Es ist ja nicht so, dass das Thema so brandneu ist und eigentlich habe ich auch gedacht, dass mich im Zusammenhang mit diesem Verein kaum noch etwas erschüttern kann. Und dann kommt Schnappi. Seine chronisch miese Laune ist ja mittlerweile eine Art Markenzeichen geworden, aber die Art und Weise, wie er sich in den letzten Wochen gebärdet, ist eines Bundesliga- und Möchtegern-Nationaltrainers absolut unwürdig. Hatte man in Hamburg gehofft, man hätte im Gegensatz zu seinen Vorgängern einen abgewichsten Fahrensmann verpflichtet, der jeden Sturm schon mindestens dreimal abgewettert hat, so sieht man sich nun böse getäuscht. Hecking ist ein Sensibelchen mit Hang zum Größenwahn, der nun in der kritischen Phase der Saison die Nerven zu verlieren scheint und in seiner selbstverschuldeten Not nicht mal mehr davor zurückschreckt, die versammelte Presse zur bedingungslosen Kooperation aufzurufen.

Sowas habe ich in dieser Form noch nicht erlebt und man sollte, wenn es denn eine normale Welt wäre, dem Übungsleiter erklären, dass diese Gestalten da in ihren Bankräuber-Verkleidungen eigentlich Journalisten-Darsteller und keine Mitarbeiter der HSV-Medienabteilung sind. Aber wir leben nicht in einer normalen Welt und so sind mir medieninterne Ansagen „von oben“ auch mehrfach bekannt gemacht worden. Ich meine Ansagen aus Ressortleitungen oder Chefredaktionen, die ihren Arbeitsbienen auftrugen, doch bitte auf kritische Stimmen gegenüber dem Verein zu verzichten, man gefährde ansonsten das Saisonziel. Dass aber ein leitender Angestellter des Vereins ganz unverhohlen die Vertreter der freien Presse zur uneingeschränkten Zusammenarbeit auffordert, das ist neu.

Und wir sollten das Ganze vielleicht einmal richtig einordnen, denn das ist kein Spaß. Hecking redet in dieser PK davon, dass man die Journaille braucht, als Unterstützung „in der medialen Arbeit“. Man kann die Geschichte auch umdrehen, dann wird nämlich der Schuh draus, der es eigentlich sein sollte. Der Trainer erwartet von den Journalisten-Simulanten nichts anderes, als auf jede kritische Silbe zu verzichten. Er hätte ebenso sagen können: „Ich fordere euch auf, jedes noch so üble Drecksspiel, welches wir euch vorsetzen, als pures Gold zu verkaufen“. Aber es geht noch weiter. „Verzichtet darauf, zu recherchieren und solltet ihr tatsächlich etwas rauskriegen, was wir im Verein mal wieder kläglich verbockt haben, dann unterdrückt es“. Mit dem Hinweis auf die „ganzen Skeptiker, die gerade Oberhand haben“ ermuntert Hecking die angesprochene Meute auch noch, diese Skeptiker mundtot zu machen. Unfassbar. Man könnte es auch anders ausdrücken – Hecking erwartet von den Hamburger Journalisten, dass sie ihren Job nicht machen, dass sie das verweigern, wofür sie bezahlt werden. 

Vor diesem Hintergrund: Zweifelt noch irgendjemand daran, dass sich dieser Verein einen eigenen Blog hält, der als journalistisches Erzeugnis getarnt ist? Und wen meint der Vogel eigentlich mit „die ganzen Skeptiker“? Die Hamburger Medien betreiben doch seit Monaten schon nichts anderes als Hofberichterstattung, von wem redet der Mann also? Von mir? Bin ich mittlerweile so wichtig, dass ich mit meinem kleinen Piescher-Blog den Aufstieg des KSV gefährden kann? Ich möchte davor warnen, den Schulterschluß-Aufruf des Übungsleiters als Bagatelle ab zu tun, denn das ist es nicht. Es ist der Aufruf an eine Berufsgruppe, die dafür bezahlt wird, die Realität abzubilden. Und Hecking möchte nun, dass sie genau das unterlassen. Als Belohnung winkt dann eventuell eine Weiterbeschäftigung, weil man Teil des Aufstiegsmärchens war. Meine Güte, ist dieser Verein tief gesunken. 

Aber es ist nicht nur der Verein. Wenn ich sehe, wie Hofschranzen wie sich Kollege Buback Meloni (BILD) damit dick tun, dass sie den jeweiligen Übungsleiter mit „Hallo Dieter“ ansprechen dürfen und damit eine vermeintliche Nähe suggerieren, die den Anschein erwecken soll, man sei sowas von drin im inner circle und kriegt Insider-Informationen, die sonst keiner kriegt. Die fehlenden Distanz zu dem, was man beobachten und bewerten soll, führt dann zu den dauerkranken Stilblüten, die wir in Hamburg seit nunmehr Jahrzehnten bewundern dürfen und die am Zustand des Vereins eine nicht zu unterschätzende Mitschuld tragen.

By the way – war da nicht mal was mit BILD und Jatta und dem HSV und so? Ach, das hatte ich bestimmt falsch verstanden…