Ich kann mich erinnern, dass in unserer heutigen schnelllebigen und  digitalen Zeit immer wieder verzweifelt nach sogenannten Typen geschrien wird. Männer oder Frauen, die bereit sind, öffentlich die Wahrheit zu sagen und nicht irgendeinen weichgespülten und von Marketing-Abteilungen vorgekauten Mainstream-Blödsinn abzusondern. Neven Subotic ist so einer, aber im bezahlten Fußball steht er relativ allein da. Nun hat sich jemand zu Wort gemeldet und man kann sicher sein, dass ihn ein Shitstorm der Vollidioten treffen wird. Denn betrachtet man die PR-Maschinerie, die seit Tagen von DFL, SKY und besonders BILD angeworfen wurde, dann ist der Re-Start der Bundesliga und der zweiten Liga ein einziges großes Märchen. Die Schmierlappen von der BILD, unmittelbar abhängig vom Fußball, berichten täglich, wie glücklich man als Deutscher doch sein kann, dass die Milliarden-Verarschung bei uns weiterlaufen darf, die Verkäufer von SKY (Journalisten sind das noch nie gewesen) erklären die Wunderzahlen der Zuschauer, vordergründing nur schwer überprüfbar. Und dann gibt es da Oliver Zeidler. Der Junge ist 23 Jahre alt und Ruderweltmeister. Und er hat eine klare Meinung. 

„Ich kann den Start der Bundesliga in keinster Weise gutheißen und hoffe, dass noch mehr Menschen so denken und diesem wahnsinnigen System den Rücken zukehren“, sagte der Senkrechtstarter im Interview mit den Organisatoren der Wahl zum Sportler des Jahres.

Den Fußball sieht Zeidler in einer Sonderrolle, da Mannschaftssport und sportliche Wettkämpfe momentan für niemanden in Deutschland erlaubt seien, „außer für die Millionäre der Bundesliga, die eh schon seit Jahren in einer sich immer stärker abdriftenden Parallelwelt befinden“, sagte Zeidler.

Obwohl die Sportwelt größtenteils stillsteht, will Zeidler die Bundesliga nicht verfolgen. Er habe sein Interesse für den Fußball eingestellt, „als für einen Spieler zum ersten Mal ein neunstelliger Eurobetrag bezahlt wurde“, sagte der 23-Jährige, „davon werde ich jetzt nicht abkommen, nur weil es der einzige Sport ist, der ab nun im Fernsehen zu sehen sein wird.“

(Quelle: sport1.de)

Als sportbegeisterter, erwachsener Deutscher kann ich sagen – ich bin stolz. Ich bin stolz auf einen jungen Sportler, dessen Traum von einer olympischen Goldmedaille in diesem Jahr geplatzt ist und der trotzdem weitertrainiert. Das, was Zeidler mit seinem Sport im Jahr verdient, verdient Herr Vagnoman in wenigen Wochen und der ist nicht Weltmeister sondern sitzt bei einem durchschnittlichen Zweitligisten vorwiegend auf der Bank. Ich bin absolut nicht stolz auf die deutsche Fußball-Industrie, die sich gerade an sich selbst ergötzt und meint, man wäre das Vorbild der halben Welt. Aber halt, das ist ja nur das, was uns die PR-Maschine glauben lassen möchte. Viele sehen das durchaus anders. Ich auch. 

Eines noch. Die Verkäufer von SKY feiern den legendärsten Bundesliga-Samstag aller Zeiten, knapp über 5 Millionen Zuschauer sahen die kostenfreie Übertragung. Wollen wir das Ganze doch einmal richtig einordnen. Normalerweise muss man für ein SKY-Abo irgendwas zwischen € 20 und was-weiß-ich-Euro bezahlen, um professionellen Fußball konsumieren zu können. An einem normalen, nicht kostenfreien Samstag, hat SKY im Durchschnitt 1,61 Mio. Fußball-Fans vor der Glotze. Jetzt haben wir folgende Situation: Seit mehr als 7 Wochen konnte kein Mensch im Fußball-verrückten Deutschland ein Spiel sehen, nicht mal in der Bezirksliga. Nun wird wieder gespielt, umsonst zu sehen, und es gucken gerade einmal 6% der Bevölkerung? Um es einmal zu verdeutlichen – außer Fußball lief nichts. Kein Tennis, kein Formel 1, kein Eishockey, kein Nichts. Fußball in einer einmalig-exklusive Monopol-Situation und dann kriegt man müde 6% der 83.000.000 Deutschen in FDP-Größenordnung vor den Fernseher? Und will das auch noch als Erfolg verkaufen? Ich finde, diese Zahl ist ein Desaster und sie zeigt, wie unwichtig der Fußball vielen offenbar inzwischen geworden ist. 

Aber es wird noch deutlich bunter. 

Wie sehr die Fans angesichts der Geisterspiele auf TV-Übertragungen setzten, zeigte sich an den Quoten für SKY. Neben der Einzelübertragungen der fünf 15.30 Uhr-Spiele und der Konferenz im Pay-TV zeigte der Sender in seinem Free-TV-Kanal SKY Sport News HD am Samstag ebenfalls die Konferenz – eine Offerte, die es auch am kommenden Wochenende noch einmal gibt.

SKY bejubelt den nach eigenen Angaben „Reichweitenstärksten Bundesliga-Samstag der Sendergeschichte“. Demnach hatten 3,81 Millionen Zuschauer am Samstag Nachmittag SKY eingeschaltet, davon 2,45 Millionen Fans die Konferenz im Free-TV. „Mit dem Comeback sind wir äußerst zufrieden“ sagte Sportchef Jacques Raynaud. Das Abendspiel von Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach im Pay-TV lag mit 789.000 Interessierten auf dem üblichen Level. 

(Quelle: https://www.digitalfernsehen.de/top-news/sky-rekordzahlen-bei-bundesliga-comeback-556322/?fbclid=IwAR3ARFy79EWOEkhzOqWJIHQFdh3we4L8eqAGvFx6bfLoUI-6yJ9dXTlk59A)

Ja, was denn nun? 3,81 Millionen oder mehr als 5 Millionen? SKY trickst mit Zahlen, die vorn und hinten nicht stimmen, aber diese Daten zeigen noch etwas anderes. Denn neben der Live-Übertragung von Sky kam die ARD-Sportschau auf 4,11 Mio. Zuschauer und das ZDF-Sportstudio auf 2,11 Millionen Zuschauer, wobei man davon ausgehen kann, dass sich diese Zielgruppen weitestgehend überschneiden werden und nicht simpel addiert werden können. Und das ist nun das „Milliarden-Publikum“ von dem Karl-Heinz Rummenigge fabulierte? Im bevölkerungsreichsten Land Europas sind es knapp 4 Millionen und er kommt irgendwie auf Milliarden? Nun, es zeigt uns vor allem eines: Professioneller Fußball hat bei weitem nicht die Relevanz, die uns immer wieder suggeriert werden soll. Tatsächlich interessiert sich nur ein außerordentlich kleiner Anteil der Bevölkerung intensiv dafür. Das aber darf man nicht sagen, denn es würde die unfassbaren Gelder, die in diesem Geschäft bewegt werden, ad absurdum führen. 

Der professionelle Fußball in Deutschland und darüber hinaus ist ein Scheinriese, dessen angebliche Bedeutung komplett überzeichnet wird. Und zwar von Personen, die sich daran dumm und dämlich verdienen.