Schlau ist immer der, der eine Entwicklung beobachtet und seine Schlüsse nicht zu früh zieht, sondern zum richtigen Zeitpunkt. Schlau ist auch der, der zuerst denkt und dann spricht, besonders dann, wenn er sich in einer entscheidenden und exponierten Position befindet. Natürlich hat uns alle die Vehemenz des Corona-Virus ebenso getroffen wie seine unmittelbaren Folgen und doch hätten einige handelnde Personen schlauer reagieren können, auch und besonders verbal. Der Umstand, dass es unter den Anhängern und Fans schon länger brodelt, wurde von Seiten der Vereins-Funktionäre ebenso ignoriert und weggewischt wie von den Verbands-Funktionären, es war ihnen einfach egal, was diejenigen, für die man vorgab zu spielen, beim Anblick der Spiele empfanden. „So lange die immer noch in die Stadien pilgern, Trikots kaufen und SKY-Abos abschließen, machen wir einfach immer so weiter“. Dann kam Corona.

Nun hätte man, wenn man denn schlau gewesen wäre, das Virus als Chance sehen können. Man hätte nicht nur die Diskussion um eine globale Reformierung des Profi-Fußballs proaktiv vorantreiben können und man hätte tatsächlich so tun können, als wäre die Entscheidung darüber selbstbestimmt gewesen. Aber diese Chance wurde verpasst, wie so viele andere auch. Anstatt das Ohr am Puls des zahlenden Volkes zu haben, beschwerte sich ausgerechnet DFL-Geschäftsführer Seifert darüber, dass der arme bedauernswerte Profi-Fußball unter der Missgunst der Fans leiden müsse und er stelle die Frage: „Was hat der Profi-Fußball denn falsch gemacht“? Allein die Frage an sich ist ein Skandal und sie dokumentiert auf eindrucksvolle Art und Weise den IST-Zustand im Bewußtsein der abkassierenden Klasse  – man hatte absolut nichts verstanden, weil man sich zu keinem Zeitpunkt ernsthaft mit den Befindlichkeiten der Fans beschäftigt hatte. 

Nach Ansicht des Europameisters von 1980 (Rummenigge) haben sich die Vereine zuletzt „von Jahr zu Jahr einem größeren wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt. Und parallel dazu sind die Summen auf Spielerseiten von Jahr zu Jahr gestiegen – Ablöse, Gehälter, Berater-Provisionen.“ Die große Aufgabe sei es nun, den „einen oder anderen Exzess, zu dem es in den vergangenen zehn Jahren gekommen ist, zu korrigieren“. (Quelle: Sky.de)

Nach Seiferts Aussage brach der Shitstorm los und erst ab diesem Zeitpunkt wurden den Herren Rummenigge, Watzke und vielen anderen aus dieser Schießklasse bewusst, dass sie ohne Verluste aus der Nummer nicht mehr rauskommen würden. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden noch Verträge verlängert (Müller), die einfach nicht mehr zeitgemäß waren, es wurde intensiv über Millionen-Transfers im hohen zweistelligen Millionenbereich diskutiert und es wurde sogar gemutmaßt, dass man eventuell sogar von dem Umstand, dass man in Deutschland doch wieder spielen könnte, profitieren könnte. Merke: Es geht immer noch ein Stück widerlicher. Erst als diese Diskussionen zu mehr und mehr Unmut führten, wechselten exakt die gleichen Herren die Pferde im Galopp und versuchten sich zu Reform-Vorreitern mutieren zu lassen. Der Umstand, dass dieses Verhalten ebenso durchsichtig wie verlogen ist, ist diesen Herren egaler als alles andere, dabei enttarnten ihre Manöver sie als das, was sie immer waren und immer sein werden: Profiteure. Abzocker. Geldmacher um jeden Preis. Niemand kauft einem Rummenigge oder einem Watzke ab, dass er es mit seinem Reform-Gesülze ernstmeinen könnte. Es ist nichts anderes als der schändliche Versuch der Schadensbegrenzung und zwar für sich und nicht für die Blase Profifußball. 

Hinzu kommt: Jetzt sitzen die doppelzüngigen Herren so richtig in der Scheiße, wollen sie den Anhängern jetzt mit Maßnahmen kommen, die eventuell notwendig sein könnten, um die Existenz der Vereine zu erhalten, die aber bei einem Teil der Fans so beliebt sind wie Brechdurchfall. Ich meine den Fall von 50+1 für alle oder den Verkauf von AG-Anteilen über 24,9% hinaus im Falle des KSV. Wollen sie dieses Vorhaben zum jetzigen Zeitpunkt aktiv nach vorn treiben, wird ihnen vorgeworfen, die Krise für hinterhältige und längst geplante Zwecke nutzen zu wollen, man steckt also bis zum Hals in der Zwickmühle. Allerdings ist es eine Zwickmühle, in die sich die Herren selbst manövriert haben, insofern hält sich mein Mitleid durchaus in Grenzen.