Nun denn, Brot und Spiele. Am nächsten Wochenende sollen dann also Profis, von denen immer mehr Bedenken anmelden, gegeneinander kicken. Sie sollen vor leeren Rängen Fußball arbeiten, sie dürfen sich im Strafraum bei einer Ecke um die entscheidenden Zentimeter rangeln, aber sie dürfen sich im Falle eines Treffers nicht abklatschen und umarmen dürfen sie sich schon gar nicht. In der Gegend rumspucken – verboten. Auf der Bank sitzen in freundlichen 1,5 m-Abständen die zahlreichen Ersatzspieler und die Trainer dürfen die Pflichtmaske kurz abnehmen, wenn sie eine Anweisung aufs Feld grölen müssen. Anschließend aber bitte sofort zurück in den Darth Vader-Modus, wir wollen schließlich nichts riskieren. Eigentlich schade, dass ich mir diese Freak Show nicht angucken werde, es wird wahrscheinlich aussehen, als hätten sich die Zucker Brüder und die Truppe von Monty Pyhton zusammengetan, um den Film „Angriff der Killertomaten“ als schlechtester Film aller Zeiten abzulösen. Aber – was tut man nicht alles für die Kröten, gell? 

Und außerdem, was soll schon passieren? Schließlich haben sich doch die Millonäre und ihre Helferlein gerade in exklusiven Sporthotels kaserniert und getestet wird, als gebe es kein Morgen. Es werden keine Kosten gescheut, Geld spielt keine Rolex. Oder vielleicht doch? Denn was für die teuren und überbezahlten Zirkuspferde gilt, gilt nicht für das menschliche Beiwerk, welches garantieren soll, dass das Signal auch ja an die Haushalte übermittelt wird. 

Doch mit der Fürsorge der Liga für das TV-Personal ist es nicht weit her. Das Corona-Konzept der Deutschen Fußball Liga (DFL), in der sich die 36 Profiklubs aus erster und zweiter Liga zusammengetan haben, sieht keine Infektionstests beim TV-Personal vor. Weder bei den Mitarbeitern der Sportcast, die der DFL gehört. Noch bei Beschäftigten anderer TV-Firmen, die an Spieltagen normalerweise zu Hunderten unterwegs sind. Wenn der Ball von Samstag, 16. Mai, an wieder rollen soll, muss das TV-Personal teils unter widrigen Bedingungen arbeiten. In den Übertragungswagen geht es bisweilen fast genauso eng zu wie in den Zweikämpfen auf dem Platz. Doch die Corona-Tests sind begrenzt auf die Fußball-Profis und deren engeres Umfeld. Kein Wunder, dass es aus dem Kreise der Freelancer heißt, man fühle sich als „Menschen zweiter Klasse“.  (Quelle: Sz.de)

Damit ich das jetzt richtig verstehe: Es sind nicht nur die Schiedsrichter, immerhin mit auf dem Feld, die nicht getestet werden, diejenigen, die für die Übertragung verantwortlich sind, werden es auch nicht. Aber okay, dafür muss dann halt deren Arbeitgeber sorgen. Wer ist das eigentlich? 

Weder bei den Mitarbeitern der Sportcast, die der DFL gehört. Noch bei Beschäftigten anderer TV-Firmen, die an Spieltagen normalerweise zu Hunderten unterwegs sind. (Quelle: sz.de)

Bitte? Die Firma Sportcast, die für die Übertragungen verantwortlich zeichnen, gehört der DFL? Also die DFL des Herrn Seifert? Die DFL, von der eben jener Herr Seifert erklärt hat, dass Hunderte von Personen zig-Tausende von Stunden am gottgleichen Konzept der Wiedereröffnung gewerkelt haben? Und die haben nicht nur die Schiris vergessen, sie haben auch das gesamte Übertragungspersonal in ihren Überlegungen ignoriert? Das wird ja immer bunter 🙂 Nicht nur, dass man den Fans inzwischen signalisiert hat, dass sie im Grunde überflüssiges und zu vernachlässigendes Beiwerk sind, jetzt riskiert man auch noch die Gesundheit der TV-Mitarbeiter. Und das alles nur, um die Wohlfühloase Profifußball erhalten zu können, in der sich alle so großartig wohlfühlen. 

Corona-Untersuchungen für diese Gruppe seien „nie Gegenstand des Konzeptes“ gewesen, teilte das Bundesarbeitsministerium auf Anfrage mit. (Quelle: sz.de)

Wow. Das sitzt. 

In dem 51-seitigen Papier sind acht Seiten der TV-Produktion gewidmet. Mit vielen Details und einem bezeichnenden Satz: „Das Vorsichtsprinzip besagt, dass jeder am besten SELBST auf den Schutz seiner Person achten muss. (Quelle.sz.de)

Wollen wir doch mal zusammenfassen. Für die Profis, Trainer und Betreuer ist kein Test teuer, kein Hotel exklusiv genug und kein Weg zu weit. Alle andere Beteiligten müssen selbst sehen, wo sie bleiben. 

Im Kreise der Freelancer ist trotzdem von einem mulmigen Gefühl die Rede. In manchen Ü-Wagen gehe es so eng zu, dass drei Leute aufstehen müssten, wenn einer zur Toilette wolle. Schon früher sei es oft so gewesen, dass nach dem Spieltag die halbe Ü-Wagen-Besatzung Durchfall gehabt habe, wenn einer der Kollegen eine Magen-Darm-Infektion seiner Kinder eingeschleppt hatte.  Die DFL sieht das anders: „Bei den Arbeitsplätzen in der TV-Produktion können ausreichende Abstände gewährleistet werden. Darüber hinaus gelten Maskenpflicht und andere Hygieneanforderungen.“ (Quelle.sz.de)

Bei aller Liebe, aber wer in diesem Leben noch einmal die Begriffe Profifußball, DFL und Glaubwürdigkeit in einem Satz verwendet, gehört umgehen eingeliefert.