Die perfekte Karriere

Die Wege des Herrn sind unergründlich, heißt es. Und der Weg von Jürgen Norbert Klopp führte ihn 2008 eben nicht von Mainz nach Hamburg, sondern nach Dortmund. Rückblickend für Klopp unter Garantie der bessere Deal, wurde er mit der Borussia zweimal deutscher Meister, einmal Pokalsieger und zweimal Supercup-Sieger. Und was vielleicht noch wichtiger ist – er gilt als Begründer der neuen Borussia und als der Begründer eines überaus erfolgreichen und wohlhabenden Vereins. Als Klopp den BVB am 01.07.2008 übernahm, war der Verein klinisch tot und der KSV war es nicht. In der abgelaufenen Saison waren die Hamburger 4. geworden, die Borussia 13, im Grunde sprach also alles für einen Wechsel von Mainz an die Elbe. Wie gnadenlos dämlich man diese nahezu sichere Nummer verdaddeln kann, zeigte natürlich auf unnachahmliche Art und Weise der Klub aus dem Volkspark. 

„Das ist sehr zugespitzt, aber nicht ganz falsch“, erklärte Hoffmann. Der HSV habe Ende 2007 vier Trainer scouten lassen und in die engste Betrachtung für das Amt beim Traditionsverein in Betracht gezogen. Die Mitarbeiter beboachteten das Training sehr genau und informierten sich über Ansprachen und achteten auch auf das Auftreten im Klub und auf dem Platz.

„Dabei waren viele Dinge aufgefallen. Dazu zählte, dass Jürgen Klopp einmal mit einem Loch in der Jeans zum Training gekommen sein soll“, erläuterte er. In einem Bericht seien all diese Dinge festgehalten worden. Die Verantwortlichen des HSV senkten dann den Daumen: „In unserem Aufsichtsrat kam das Loch in der Jeans nicht gut an. Und wir Vorstände bekamen den klaren Hinweis, dass eine Verpflichtung von Jürgen Klopp keine gute Idee sei.“

Nun, das ist nur die halbe Wahrheit, denn eigentlich waren es weniger die Aufsichtsräte, sondern vielmehr Sportchef Beiersdorfer, der diese Details zum Anlass nahm, Klopp kritisch zu sehen und seinen Favoriten Fred Rutten in Position zu bringen. Und in gewohnter Hamburger Manier kam natürlich alles unmittelbar raus. 

In der Tat schickte der HSV damals einen Scout nach Mainz, wo Klopp als Trainer auf sich aufmerksam gemacht hatte. Dieser soll mit obiger Mängelliste zurückgekehrt sein. Rauchen stimmt leider”, so Klopp rückblickend. “Unpünktlich ist eine absolute Unwahrheit. Ich war in meinem Leben nie unpünktlich, wenn ich es irgendwie verhindern konnte. Und was war das Letzte? Flapsig im Umgang mit der Presse. Ja, was soll das? Und dann noch der Spitzname Kloppo, verbunden mit der Frage nach Autorität.”

Die Folgen ärgern manchen HSV-Fan wohl bis heute. Klopp: “Ich habe damals gesagt: ‘So, Freunde, falls noch Interesse besteht, wollte ich nur mal sagen: no way. Ruft nie wieder an, das mache ich nicht. Ich bin Fußballtrainer und wenn euch solche Sachen wichtig sind, seid ihr die Falschen. Dann können wir nicht zusammenarbeiten.'”

Konsequent. Und wenn in Hamburg irgendwas verpönt ist wie Teufels Weihwasser, dann ist es Konsequenz. Für Klopp war es jedoch eine Entwicklung, die ihn bervorzugte, die ihn zu einem der besten Trainer der Welt machte und wohl zum besten Menschenfänger im Business. Einen Trainer mit einer (bisherigen) durchschnittlichen Amtszeit von 6,35 Jahren. Mit einem Punkteschnitt von 1,90 in Dortmund und 2,06 in Liverpool, aber was noch viel wichtiger ist: Zu einer Persönlichkeit, die einen gesamten Verein prägt und ihn um Lichtjahre nach vorn bringt. Dortmund war ein anderer Verein nach Klopp und Liverpool ist ein anderer Verein seit Klopp. Die alles entscheidende Frage, die sich in Hamburg wohl jeder Fan zwischen 8 und 80 stellt: Wäre all dies in Hamburg ebenfalls möglich gewesen und die Antwort lautet klar und deutlich: Nein! 

Mal grundsätzlich: Ich halte nichts von vorgefertigten Aussagen wie “Klar, der Spieler ist jetzt Weltklasse, aber das wäre er beim KSV nicht geworden”. Mumpitz. Wenn ein Spieler eine bestimmte Klasse (und Einstellung) hat, entwickelt er sich überall weiter, sogar in Hamburg. Klopp aber hätte den KSV verändern, ihn komplett auf den Kopf stellen wollen. Mit seiner Art, Fußball zu denken und mit seiner Art, Fußball zu verkaufen. Das hätte man ihm in Hamburg niemals gestattet, weil man Hamburg echte Veränderungen gar nicht will. Veränderungen würden bedeuten, dass der Eine oder Andere an Wichtigkeit verliert, vielleicht sogar aussortiert wird. Bestenfalls bleibt er dort sitzen, wo er ist, aber er ist nicht mehr maßgeblich. Das können viele in Hamburg nicht ertragen. Klopp hätte darauf bestanden, nicht nur bei den Transfers mitzureden, sondern auch bei der medialen Außendarstellung. In Hamburg? Never. 

Ich bin absolut sicher, dass Klopp in Hamburg nicht erfolgreich gewesen wäre, weil man ihm nicht gestattet hätte, erfolgreich zu sein. Er wäre daran zerbrochen und heute Trainer in Berlin oder Hoffenheim oder er wäre nach einer Saison freiwillig gegangen. Auf keinen Fall wäre er 7 Jahre und 318 Spiele (wie in Dortmund) in Hamburg geblieben und er wäre heute auch nicht Trainer in Liverpool, Champions League Sieger, englischer Meister nach 30 Jahren. Insofern haben alle alles richtig gemacht. Klopp hat in seiner konsequenten Art dem KSV die lange Nase gezeigt und Karriere gemacht und der KSV hat eine extrem erfolgreiche Trainerkarriere nicht behindert. 

Herzlichen Glückwunsch nach Liverpool, Kloppo. 

P.S. Bestseller Nr. 1 in Bundesliga & DDR-Oberliga 

😀 😀 

Danke 

Von | 2020-06-27T21:25:43+02:00 27. Juni 2020|Allgemein|33 Kommentare

33 Comments

  1. Maddin 27. Juni 2020 um 08:16 Uhr

    Ja Klopp hat alles richtig gemacht und so lief es wie es die letzten 12 Jahre lief. Shit happens ? für den KSV.

    Dein Buch kommt heute, und ich freu mich drauf. Bei Amazon ist es zur Zeit ausverkauft ??

    Hast also alles richtig gemacht. ??

  2. holly 27. Juni 2020 um 09:01 Uhr

    darf ich mal fragen warum du “norbert” klopp geschrieben hast? oder einfach nur ein irrtum?

  3. holly 27. Juni 2020 um 09:13 Uhr

    huch, tatsächlich. na gut, das weiß ja kaum jemand 🙂

  4. Saschas Alte Liebe 27. Juni 2020 um 10:35 Uhr

    “Ich bin absolut sicher, dass Klopp in Hamburg nicht erfolgreich gewesen wäre …”
    Absolut richtig, und zugleich bezeichnend, da es auf die Ursachen der HSV Misere hinweist.
    Es gibt keinen Trainer, Spieler oder sogar kompletten Kader – egal wie teuer und namhaft – der in diesem Verein unter den gegebenen Voraussetzungen erfolgreich im Sinne des halbwegs entsprechenden Anspruchs wäre.
    Klar, man könnte sich eine Billionen Truppe zusammenkaufen und Zweitliga Meister werden, womöglich sogar auch mal Euro League schaffen.
    das wäre selbsterklärend gleichwohl aber auch wieder höchst symptomatisch.
    Das Problem ist der HSV selbst, im Inneren Wesen des Vereins, seinem Selbstverständnis, den Mitgliedern, der Historie und dem Umgang mit ihr bzw. sich selbst zu finden.
    Solange das nicht gründlich ehrlich grundlegend hinterfragt, reflektiert und sich renovierend/revolutionierend (oder zerstörend?) neu gedacht, gefühlt und neu gehandelt wird, ändert sich garnix, was auch immer getan und angestrengt werden mag.
    So gesehen ein Fall für die Sozialpsychologie, v.a. eben wegen dieser gewissen regionalen gesellschaftlichen Relevanz.
    Im Grunde ist der HSV auch kein Sonderfall, sowas gibt es bei Firmen oder auch Vereinen häufiger, nur nicht so auffällig; die gehen halt einfach unter, meist ziemlich unbemerkt.

  5. Raschi 27. Juni 2020 um 10:37 Uhr

    Wenn man sieht, wie erfolgreich Klopp neben seiner Akribie und Fachkompetenz vor allem mit Ehrlichkeit, Menschlichkeit und Authentizität geworden ist, dann ist „der Fußball“ vielleicht doch noch nicht ganz verloren.

    • Peter sein Helm 27. Juni 2020 um 13:41 Uhr

      Man sollte aber die finanziellen Möglichkeiten in Liverpool nicht ganz ausblenden .
      Von Kloppos Gehalt ganz zu schweigen . Trotzdem ziehe auch ich den Hut vor seinen Leistungen und seiner Art Fußball spielen zu lassen.
      Dem Lachs sein Buch ist heute endlich eingetrudelt ! Ich bin gespannt ..

  6. jusufi 27. Juni 2020 um 11:25 Uhr

    Der nächste Vorwurf: Du hast das Buch selbst 1000mal bestellt, um die Zahlen zu frisieren!

    • HamburgerJung70 27. Juni 2020 um 12:03 Uhr

      Wenn jemand das Buch kistenweise gekauft hat, dann der Verein bzw die AG :)))) Es wird sich aber trotzdem verbreiten 🙂

  7. Kay 27. Juni 2020 um 14:22 Uhr

    Moin Grave, pünktlich zum Urlaub, zum Saisonende etc. ist das Buch heute bei mir angekommen! ? LG Kay
    Zum Blog: Klopp hat alles richtig gemacht!

    • Gravesen 27. Juni 2020 um 14:23 Uhr

      Viel Spaß beim lesen 😀

  8. Gravesen 27. Juni 2020 um 16:24 Uhr

    Wahrscheinlich sind “Ulle” und Stalki-Spacken ein und dieselbe Person 😀

    • Flanders 27. Juni 2020 um 16:55 Uhr

      So langsam sollte sich der HSV überlegen, ob sie gegen Sandhausen wirklich gewinnen wollen, so sie denn können.

  9. Gravesen 27. Juni 2020 um 16:54 Uhr

    Ich präsentiere voller Stolz: den typischen Graupenperlen-Kommentar.
    .

    JEANLUCHH · GEFÄHRTE · 5 MIN.
    Kommentare 363 · Antworten 2350
    Werder spielt Relegation und bleibt erstklassig. Egal ob gegen den HSV oder Düsseldorf…

    • Saschas Alte Liebe 27. Juni 2020 um 17:38 Uhr

      ? Tja, da zeigt sich halt wirkliche Kompetenz.

    • Dennis Siggelkow 27. Juni 2020 um 17:49 Uhr

      So ein Depp

    • dead-alive 27. Juni 2020 um 17:57 Uhr

      Hätte er doch bloß die Sternenflottenakademie besucht…?

  10. Ehemaliger HSV-Fan 27. Juni 2020 um 16:55 Uhr

    Bremen ist so gut wie sicher in der Relegation. Wenn die HSV-Spieler wissen was gut für sie ist, schenken sie bereits morgen ab denn wir alle wissen, wie die Nordderbys in der Regel ausgehen…

    • Saschas Alte Liebe 27. Juni 2020 um 17:44 Uhr

      Lieber nur der erwartete Zweitliga Versager als von Werder zweimal lustvoll abgeschlachtet zu werden?
      schon möglich.
      ich bin für Pizarro und (mind.) ein entscheidendes Tor für ihn zum Abschied.

  11. Kevin allein in Hamburg 27. Juni 2020 um 17:02 Uhr

    Buch ist heute angekommen.
    Ich werde es im Urlaub lesen.

    • Gravesen 27. Juni 2020 um 17:03 Uhr

      Viel Spaß dabei

  12. Helmut Hansen 27. Juni 2020 um 17:55 Uhr

    Wenn der Postbote schon mal klingelt…
    Das Buch ist da…freue mich riesig auf’s lesen…

  13. Andy S. 27. Juni 2020 um 18:00 Uhr

    Hi Gravesen,
    Grandioses Buch! Dein Werk wurde gegen 1530 Uhr geliefert und die ersten 98 Seiten waren wie üblich sehr unterhaltsam und informativ – wie dein täglicher Blog!!!
    Nochmals vielen Dank und genieße deine Traumerfüllung bzw. Bucherfolg!!!!
    Schönes Wochenende und grüße aus dem Rheinland‼

    • Gravesen 27. Juni 2020 um 18:07 Uhr

      Vielen Dank, das freut mich sehr 🙂

  14. Gravesen 27. Juni 2020 um 18:08 Uhr

    Erste Bewertung bei Amazon:
    .

    Faun
    1,0 von 5 Sternen Nicht lesenswert
    Rezension aus Deutschland vom 27. Juni 2020
    Das Buch bietet keinerlei neuen Erkenntnisse und ist schlicht sein Geld nicht wert.

    .
    Was wollen wir wetten, dass der Patient nicht mal das Cover gelesen hat? 😀 😀 😀

    • Gravesen 27. Juni 2020 um 18:56 Uhr

      😀 😀 😀 Ein Amazon-Konto nur dafür angelegt, um eine miese Bewertung zu schreiben. Junge, such dir endlich Hilfe
      .
      https://www.amazon.de/gp/profile/amzn1.account.AGLWIQV7KZVK3E4RXXTY7HRW6WEA/ref=cm_cr_dp_d_gw_tr?ie=UTF8

    • Ex-HSVer im Herzen 27. Juni 2020 um 18:57 Uhr

      Back dir ein Ei auf Rezensionen. Meine App ist absolut perfekt und ich habe von allen 5 Sterne bekommen plus 2x 1 Stern. Mutmaßlich von meinem Konkurrenten. Solche Pfeifen gibt es nunmal.

      • Gravesen 27. Juni 2020 um 18:59 Uhr

        Diese Opfer sind mir sowas von Latte. Ich finde es nur geil, wie viel Zeit diese Spacken investieren und welchen Aufwand sie treiben. Dabei erreichen sie: Nichts 😀 😀

    • Hein Blöd 27. Juni 2020 um 20:51 Uhr

      Gelesen schon, aber vermutlich nicht verstanden…

  15. Gravesen 27. Juni 2020 um 19:12 Uhr

    Münchhausen Scholz ist geistesgestört.
    .

    Bei Herrn Perl, der dem HSV einen der klarsten Foulelfmeter dieser Saison schlichtweg verwehrt hat, darf man sich beschweren. Je häufiger ich mir die Szene angesehen habe, desto mehr entstand bei mir der Gedanke, dass Perl vorsätzlich gehandelt haben könnte

    • Dennis 27. Juni 2020 um 20:14 Uhr

      Was meint der Vogel denn

      • Gravesen 27. Juni 2020 um 20:16 Uhr

        Er meint wohl als Journalisten-Simulant behaupten zu müssen, dass ein DFB-Schiedsrichter bestechlich ist.

  16. Hannover1958 27. Juni 2020 um 20:51 Uhr

    Geil, wenn man sich das bildlich vorstellt, wie er sich den ganzen Tag die Szene wieder und wieder anguckt…

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