Wenn aus Helden Hassfiguren werden…

Erstaunliche Entwicklung, oder? Noch im Januar wurden Superstars mit sechsstelligen Wochengehältern als Halbgötter gesehen, es war vollkommen egal, was Spieler wie Özil, Müller, Neuer oder Wood “verdienten”. Das Geld war da, die Sponsoren drückten ab, die Sender überboten sich gegenseitig im Wahn, bezahlten Fußball ans Volk bringen zu wollen. Mit anderen Worten: Die angebliche Gelddruckmaschine Profifußball lief wie geölt, unbedeutende Berater konnten mit nur wenigen Telefonaten bis ans Lebensende ausgesorgt haben. Und niemand hat sich dran gestoßen, das Kapital “war ja irgendwie vorhanden”. Auch kam nie auch nur der geringste Zweifel an den Motiven oder der Ehrenhaftigkeit von Herren wie Watzke, Rummenigge, Seifert und Co. auf, die machten doch eigentlich nur ihren Job im besten Sinne ihrer Arbeitgeber. 

Nur wenigen Wochen und ein unsichtbares Virus später und das Kartenhaus bricht in sich zusammen. Denn nun sind es genau die Herren, die bis Januar noch in ihrem Kultstatus schlummerten, die plötzlich im Fadenkreuz derer stehen, die ihnen vor kurzem noch die Autogrammkarten aus den Fingern gerissen haben. War man noch erklärter Feind des Fußballs, wahlweise Hater oder Pester, wenn man so etwas wie Kritik am kranken System Fußball und an Mondgehältern für Folterfußball geäußert hatte, ist man plötzlich jemand, der seiner Zeit voraus war. Dabei hat sich inhaltlich im Grunde gar nichts geändert, nur hat es Corona geschafft, dem bestechlichen und korrupten Phantom der Kicker-Oper die Maske von der Fratze zu reißen. Denn plötzlich sehen nicht nur wenige, sondern es sehen viele, was eigentlich hinter der vordergründig heilen Fassade der Fußball-Familie steckt. 

Und plötzlich werden aus Heiligen Sünder, aus Götzenfiguren werden Abzocker. Viele Intensiv-Fans konnten sich nicht im Entferntesten vorstellen, dass sie es sind, die im Grunde überflüssig sind. Hatte sie sich gestern noch als einer der Stützpfeiler des Systems Profifußball empfunden, mussten sie nun zur Kenntnis nehmen, dass sie überflüssig sind. Geisterspiele um jeden Preis, um bloß das Kartenhaus zu stützen. Fans? Wozu? So lange die Sender und die Sponsoren abdrücken, gehts auch wunderbar ohne. Die Rache der Enttäuschten ließ nicht lange auf sich warten, denn wie von Zauberhand kann man einen kollektiven Aufschrei durch die Fußballwelt vernehmen und dieser Aufschrei fordert radikale Veränderungen, spätestens nach Corona. Komisch, irgendwie habe ich Forderungen in dieser Vehemenz bis zum Januar 2020 nie erkennen können. 

Nun aber sind sie da und es fällt den Verantwortlichen von Tag zu Tag schwerer, sie unter Kontrolle zu bringen. Plötzlich geben sich Spitzenmanager wie Rummenigge und Co. demütig, auch ihrer Meinung nach müsse sich dringend etwas ändern. Glaubt denn tatsächlich jemand, dass sich a. tatsächlich etwas ändert, sollte man noch im Mai mit Geisterspielen fortfahren und b., dass diese Herren ohne Corona auf diese Weltidee gekommen wären. Mumpitz. Sie reagieren nun, allerdings zu spät, auf den Wind, der ihnen ins Gesicht bläst. Retten, was noch zu retten ist. Dabei sind die Helden von gestern längst zu Feinden der Gesellschaft mutiert. Eine Großzügigkeit, bei der ein Kicker mit einem Jahreseinkommen von € 4 Mio. auf 10% seiner Einkünfte verzichtet, während große Teile seiner Kollegen von der Geschäftsstelle in Kurzarbeit stecken und um den Job bangen, ist nicht mehr vermittelbar. 

Das Volk, gestern noch mit Schals behängt und beflockte Trikots kaufend, fordert eine Revolution. Schluss mit Gehältern fern jeglicher Perversionsgrenzen, Schluss mit Eintrittsgeldern, für die man tagelang arbeiten muss. Der Profifußball ist dabei, seine Kinder zu verlieren und nur schöne Worte allein werden sie nicht mehr bei der Stange halten. In Frankreich feiert derweil ein durch und durch Scheich-finanziertes Kunstkonstrukt eine Meisterschaft nach dem Abbruch der Saison. Sie feiern! Tatsächlich. Mehr muss man über den Zustand des Fußballs im Jahr 2020 nicht wissen. 

Aktuell

Drei Coronafälle beim 1. FC Köln

Corona-Alarm beim 1. FC Köln: Wenige Wochen vor dem erhofften Re-Start der Bundesliga sind bei den Rheinländern drei Personen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das teilte der Club mit, ohne Angaben über die Personen zu machen. Unter den Infizierten sollen sich zwei Spieler und ein Betreuer befinden. Alle drei an Covid-19 Erkrankten befinden sich nun vorschriftsmäßig in 14-tägiger Quarantäne. Der Trainingsbetrieb in Gruppen könne laut Vereinsangaben weiterlaufen. Am Donnerstag hatte die DFL mit den Coronatests bei den 36 Erst- und Zweitligisten begonnen.

Und jetzt? Natürlich wird binnen Sekundenfrist mitgeteilt, dass “der Trainingsbetrieb in Gruppen laut Vereinsangaben weiterlaufen könne”, aber was passiert, wenn exakt dies passiert, hat man die Saison wieder angepfiffen? Ab wie vielen ausgefallenen Spielern pro Team gilt das Prinzip der Wettbewerbsverzerrung? Hätten diese zwei Spieler nun infiziert gegen Mainz gespielt und andere Spieler angesteckt, wer macht dann wen regresspflichtig? Das Kartenhaus ist in sich zusammengebrochen, bevor eine politische Entscheidung getroffen wurde. Period.

P.S. 

Der Fußball müsse Lehren aus der Coronakrise ziehen, fordert Karl-Heinz Rummenigge. Der Bayern-Boss setzt sich für eine einheitliche Lösung in Europa ein. Karl-Heinz Rummenigge sieht nicht nur den deutschen Profi-Fußball nach dem Ende der Coronavirus-Krise in der Pflicht.

Genau. Und vor wenigen Tagen, mitten in der Corona-Krise, noch den Vertrag mit Thomas Müller (€ 15 Mio. pro Jahr) verlängern und mit Manuel Neuer (€ 20 Mio pro Jahr gefordert) verhandeln. Diese Heuchelei ist absolut unerträglich und so wenig glaubwürdig wie irgendwas. 

Von | 2020-05-02T21:26:06+02:00 2. Mai 2020|Allgemein|11 Kommentare

11 Comments

  1. Vollo 2. Mai 2020 um 08:31 Uhr

    Hoffmann kann sich glücklich schätzen, noch mit dicker Abfindung, aus der Nummer rausgekommen zu sein? Die Herren Funktionäre haben in den letzten Wochen das letzte bisschen Glaubwürdigkeit verspielt. Und Fatzke hat nunmehr Recht! Der Profifußball wird nach Corona nicht mehr der selbe sein. Wollen wir es hoffen!!!

  2. atari 2. Mai 2020 um 09:07 Uhr

    Es wird sich etwas ändern. Nur nicht das was mittlerweile fast jeder Fan oder sogar Ultra fordert. Es wird eine Taskforce geben und die wird etwas ändern. Die Frage ist nur, was genau. An den Vertragsverhandlungen und Verlängerungen in München sieht man schon jetzt, was sich nicht ändern wird. Ich bin gespannt.

  3. UliStein 2. Mai 2020 um 09:12 Uhr

    Mich wundert übrigens, dass sich kaum einer an der unfassbaren Aussage von Heribert B. stört, Profivereine könnten keine Rücklagen bilden, da bei ihnen ein so harter Konkurrenzkampf herrsche. Genau, deshalb werden jährlich Millionen an Berater gezahlt. Und sobald das erste kühle Lüftchen aufkommt droht die Insolvenz.

    • Ex-HSVer im Herzen 2. Mai 2020 um 18:20 Uhr

      Häh?? Was für eine schwachsinnige Aussage! und in der normalen Wirtschaft es alles Friede Freude Eierkuchen oder was???! ?

  4. Gravesen 2. Mai 2020 um 09:25 Uhr

    Stalking [ˈstɔːkɪŋ] beschreibt das willentliche und wiederholte (beharrliche) Verfolgen oder Belästigen einer Person, deren physische oder psychische Unversehrtheit dadurch unmittelbar, mittelbar oder langfristig bedroht und geschädigt werden kann. Stalking wird im deutschen Strafgesetzbuch als Straftatbestand der Nachstellung geahndet und ist in vielen Staaten Thema kriminologischer und psychologischer Untersuchungen. Der Begriff ist in den 1990er-Jahren im US-amerikanischen und britischen Raum aufgekommen und hat sich im deutschsprachigen Raum vor allem in der Umgangssprache verbreitet.[1]
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    Wie ein Jäger sammelt ein Stalker Informationen über sein Opfer, um es stellen zu können. Dabei sind aber nicht nur die einzelnen, nachstellenden Handlungen des Täters von Bedeutung, sondern im Besonderen das psychologische Verhältnis zwischen Täter und Opfer. Das unterscheidet das Stalking von anderen, die Selbstbestimmung eines Menschen einschränkenden Handlungen.
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    Auslöser für die Stalking-Beziehung ist hierbei oft eine narzisstische Kränkung.
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    Ist der Stalker ein Narzisst, so fühlt er sich vermutlich durch eine Zurückweisung seiner Ansprüche an das Stalking-Opfer gekränkt und möchte nun durch Zermürbung das Opfer zur Erfüllung seiner ich-bezogenen Bedürfnisse zwingen.
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    Ach ja, vergessen. Ab sofort werden ich jede!!! IP-Adresse eines Kommentars mit entsprechendem Inhalt an die Polizei weiterleiten, eine Akte ist bereits angelegt.
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    • Demosthenes 2. Mai 2020 um 11:28 Uhr

      §238 StGB… Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren.
      Eventuell auch §§185, 241 Beleidigung und Bedrohung.

  5. Freundchen 2. Mai 2020 um 12:08 Uhr

    War es nicht Rummenigge, der noch vor nicht allzu langer Zeit angeblich nichts von einer Europaliga, in der Fans ohnehin eine untergeordnete Rolle gespielt hätten, wissen wollte? Wir werden sehen, was er nach Corona mit einer einheitlichen Lösung für Europa meinte und ob sich da das Blatt wenden könnte…

  6. Ex-HSVer im Herzen 2. Mai 2020 um 18:17 Uhr

    Alles zu 100% richtig und nichts hinzuzufügen.

    Ich frage mich nur, womit ein Thomas Müller 15 Mio pro Jahr (!!!!) verdient. Das ist das, was ich in 20 Jahren mit meiner kleinen, sehr erfolgreichen Firma an Umsatz gemacht habe.

  7. Gravesen 2. Mai 2020 um 20:49 Uhr

    Bernward Meier 😀 😀 😀 😀 😀 😀 😀

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