Ihr erinnert euch, oder? Ist noch gar nicht so lange her, nur ein paar Wochen. Mental am Boden, finanziell schon einen Schritt weiter. Corona zeigte allen Beteiligten, wie 90% aller Profi-Vereine gewirtschaftet hatten, ein Großteil stand vor dem Weg zum Insolvenzverwalter. In diesen dunklen Zeiten hauten einige die dümmsten Sprüche des Jahres raus („Es wäre gut für die gesamte Menschheit“ [Ralf Rangnick] oder „Wenn wir jetzt als Erste wieder anfangen, spielen wir vor einem Milliardenpublikum“ [Karl-Heinz Rummenigge]), andere zogen die Denkerstirn in tiefste Falten und riefen Parolen aus, von denen sie annahmen, dass diese gut ankommen würden.

„Der Profi-Fußball muss sich ändern, wenn er überleben will“ 

„Die Gehälter und Ablösesummen sind krank“

„Wir haben den Bezug zur Basis (Fans) verloren“

„Wir müssen das Vertrauen zurückgewinnen“

„So kann es einfach nicht weitergehen“. 

Und tatsächlich. Die Liga läuft, neue Infektionen gibt es nicht bzw. wir erfahren nichts davon. Hatte nicht die DFL in ihrem internen Papier erwähnt, dass die Vereine eventuelle Fälle nicht an die Presse melden sollten? Mir war so. Aber was ist denn sonst so aus diesen Texten geworden? Stichwort „Wichtig für die gesamte Menschheit und Milliardenpublikum“: 

Sky-Konferenz und Top-Spiel: Normal-Level
 
Obwohl keine Zuschauer in die Stadien dürfen, sorgt dies nicht für eine deutliche Steigerung bei Sky. Nachdem die Konferenz am 26. und 27. Spieltag parallel im Free-TV lief und so Top-Quoten (3,68 und 3,08 Mio.) erzielte, ist der Samstagnachmittag seither im Pay-TV auf dem Normallevel zwischen 1,2 und 1,9 Millionen. Dies gilt auch für das Samstagabend-Spiel mit im Schnitt 1,14 Millionen.
 
Das muss man sich mal reinziehen. Außer Fußball gibts nichts. Das Wetter ist gut. Die Ligen nähern sich der Ziellinie, es ist durchaus spannend. Und das Milliardenpublikum verweigert das Produkt und es sieht so aus, als käme die Menschheit mehr und mehr auch ohne deutschen bezahlten Fußball klar. Und die ganzen Veränderungen, die vergleichbare Katastrophen in Corona-Größe in Zukunft verhindern sollten? Ich lese, dass Timo Werner für € 55 Mio. von Leipzig zu Chelsea wechselt und dort ca. € 10 Mio. pro Jahr verdienen soll. Andere Transfers und Gehälter in ähnlichen Größenordnungen werden folgen, darauf kann man sich verlassen. Was lernen wir daraus? Zunächst einmal lernen wir, dass all diese Sprüche nicht die Luft wert waren, die ihre Urheber veratmet haben, als sie sie artikulierten. Wir lernen, dass der Fußball nicht dazulernen wird und will. Wir lernen, dass es zwar so nicht weitergehen darf, aber trotzdem so weitergehen wird. Wir lernen, dass es offenbar doch eines echten Zusammenbruchs bedarf, bis die Herren zur Besinnung kommen. 
 
Finanziell verbessert sich der gebürtige Schwabe noch einmal enorm. Für einen Fünfjahresvertrag beim Klub des russischen Oligarchen Roman Abramowitsch soll Deutschlands Nationalstürmer pro Jahr mehr als zehn Millionen Euro kassieren, berichtete die „Bild“
 
Manuel Neuer ist Torwart beim FC Bayern München und verdient ein Gehalt von rund 18 Millionen Euro pro Jahr. Zu diesem Gehalt addieren sich die zahlreichen Werbedeals, die Neuer mit verschiedenen Unternehmen in der Vergangenheit und Gegenwart unterschreibt bzw. unterschrieben hat, wie z.B. Adidas, Coca-Cola und Allianz, die ihm ca. eine weitere Million pro Jahr einbringen dürften
 
 
Aber wir lernen noch mehr. Wie lernen, dass wir auch weiterhin belogen und verarscht werden, dass sich die Balken biegen. Wir lernen, dass wir all den Textern kein Wort glauben dürfen, wenn wir das nicht schon vorher wussten. Also – wer lernen will, sollte spätestens jetzt damit anfangen. 
 
Zum heutigen Spiel: Gähn!