Um den permanenten Niedergang des KSV zu verstehen, muss man eigentlich nur die Perspektiven betrachten, von der aus man selbst auf andere Verein guckte, wenn man von den Ergebnissen anderer Vereine abhängig war. Ich kann mich an Zeiten erinnern (okay, ist wirklich lange her), da sagte man als KSV-Anhänger: „Wir müssen gucken, wie Bayern gegen Dortmund spielt“. Abhängig vom Ausgang dieser Partie war die eigene Platzierung am Saison-Ende, das Ergebnis hatte Einfluss darauf, ob man sich für einen internationalen Wettbewerb qualifizierte oder nicht. Ein paar Jahre später hatte sich diese Perspektive verschoben, denn nun lautete die Ansage: „Wir müssen gucken, wie Augsburg gegen Mainz spielt“, denn das Resultat hat unmittelbare Auswirkungen auf den Abstiegskampf und den Platz, der zur Relegation berechtigt. Die Ergebnisse von Mannschaften wie Bayern, Leverkusen, Leipzig, Dortmund oder Gladbach spielten zu dem Zeitpunkt schon keine Rolle mehr. 

Nun, in den Niederungen der zweiten Liga, heißt es: „Wir müssen gucken, wie Bielefeld gegen Heidenheim spielt“, denn das Ergebnis, ein eigener Sieg gegen Sandhausen vorausgesetzt, zeigt uns, ob der Weg zur Relegation führt oder doch nur eine weitere Ehrenrunde in der zweiten Liga bedeutet. Geht es in diesem Tempo weiter, und mir fehlt die Phantasie für eine anderes Szenario, dann sagt man im Volkspark in spätestens 2 Jahren: „Wir müssen erstmal gucken, wie Meppen gegen Fortuna Köln spielt“. Kaum ein anderer Verein in Deutschland wurde in so kurzer Zeit bei gleichzeitig derart hohen Investitionen so radikal abgewrackt, an einen launischen Fußball-Laien verhökert und sehenden Augens und mit Vorsatz ruiniert. 

Ehrlich, ich kenne all die Sprüche bis zum Abwinken. All die Durchhalteparolen, all die Verweise darauf, dass man doch auch mal „Geduld haben müsste“. Dazu kann ich nur sagen: Ich hatte Geduld, ich hatte 40 Jahre lang Geduld. Und meine Geduld ist nicht etwa überstrapaziert worden, sie ist in übelster Art und Weise ausgenutzt worden. Man hat mir und Hunderttausend anderen eine Welt vorgelogen, die nie wirklich existiert hat. Eine Welt mit Spielern, die die Raute nicht nur küssen, sondern sich für die Raute den Arsch aufreißen. Eine Welt mit Funktionären, die dem Verein dienen und ihn entwickeln und nicht nur ihr eigenes Bankkonto pimpen wollten. Eine Welt, in der ein Verein nicht nur von einer Stadt partizipieren, sondern für sie stehen wollte. Diese Stadt stolz machen und nicht jeden, der ein Trikot mit einer Raute auf der Brust trägt, der Lächerlichkeit preisgeben. 

Ihr habt verschissen. 

Sorry, Herr (Witz)-Boldt, aber verarschen können sie sich gern allein. Oder meinten sie Texter vielleicht diese Art der Anerkennung? Unfassbar, dass es Journalisten-Simulanten gibt, die diese Art der Volksverdummung auch noch mit Eloquenz erklären. Aber gut, derjenigen, der das gemacht hat, wird ja auch von Donald Boldt bezahlt.