Ab und an überkommt es mich dann doch nochmal und ich wühle ein wenig in den Daten und Zahlen. Das Schlimme daran ist: Bevor ich damit anfange, weiß ich bereits, dass der KSV dabei mehr als schlecht wegkommt. Gestern nun bin ich über einen Facebook-Post der Seite Tansfermarkt.de auf eine Idee gebracht worden und ich habe mir das Ganze einfach einmal angeguckt. Bevor ich beginne, stellen wir uns eine Frage: Wenn ich als junger Spieler X zwei Chancen habe, wohin würde ich wechseln? In die erste österreichische Liga oder in die deutsche Bundesliga? Nun, für mich stellt sich diese Frage eigentlich nicht und ich kann mir vorstellen, dass sie sich auch für viele Spieler und Berater nicht stellt. Und wenn ich im Anschluss das Transferverhalten zweier Vereine miteinander zu vergleichen versuche, so wird es unter Garantie den einen oder anderen geben, der entgegnen wird: „Okay, aber da haben andere Bundesliga-Verein (und nicht nur die) offenbar auch gepennt“. Stimmt, haben sie. Aber die meisten dieser Vereine haben trotzdem gute bis sehr gute Transfers getätigt, während der KSV in all diesen Jahren nur in die Tonne gegriffen hat. 

Also schön, ich möchte das Geheimnis lüften, welchen Klub ich bin ein wenig näher angeguckt habe, es handelt sich um RB Salzburg. Die Österreicher, bekanntermaßen von der Firma Red Bull gefördert, sind im Grunde seit der Transferphase Sommer 12/13 richtig auf dem internationalen Transfermarkt zugange, zuvor war das Ganze eher bescheiden. Aber im Sommer 2012 verpflichtete man Sadio Mane für € 4 Mio. vom FC Metz, heutiger Marktwert: € 120 Mio. Kevin Kampl kam vom VfR Aalen für € 3 Mio, heutiger Marktwert: € 17,5 Mio. Dann kam noch Stefan Ilsanker ablösefrei aus Mattersberg, der würde heute € 2,4 Mio. kosten. Und der HSV? Der HSV holte in der gleichen Saison z.B. einen Rafael van der Vaart für € 13 Mio. aus Tottenham, dies war fast das gesamte Transfervolumen, welches Salzburg in dieser Saison investierte. Der einzige Spieler, mit dem die Hamburger aus dieser Transferperiode Gewinn erzielten, war Hakan Calhanolgu, aber da war auch Frank Arnesen noch Sportchef. (als der Türke geholt wurde)

Saison 2013/14: Salzburg verpflichtete u.a. Peter Gulacsi aus Liverpool (ablösefrei), der KSV holte Lasse Sobiech für € 1,4 Mio. aus Dortmund

Saison 2014/15: Salzburg fand irgendwie einen Spieler namens Naby Keita beim FC Istres für € 1,5 Mio. (heutiger Marktwert: € 33,5 Mio.), für den bezahlte der FC Liverpool € 60 Mio. an RB Leipzig, zuvor war er für knapp € 30 Mio. von Salzburg nach Deutschland gewechselt. Desweiteren holte man Takumi Minamino für € 800.000 vom FC Osaka, der Junge ging dann für € 8 Mio. ebenfalls nach Liverpool. In dieser Transferperiode machte Salzburg ein Plus in Höhe von € 40 Mio. Und der KSV? € 8,5 Mio. für Lasogga, € 6 Mio. für Behrami, € 4,5 Mio. für Nicolai Müller, € 3 Mio. Cleber Reis, € 2,8 Mio. für Johann Djourou. Transferminus insgesamt: € 12, 6 Mio.

Saison 2015/16: Salzburg findet erneut einen jungen Top-Mann, diesmal Dayot Upamecano. Für den Franzosen bezahlte man € 2,2 Mio. an Valencienne, heutiger Markwert: € 45 Mio. Stefan Lainer verpflichtete man vom SV Ried für € 200.000, der Spieler kickt heute bei Borussia Mönchengladbach und ist € 14,5 Mio. wert. Ach ja, vom Schwesterverein FC Liefering kam ein gewisser Hee-Chan Hwang (ablösefrei), der Koreaner soll jetzt € 10 Mio. kosten. Der KSV? Lewis Holtby (€ 6,5 Mio.), Albin Ekdal (4,5 Mio.), Michael Gregoritsch (€ 3 Mio.), Aaron Hunt (€ 3 Mio.), Sven Schipplock (€ 2,5 Mio.). Salzburg hatte eine ausgeglichene Transferbilanz, der KSV machte mal wieder € 8,65 Mio. Miese. 

Saison 2016/17: Diesmal etwas kleiner, aber: Vom FC Getafe kam Wanderson ablösefrei, der Brasilianer ging ein Jahr später für € 9 Mio. nach Krasnodar. Munas Dabbur kam für € 5 Mio. aus Zürich und ging für € 17 Mio. nach Sevilla. Beim KSV ging der Wahnsinn ungebremst weiter. Kostic für € 14 Mio., Walace € 9,2 Mio., Douglas Santos € 6,5 Mio. (offiziell), Halilovic für € 5 Mio., Bobby Wood für € 4 Mio. Am Ende stand für Salzburg ein Transferplus von € 64 Mio. in diesem Transfenster, der KSV verbrannte wieder einmal € 35,8 Mio. 

Saison 2017/18: Für Salzburg: Pongracic für € 1 Mio. von 1860, wechselte für € 10 Mio. nach Wolfsburg, von Kafue Celtic (Sambia) kam ein gewisser Patson Daka, der Junge spielt noch in Salzburg und ist inzwischen € 9 Mio. wert. Vom Schwesterklub FC Liefering kam Amadou Haidara ablösefrei, der Spieler wechselte für € 19 Mio. nach Leipzig. Der KSV? Papadopoulos (€ 6,5 Mio.), Andre Hahn (€ 6 Mio.), Pollersbeck (€ 3,5 Mio.), van Dingeldong (€ 3 Mio.). Bilanz Salzburg: Plus € 15 Mio. Bilanz KSV: Minus € 14 Mio. Und als besonderes I-Tüpfelchen stieg man erstmals in seiner Vereinsgeschichte ab. 

An dieser Stelle würde ein Vergleich anfangen zu hinken, da der KSV in den Niederungen der zweiten Liga dümpelt, während RB Salzburg in der Champions League anklopft. Aber ich kann ja nochmal kurz gucken, wen die Österreicher in den letzten 2 Jahren so entdeckten. Da wäre z.B. Erling Haarland, den man für stolze € 8 Mio. holte und der inzwischen für über € 80 Mio. gehandelt wird. Mwepu aus Liefering (ablösefrei), heute € 5,4 Mio. wert. Transferbilanz 2018/19: Plus € 45,35 Mio. Transferbilanz 2019/20: Plus € 81,85 Mio. 

Was will ich damit sagen: Ganz einfach eigentlich, ich will damit zum Ausdruck bringen, welche Chance der KSV insbesondere nach der Ausgliederung 2014 verpasste, denn ungefähr zu dem Zeitpunkt fing man in Salzburg an, ernsthaft zu arbeiten. Doch während man sich in Österreich professionell aufstellte, war man in Hamburg mehr darum bemüht, Eitelkeiten zu pflegen und sich Gelder in die eigene Tasche zu wirtschaften. Keiner in Hamburg kam beispielsweise jemals auf die Idee, sich ein sogenanntes Farm-Team zu installieren, man war viel zu sehr auf Namen fixiert und weniger auf Ausbildung und Perspektive. Dass man sportlich gut und dabei wirtschaftlich gesund arbeiten kann, zeigt RB Salzburg, dagegen zeigte der KSV in den letzten 10 Jahren das genaue Gegenteil. Kaum ein Spieler, der nach Hamburg wechselte, verbesserte sich in der Zeit oder steigerte seinen Wert, im Gegenteil. Wer immer noch nicht begreift, wie hier gearbeitet wurde und wird und wie man hätte selbst mit diesen Mitteln deutlich besser arbeiten können, dem ist nicht mehr zu helfen. 

RB Salzburg (2012/13 bis 2018/19)

Ausgaben: € 64,22 Mio.

Einnahmen: € 210, 30 Mio.

Bilanz: + € 146,08 Mio.

Kühnes Sport Verein (2012/13 bis 2018/19)

Ausgaben: € 151,65 Mio.

Einnahmen: € 89,80 Mio.

Bilanz: – € 61,85 Mio.

Lustig übrigens: Zur gleichen Zeit, als nämlich RB Salzburg anfing, die Geschichte ernsthafter zu betreiben, habe ich angefangen, einen Blog zu betreiben. Und wer Lust hat, kann es gern über die Suchfunktion recherchieren, ich habe zigmale auf die unsinnigen Transfers in Hamburg unter den unterschiedlichsten Vorständen, Sportchefs und Trainern hingewiesen. Dann hieß es immer: „Du Pester“ oder „hab doch mal Geduld“, von immer den gleichen Vollpfosten. Wohin den KSV diese Geduld gebracht hat, sieht man heute. Man hat in den Jahren das 2 1/2-fache der Salzburger ausgegeben und wird möglicherweise eine dritten Ehrenrunde in Liga 2 einlegen, während man sich in Österreich auf die Champions League vorbereitet. Fatal ist, dass sich bis heute nichts daran geändert hat und die erneute lächerliche Legendenbildung um Selbstdarsteller Boldt diesen Prozess eher beschleunigen als aufhalten wird. Kinsombi, Amaechi, Harnik, Ewerton, Hinterseer, Heuer Fernandes, Letschert, Schaub. Noch Fragen? 

Ich elender Pester, ich.