. Vielleicht hört sich das für einige nicht umwerfend an, aber dieses Geld muss der KSV erstmal holen. Und betrachtet man die Gehälter von medizinischen Kräften oder Supermarkt-Mitarbeitern, so ist dieses Gehalt für einen 19-Jährigen Berufsanfänger unverschämt. Und dahin muss man kommen, es wird gar nicht anders gehen. Es muss ins Bewusstsein der Fans und der Spieler, dass die fetten Jahre vorbei sind. Ein Verein wie Bayern, die gerade mit Thomas Müller verlängert und das Gehalt auf € 15 Mio.!!! angehoben haben, scheint noch nicht viel verstanden zu haben. 

Bernd Hoffmann soll darauf gedrängt haben, seinen Vertrag schnellstmöglich aufzulösen und glaubt man den Berichten, so soll er sich mit einer Abfindung von € 500.000 zufriedengegeben haben, obwohl er wahrscheinlich mehr hätte rausholen können. Warum hat er nicht? Garantiert nicht, um dem KSV einen Gefallen zu tun. Denkt mal drüber nach. Jeder, der denkt, es wird ab Mai oder August einfach nur so weitergehen wie bisher, wird sein kornblumblaues Wunder erleben. Nichts wird so sein wie bisher, schon gar nicht der Profi-Fußball. Und das ist verdammt gut so. Denn eigentlich sorgt Corona nur dafür, dass die Blase früher als befürchtet platzt. Ein krankes, aufgeblasenes System, kreiert von Profiteuren und Selbstopimierern, kollabiert. Endlich. Zeiten, in denen 4 von 10 Amerikanern, immerhin Bürger des angeblich reichsten Landes der Welt, von einer unvorhergesehenen Ausgabe von $ 400 aus der Bahn geworfen werden, während 18-Jährige Kicker ein Vielfaches der deutschen Bundeskanzlerin bekommen, müssen vorbei sein. Das hat nichts mit Neid, sondern mit Vernunft zu tun. 

Vielleicht, hoffentlich, führt der Kollaps auch dazu, dass all diese Abgreifer und Abzocker vom Durchschnitts-Fan nicht mehr als Halbgötter betrachtet werden. Wenn ein Großteil der Journalisten-Darsteller auf dem Arbeitsamt Nummern zieht, sind ihre lächerlichen Autogrammkarten nicht mehr viel wert. Und vielleicht geht es nach Corona beim Fußball wieder um Fußball und nicht darum, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Kohle abzustauben und sich gegenseitig auf die Schultern zu klopfen. Hoffentlich!